VON OLIVER GRISS UND IMAGO (FOTO)

Am 6. Juli kommt's zum Stabwechsel bei 1860 München: Präsident Robert Reisinger, der seit knapp acht Jahren im Amt ist, wurde vom Verwaltungsrat nicht mehr vorgeschlagen. Der Auserwählte von Sascha Königsberg, Nicolai Walch, Sebastian Seeböck & Co. heißt jetzt: Gernot Mang. Der 56-Jährige, der 2024 erfolglos als Verwaltungsrat kandidiert hat, stellt sich den Herausforderungen bei den Löwen. Der Allesfahrer Roman Wöll, 70, hat den potentiellen Reisinger-Nachfolger vor einiger Zeit bei einem Treffen mit seinen Freunden in Glonn getroffen. Das db24-Interview mit Wöll:

db24: Herr Wöll, Sie haben Gernot Mang kennengelernt: Was macht er auf Sie für einen Eindruck - und vor allem: Wie hat er sich geschlagen?

ROMAN WÖLL: “Mang ist sehr umgänglich, freundlich - und hat auch offen geredet. Er ist ein ganz anderer Typ als Robert Reisinger. Das hat mir gefallen. Man sollte ihm eine Chance geben, auch wenn ich meine Zweifel habe.

db24: Warum Zweifel?

Mir kommt es auf die Punkte in seinem Wahlprogramm an - und da hat er eher für die Stadion-Freunde gesprochen. Er will versuchen, dass es im Sechzger weitergeht. Das ist die alte Schallplatte, die eigentlich keiner mehr hören kann. Er will das mit Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter klären. Ich frage mich, was er klären will: Die Fakten liegen seit Jahren alle auf dem Tisch. 18.105 Fans ist die Obergrenze - natürlich ohne Bundesliga-Genehmigung. Ich glaube nicht, dass das Mang verantworten kann. Und dann hat er auch einem Gemeinsam gesprochen. Für mich war das die alte Leier…

db24: Und wie will er das Gemeinsam schaffen, wenn man weiß, dass dieser Verein seit 30 Jahren aufgrund der unterschiedlichen Positionen zum Grünwalder Stadion gespalten ist?

Es ist richtig, dass das Grünwalder Stadion seit fast drei Jahrzehnten der große Zankapfel bei 1860 ist. Und die letzten acht Jahre waren wirklich extrem und belastend für uns alle. Damals haben wir aber in dem Stadion gespielt, das wir für die Situation gebraucht haben. Jetzt ist es anders: Da heißt es von einer Seite: “Grünwalder - und sonst nix!” Die glauben ja nicht einmal die Aussagen von Dieter Reiter. Dann wird eine Container-Studie von einem Löwen-Fan als gesetzt wahrgenommen. Und so drehen wir uns seit Jahren im Kreis. Bei Karl-Heinz Wildmoser hatten diese Leute keine Chance. Er wollte immer den maximalen Erfolg. Deswegen glabue ich, dass es kein Gemeinsam geben wird, weil die Positionen der zwei Seiten zu unterschiedlich sind. Und Mang kann nur für das Grünwalder oder einen Neubau sein - den Mittelweg sehe ich nicht.

db24: Hört sich alles nicht gut an.

Wie gesagt: Es wird eine Herkulesaufgabe für Mang. Und dann ist da noch die Sache mit Hasan Ismaik. Die Machthaber im Verwaltungsrat wollen ihn loshaben. Mang muss aber mit ihm zusammenarbeiten, eigentlich schon jetzt - und verständlichweise ist Ismaik unter diesen Voraussetzungen nicht für das Grünwalder Stadion zu begeistern - und was vermutlich jeder erfolgreiche Geschäftsmann ähnlich sieht. Ismaik will einen neuen Kurs in der Stadion-Frage. Deswegen ist es mir ein Rätsel, wie Mang Ismaik ins Boot holen will. Mir tut er jetzt schon leid. Ich erwarte mir jetzt von Ismaik aber auch einen konkreten Stadionplan. Wenn Mang die zwei Seiten zusammenbringt, dann wäre er für mich der Größte - aber das ist aus meiner Sicht schwerer als den Ukraine-Krieg zu beenden.

db24: Mang hat auch gesagt, dass 1860 wieder der Verein der Münchnerinnen und Münchner werden soll…

Das war ein halbes Eigentor - das kommt bei den Auswärtigen alles andere als gut an, die sich zurecht ausgegrenzt fühlen. Die sagen: “Zählen wir überhaupt nicht mehr?” Das war unglücklich formuliert. 1860 ist nicht nur München, sondern Bayern, Deutschland - und die benachbarten Länder wie Österreich. Das sollte Mang schnell verinnerlichen. Und die Nummer mit München zieht sowieso nicht. Nur wenn wir sportlichen Erfolg haben, zieht der Name 1860 wieder.

db24: Mang hatte sich zuletzt verteidigt, dass er sich mit bei einem Foto-Shooting mit einem grün-goldenen Schal für den Wahlkampf ablichten ließ…

Vielleicht will Mang damit demonstrieren, dass es noch etwas anderes als den Fußball bei 1860 gibt. Das ist ja richtig, aber wir waren immer die Blauen - und nicht die Grün-Goldenen. Ich bin schon so lange bei 1860 und wusste lange nicht, dass der Hauptverein grün-gold ist. Und all meine Freunde denken so! In der Stadt gibt es nur Blaue oder Rote - Ende!

db24: Wer war für Sie der beste und der schlechteste Präsident der letzten 30 Jahre?

Wenn man die Erfolge betrachtet, dann gibt es nur einen - Karl-Heinz Wildmoser. Er hat alles dem Fußball untergeordnet, und ich war anfangs nicht sein Freund, weil er meinen Lieblingstrainer Karsten Wettberg abgesägt hat. Wildmoser hatte auch seine Fehler, aber er hat Tag und Nacht für den Erfolg gekämpft und den Verein zu einem Aushängeschild umgedreht. Dafür bin ich ihm dankbar: Zehn Jahre Bundesliga in Serie, das war super! Und wenn man die letzten acht Jahre sieht: Wir wurschteln seit sieben Jahren in der Dritten Liga rum. Das macht keinen Spass! Und ein Wort zu Reisinger: Vielleicht ist er froh, dass es nun bald vorbei ist. Sein Abgang, beziehungsweise wie der kommuniziert wurde, war nicht erfreulich. Der Umgang hat mir nicht gefallen, aber auch Karl-Christian Bay und Norbert Steppe wurden ja ähnlich rasiert.

db24: Zumindest: Der Abstieg in die Viertklassigkeit kann wohl auch in dieser Saison abgewendet werden…

Absteigen tun wir nicht mehr, dazu ist die Mannschaft zu gut. Das ist klar. Aber wir wollen ja eigentlich aufsteigen! Aber wo kommt das Geld dafür her? Das sollten sich mal alle fragen, das Grünwalder Stadion ist eine Kostenfalle. Wenn wir keinen gescheiten Etat haben, werden wir es nie schaffen.