Verwaltungsrat-Casting in der Gartenstadt: "Stimoniaris ist ein Global Player"
- VON OLIVER GRISS
- 23.06.2017 00:31
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VON OLIVER GRISS
Als sich 1860-Mitglied Alois Meindorfer (64) Donnerstagnacht in sein Auto setzte und auf den 70 Kilometer langen Rückweg nach Mainburg machte, hatte der selbständige Versicherungskaufmann viel Zeit, die vorangegangenen drei Stunden in der Münchner Gaststätte “Gartenstadt” noch einmal Revue passieren zu lassen. Sein Fazit: “Ich bin schon ein wenig schockiert, wie hier Verwaltungsrats-Kandidaten derart in die Mangel genommen wurden, dass man sich fragt: Muss man sich so etwas eigentlich antun? Das war eine Veranstaltung in der Höhle des Löwen…” Nach dem Zwangsabstieg in die Regionalliga Bayern ist der Ton beim TSV 1860 schärfer geworden. Am Ende der Veranstaltung wurde Fußball-Abteilungsleiter Roman Beer von zwei ehemaligen Ultras verbal attackiert. Unschöne Wörter flogen durch die Luft. Kopfschütteln im Saal.
Ich will dem Verein helfen, egal in welcher Rolle
Vorher hatte MAN-Betriebsratboss Saki Stimoniaris, der bekannteste Kandidat in der weiß-blauen Castingshow (Karl-Christian Bay war entschuldigt, Yahya Ismaik fehlte), mit rund 20 Minuten die längste Sprechzeit bekommen - und laut mehreren Augenzeugen einen “respektablen Auftritt” hingelegt. Stimoniaris wurden viele Fragen gestellt: Haben Sie eigentlich Zeit für uns? Sind Sie immer griffbereit, wenn man Sie braucht? Was machen Sie, wenn plötzlich Mercedes 1860 sponsern sollte? Wie haben Sie 1860 bislang unterstützt? Er hatte auf alle Fragen eine Antwort. Die Kernbotschaft von Stimoniaris war aber eine andere: “Ich will dem Verein helfen, egal in welcher Rolle.”
Saki Stimoniaris will laut "tz" helfen: Wie soll er 1860 unterstützen?
Teilnehmer: 1307
Meindorfer war vom Auftritt des gebürtigen Münchners, der nebenbei im Aufsichtsrat der Volkswagen AG sitzt, begeistert: “Stimoniaris ist ein Global Player, einer der aufgrund seiner Vita Brücken schlagen kann. Er hat mehrmals erklärt, dass er nur ein Hobby hat - 1860. Für mich ist Stimoniaris der geborene Präsident.” Nicht alle im mit rund 100 Mitgliedern vollbesetzten Saal sahen dies offenbar so - so dass Peter Seeböck, besser bekannt unter dem Namen “Trachtn Bäda” Stimoniaris sogar zur Seite springen musste, um die Gemüter zu beruhigen: “Wir können uns glücklich schätzen, dass sich so ein Mann zu 1860 bekennt.” Auch Diplomkaufmann Klaus Ruhdorfer sowie Sebastian Seeböck, Stephen Griffiths und Harry Riedl sollen sich bei ihrer Vorstellung tapfer geschlagen haben.
Interims-Präsident Robert Reisinger dürfte die Ausführungen von Stimoniaris aufmerksam verfolgt haben. Der 54-jährige Cassalette-Nachfolger versprach den Anwesenden, dass eine Insolvenz die nächsten zwei Jahre kein Thema sei. Außerdem wurde Reisinger mit dem bevorstehenden Auszug aus der Allianz Arena konfrontiert - seine Antwort: “Wir haben absolutes Stilschweigen vereinbart.” Wenig erfährt man auch über das weitere Vorgehen mit Investor Hasan Ismaik. Zuletzt hatte Reisinger gegenüber der “tz” betont, dass man in “konstruktiven Gesprächen” mit der Investorenseite sei. Was das heißt? Nach dieblaue24-Informationen braucht der Klub von Ismaik offenbar mehr als fünf Millionen Euro.
Es wäre das beste für unseren Verein, wenn Reisinger und der gesamte Verwaltungsrat in der Mitgliederversammlung abtreten
Meindorfer (seit 26 Jahren Mitglied) hat für die anstehende Mitgliederversammlung am 2. Juli nur einen Wunsch: “Es wäre das beste für unseren Verein, wenn Reisinger und der gesamte Verwaltungsrat in der Mitgliederversammlung abtreten. Sie sollen Charakter zeigen und gehen. Der Verein muss neu aufgestellt werden, damit alle Altlasten beseitigt werden. Wir brauchen nicht nur auf dem Fußballplatz eine neue Mannschaft, sondern auch in der Vereinsführung. Jetzt können sie einmal Größe zeigen für 1860.”