VON OLIVER GRISS

Wie es auf den Gipfel geht, hat Thomas Hirschberger (55) in der Geschäftswelt schon mehrmals bewiesen: Er führte die Burger-Kette “Hans im Glück” zu nationalem Erfolg, sein Unternehmen schrieb im Jahr 2017 einen Umsatz von 100 Millionen Euro. Jetzt kandidiert das Löwen-Mitglied (seit 1993) für den Verwaltungsrat - das db24-Interview:

dieblaue24: Herr Hirschberger, im Jahr 2005 wollten Sie Löwen-Präsident werden, ein paar Jahre später Fußball-Abteilungsleiter. Beide Male hat’s nicht funktioniert. Warum klappt’s jetzt mit einem Platz im Verwaltungsrat?

THOMAS HIRSCHBERGER: Ich bin Löwe durch und durch und kandidiere dieses Mal als Verwaltungsrat, weil ich die Interessen des e.V. wahren und die Anliegen des TSV 1860 vertreten möchte.

Warum kommt man an Ihnen nicht vorbei - und welchen der 30 weiteren Kandidaten wählen Sie zu 100 Prozent und weshalb?

Meine absolute persönliche Unabhängigkeit spricht für mich. Ich bin keiner Fraktion innerhalb des Klubs angehörig und besitze internationale Erfahrungen im Wirtschaftsleben. Selbstverständlich wähle ich auch die anderen Kandidaten aus dem Team Profifußball.

Sie kandidieren fürs “Team Profifußball”: Für welches Programm und für welche Werte steht eigentlich diese Gruppierung?

Wir sind fünf Unternehmer im Team und ich würde dafür sorgen, dass der e.V. wirtschaftlich eine stärkere Basis bekommt. Die Abteilungen brauchen mehr wirtschaftliche Sicherheit, die momentan nicht da ist. Ich glaube, dass ich durch mein Unternehmen die internationale Erfahrung hätte, dass ich auch vielleicht anders mit dem Hauptgesellschafter reden könnte. Wir treten ja einzeln an, aber als Team präsentieren wir uns, weil wir alle neun im Team für die gleiche Richtung stehen. Wenn es ein Gremium gäbe, indem man sich untereinander versteht und die gleiche Sichtweise hat, wohin sich die Vereinspolitik in der nächsten Zeit entwickeln sollte, wäre dem Verein schon geholfen. Jeder von uns hat ein Commitment abgegeben, falls er auch nur als Einzelner gewählt wird in das Gremium zu gehen.

Gibt es Sie nur im Block oder auch als Einzelperson? Bleiben Sie 1860 treu, falls Sie nicht gewählt werden?

Die Wahl zum Verwaltungsrat ist eine Personenwahl. Selbstverständlich bleibe ich 1860 treu, da meine Liebe zum Verein nichts mit der Kandidatur zum Verwaltungsrat zu tun hat.

Sollten Sie gewählt werden, welche Themen wollen Sie unbedingt anschieben?

Sechzig braucht eine Spielstätte. Meiner Meinung nach für 30-35.000 Zuschauer. Wenn es im Grünwalder Stadion möglich ist, dann werde ich alles dafür tun, wirklich alles, dass das Sechziger ausgebaut wird. Das war ein schönes Jahr auf Giesings Höhen, es hatte Atmosphäre, es hatte Flair. Aber wir haben bloß 12.500 bzw. 15.000 Zuschauerkapazität. Mein heutiger Kenntnisstand ist, dass es für 17.000 ausgebaut werden kann. Das halte ich für viel zu wenig. Wenn ich eine Aufgabe im Verein bekomme, möchte ich einen Bauantrag gestellt wissen, mit der Aussage vom Baureferat und den zuständigen Politikern der Stadt München, ob und wenn ja es möglich ist, die Kapazität auf 30-35.000 Zuschauer auszubauen. Diesen Bau gilt es auf den Weg zu bringen.

Schrecken die letzten Jahre nicht ab? Kaum hat man ein Amt bei den Löwen inne, steht man nicht selten im Kreuzfeuer der Kritik…

Als Person des öffentlichen Lebens steht man immer im Kreuzfeuer von Kritik. Dies ist nichts Schlimmes, es spornt mich regelrecht an.

Besonders schlimm ist das Lagerdenken seit dem Zwangsabstieg 2017 - in dieser Schärfe wurde sich noch nie untereinander gezankt. Die Mitgliederversammlung 2017 war ein abschreckendes Beispiel. Warum ist das so - und wie könnten sich die beiden Seiten wieder annähern?

Die Spaltung im Verein muss überwunden werden. Dafür ist es notwendig ganz oben auf Gesellschafterebene zu beginnen. Sportlicher Erfolg hat uns immer schon geeint, wie man am besten sehen konnte bei den beiden Spielen gegen Saarbrücken. Ganz Giesing war eine Einheit. Deshalb sollte es auch möglich sein sich abseits des Fußballplatzes zu verstehen und zu respektieren.

Immer wieder wird von Vereinsseite ganz bewusst der Unterschied zwischen e.V. und KGaA hervorgehoben - ist dies nicht kontraproduktiv für das allgemeine Befinden? Die Fußballabteilung verkauft sogar ihr eigenes Fanartikel-Sortiment. Sind das nicht Belege, dass man an einem Gemeinsam gar nicht interessiert ist?

Es geht nur gemeinsam. Fußballabteilung, KGaA und e.V. sind für mich eins. Es geht bei allen Themen nur um den TSV 1860 München.

Die ehemalige Aufsichtsrätin Christina Jodlbauer hat einmal gesagt: “Bei 1860 gibt ́s einen Verein im Verein.” Wie sehen Sie diesen Vorwurf?

Ich bekleide derzeit kein Amt im Verein, ich bin nur Fan. Für mich gibt es nur einen Verein.

Würden Sie gewählt werden, welchen Kurs würden Sie im Umgang mit Mehrheitsgesellschafter Hasan Ismaik befürworten: Konfrontationskurs oder ein Miteinander auf Augenhöhe?

Die Nadelstichpolitik ist gescheitert, daher geht es nur zusammen mit Hasan Ismaik. Ich denke, dass neue Personen im Verwaltungsrat auch auf Augenhöhe mit dem Mehrheitsgesellschafter diskutieren könnten. Einmal mehr zählt nur gemeinsam für Sechzig.

Wie sehen Sie die Rolle von Hasan Ismaik bei 1860? Es heißt, dass Sie nicht unbedingt ein Freund von ihm sind…

Ich bin weder Freund noch Feind von Hasan Ismaik. Ich habe ihn weder getroffen, noch mit ihm gesprochen. Würde mich jedoch über einen Austausch freuen. Ismaik wurde nicht immer gut beraten von den Leuten, die er gefragt hat. Ob man den Pereira für 1860 brauchte, wage ich zu bezweifeln, oder ob irgendwelche namenlosen Südamerikaner verpflichtet werden mussten. Ich denke jedoch, dass ein paar Leute aus unserem Team Profifußball mit dem kulturellen Aspekt gegebenenfalls besser umgehen könnten und mit dem Hauptgesellschafter solche Themen auch offener diskutieren könnten.

Fragen Sie sich nicht eigentlich manchmal, wohin das viele Geld aus Abu Dhabi gesickert ist?

Ich kann nicht für die Vergangenheit sprechen. Ich weiß nur, dass zukünftig die Gelder zielgerichteter verwendet werden müssen. Ziel bleibt der Aufstieg mindestens in die Zweite Liga. Dafür ist neues Geld notwendig.

Der Verwaltungsrat bestellt im Jahr 2019 den Präsidenten: Hat Robert Reisinger Ihr Vertrauen? Wenn ja, begründen Sie es bitte.

Robert Reisinger ist gewählter Vereinspräsident. Sollte er 2019 erneut antreten wollen, hat er meine Unterstützung.

Schreckt es Sie nicht ab, dass Reisinger als oberster Repräsentant des Klubs bei der Aufstiegsparty einen Gläubiger mit den Worten “Scheiß FC Bayern” beleidigt oder sich auch nicht von den Schmährufen gegen Hasan Ismaik distanziert hat?

Ich kenne keinen „Scheiß FC Bayern“. Wer ist das?

Haben Sie in den letzten Jahren nicht etwas die Kontrolle im Verein vermisst? Auch Reisinger hätte als ehemaliger Verwaltungsrat die Zügel in den Händen gehabt…

Ich möchte nicht über die Vergangenheit sprechen. Jetzt zählt nur die Zukunft. Sicherlich wurden in der Vergangenheit von den verantwortlichen Personen Fehler gemacht. Jetzt gilt es jedoch alle Kräfte zu bündeln, damit die Ziele, sportliche wie auch wirtschaftliche, erreicht werden können.

Der TSV 1860 ist seit Jahrzehnten chronisch klamm: Welchen Masterplan haben Sie, damit die KGaA eigenständig überleben kann und vor allem in der Sponsorensuche eine bessere Figur abgibt als in der Vergangenheit?

Ich trete als Verwaltungsrat des e.V. an. Primär sind für mich die Interessen des e.V. wichtig und da gilt es einiges aufzuarbeiten.

Im Grünwalder Stadion ist der Löwe stark limitiert: Mit nur 15.000 Plätzen und kaum Vermarktungsmöglichkeiten wird 1860 wohl nur selten schwarze Zahlen schreiben können. Wie sehen Sie dieses offensichtliche Handicap?

Sechzig braucht für die nächsten 30 Jahre eine Spielstätte und das Grünwalder ist in der heutigen Verfassung keine geeignete Spielstätte. Keine Vermarktung ist möglich, keine Kapazität-Erhöhung. Sollte das Grünwalder Stadion renoviert und ausgebaut werden können, bin ich sofort dabei. Ansonsten muss eine neue Spielstätte für unseren Verein an anderer Stelle gebaut werden.

Über welche Kapazität sollte eine Löwen-Heimat aus Ihrer Sicht verfügen?

Meiner Meinung nach für 30.000 bis 35.000 Zuschauer.

Wenn die Stadt einen Aus- bzw. Umbau des Grünwalder Stadion final ablehnt, was muss dann bei 1860 passieren?

Wenn es nicht möglich ist, dann ist der Mythos über den Ausbau, der rumgeistert, erloschen. Wenn die Mehrheit im Verein für eine Kapazität von 17.000 Zuschauern ist, dann ist das eine mehrheitlich-demokratische Entscheidung. Und dann wäre das okay für mich. Ich persönlich halte es jedoch für viel zu gering für Sechzig, weil wir dauerhaft 15-20.000 Zuschauer aussperren würden.

Wie stehen Sie der 50+1-Regel gegenüber - und wie bewerten sie den Kommerz im Fußball generell?

Ich stehe der Regelung positiv gegenüber. Wir sind ein Fußballverein und nur weil jemand als Sponsor oder Unterstützer beteiligt ist, heißt es nicht, dass dann alles besser läuft. Ich fürchte jedoch, dass 50+1 fallen wird und dann schauen wir mal was dann in Deutschland passiert. Aber ob es dann noch mein Verein oder mein Fußball ist, weiß ich nicht. Deutschland ist mit der 50+1 gut gefahren und die Engländer oder andere Länder, die sie nicht haben, fahren ohne 50+1 nicht unbedingt besser. Ich sehe keinen Vorteil bei der Abschaffung der 50+1 Regelung.

Was ist Ihnen lieber: 1860 als sympathischer Stadtteilverein oder erfolgreicher Erstligist?

1860 als sympathischer Stadtteilverein in der ersten Liga.

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