VON OLIVER GRISS, BERND FEIL UND ULI WAGNER (FOTO)

Heute um 15 Uhr startet Daniel Bierofka die Vorbereitung auf das brisante Heimspiel gegen Energie Cottbus (Freitag, 19 Uhr, dieblaue24-Liveticker). “Ich bin jetzt zwei Wochen hier. Das ist ein Vorteil, weil es einfacher und nicht so stressig für mich ist. Ich bekomme so auch ein besseres Gefühl für die Mannschaft”, erklärte der Ex-Nationalspieler, der das geforderte Praktikum des Trainer-Lehrgangs bei sich selbst machen darf. Das db24-Interview mit dem Löwen-Trainer:

dieblaue24: Der 4:1-Sieg in Aalen war ein Ausrufezeichen an die Liga: Herr Bierofka, wie wichtig war dieser Auswärtsdreier für das allgemeine Wohlbefinden an der Grünwalder Straße?

DANIEL BIEROFKA: Ich glaube, dieser Sieg war in erster Linie wichtig für die Mannschaft. Sie sieht jetzt, dass der Weg, den wir eingeschlagen haben, auch zum Erfolg führen kann. Ich finde aber, dass wir auch vorher schon viele Sachen richtig gut gemacht haben, diese sich aber nicht im Ergebnis ausgedrückt haben. Ich habe mir das Spiel am Sonntag noch einmal angeschaut: Wir haben ein Super-Spiel gemacht, wir hätten ja noch mehr als vier Tore schießen können. Nico Karger schießt zweimal an den Pfosten, Adi (Adriano Grimaldi, d. Red.) hatte drei richtig gute Chancen. Ich bin von meiner Mannschaft absolut überzeugt.

Die “BILD”-Zeitung hatte in den Tagen vor dem Gastspiel in Aalen bereits den Absturz herbeigeschrieben und behauptet, dass die Nerven bei 1860 blank liegen. Ärgert Sie das?

Nein, ich muss immer schauen, von wem diese Kritik kommt. Es ist für mich eine der größten Herausforderungen bei 1860, dass die Mannschaft ruhig bleibt. Das war in der Vorsaison nicht anders. Als wir in Nürnberg beim Zweiten 2:2 gespielt haben, wurde “Land unter” gemeldet, obwohl wir weiter Tabellenführer waren. Wir müssen die Mannschaft dorthin bekommen, dass sie nicht alles ernst nimmt, was in den Zeitungen steht und das auch weiß, richtig einzuschätzen.

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1860 ist mit elf erzielten Toren die offensivstärkste Mannschaft der Liga: Was ist für Sie die wichtigste Erkenntnis nach fünf Spieltagen?

Meine Mannschaft wird von Spieltag zu Spieltag immer besser. Man muss nur mal die Partien durchgehen: Beim ersten Spiel in Kaiserslautern waren wir noch relativ passiv. Es wäre ein 0:0 möglich gewesen, ein Sieg wäre nicht verdient gewesen. Gegen Lotte haben wir dann ein richtig gutes Spiel gemacht, in Osnabrück beim Tabellenführer hätten wir normalerweise das Spiel gewinnen müssen. Da hat man auch einen Prozess gesehen - und Zuhause gegen Uerdingen hätten wir auch drei, vier Tore machen müssen, haben aber am Ende unglücklich mit 0:1 verloren. Aber auch im Pokal gegen Kiel hätten wir 2:0 führen können. Wir hatten bislang nicht das große Spielglück. Für mich ist das aber kein Problem, weil ich einen Prozess sehe. Der Erfolg wird von alleine kommen, und warum soll ich von meiner Philosophie weggehen, wenn es funktioniert. Genauso ist es gekommen am Samstag.

Trotzdem ist auffällig: 1860 hat auch in Aalen wieder ein spätes Gegentor kassiert, was allerdings nicht spielentscheidend war. Gut für die Psyche?

Wir haben die Diskussion der späten Gegentreffer intern sowieso nicht verstärkt. Wichtig ist, dass man das nicht noch 100mal anspricht. Das macht die Öffentlichkeit ohnehin. Intern haben wir nur gesagt, dass wir bis zum Schlusspfiff ruhig und routiniert bleiben müssen. Ich weiß, dass mein Spiel anstrengend ist, aber ich will so Fußball spielen. Ich will, dass die Zuschauer auf dem Platz was sehen und hinterher sagen: Hey, bei Sechzig ist was los! Wir haben einen klaren Plan: Wir wollen aktiv sein, aktiv mit und gegen den Ball. So stelle ich mir Löwen-Fußball vor.

Beim 4:1 in Aalen haben drei Spieler Tore gemacht, die bei der 0:1-Heimpleite gegen Uerdingen auf Bank saßen bzw. nicht für den Kader berücksichtigt wurden. Ist die Breite des Kaders die neue Stärke des TSV 1860?

Gegen Uerdingen kam ein Spieler rein, der das entscheidende Tor gegen uns geschossen hat. Das war auch gegen Osnabrück so, als Alvarez eingewechselt wurde und per Freistoß das 2:2 erzielt hat. Ich habe meiner Mannschaft gesagt: Auch unsere Spieler, die reinkommen, können dem Spiel eine neue Richtung, einen Impuls geben - vor allem in unsere Richtung.

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Alessandro Abruscia hat mit seinem Doppelpack im zweiten Einsatz von Beginn an eine erste Duftmarke bei 1860 gesetzt. Er steht für starke Standards und einen guten Abschluss.

Genau so ist es. Das sind seine Riesenqualitäten, die er mitbringt. Sandro kann in engen Räumen unter zeitlichem Druck immer noch Lösungen finden. Wir haben defensiv mit einem 4-3 gespielt und wenn wir den Ball hatten, war er ein wenig offensiver. Das hat eigentlich sehr gut ausgesehen. Jetzt müssen wir mal Cottbus analysieren, was die so zaubern und dann werden wir sehen, mit welcher Taktik wir antreten.

Markus Ziereis wird zwei Monate verletzt ausfallen, Sascha Mölders ist angeschlagen: Wird 1860 auf dem Transfermarkt noch einmal aktiv?

Normalerweise nicht. Ich kann beide Seiten nicht abdecken, weil es natürlich noch sein kann, dass ein unzufriedener Spieler bis zum Transferstopp noch kommt und sich verändern will. Das will ich nicht ausschließen. Und dass wir auf dem Transfermarkt noch tätig werden, da müsste schon etwas Außergewöhnliches passieren. Die Ausfallzeit von Ziereis ist nicht solange, dass wir vorne noch was machen müssten. Wir sind in der Offensive gut aufgestellt - deswegen hat es keinen Sinn, mit einem weiteren Einkauf einen Kaderplatz zu belegen.

Wie wichtig ist das Heimspiel am Freitag gegen Cottbus? Mit einem Sieg könnte man mit breiter Brust in die Länderspielpause gehen…

Für uns ist jedes Spiel wichtig. Wenn wir in Aalen verloren hätten, wären wir extrem unter Druck gestanden - und so könnnen wir nicht locker in das Spiel gehen, aber mit einem positiven Druck. Wir wollen das Spiel gewinnen, wobei Energie Cottbus eine richtig gute Mannschaft hat. Das hat man im Pokal gegen Freiburg gesehen - die DNA von Pele Wollitz ist deutlich zu erkennen. Aber auch wir sind auf einem guten Weg - und diesen will ich weiter fortschreiten.