"Die Christl ist ein Stück 1860": Die Kult-Wirtin geht nach 27 Jahren
- VON OLIVER GRISS UND BERND FEIL (MIS)
- 26.12.2018 19:24
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VON OLIVER GRISS UND BERND FEIL (MIS)
Sie will es bis zum letzten Tag durchziehen. Erst am 31. Dezember will Christl Estermann die Schlüssel vom Löwenstüberl für immer abgeben. “Ich müsste lügen, um zu sagen: Das tut mir nicht weh”, erklärte die 75-Jährige gegenüber dieblaue24. Viele der Souvenirs, die über all die Jahre an der Wand hingen, sind bereits verkauft oder verschenkt. Zuletzt hat 1860-Ikone Petar Radenkovic auf Wunsch von dieblaue24 sich auf dem 1860-Wappen mit seiner Unterschrift verewigt.
27 Jahre war das Löwenstüberl nicht nur Estermanns Zuhause, sondern das auch von vielen Stammgästen. Viele Münchner Fußballgrößen waren schon hier. Sogar Franz Beckenbauer, der mit dem bereits verstorbenen Ex-Präsidenten Karl-Heinz Wildmoser Einzelheiten über den Arena-Bau in Fröttmaning ausklüngelte. Weltmeister Thomas Häßler, der zu seiner 1860-Zeit im Liebeskummer steckte, vertraute sich der Christl immer wieder an. Sie hatte immer ein offenes Ohr für die Löwen-Stars.
Estermanns Lieblingsgast war aber über all die Jahre Werner Lorant. “Der Werner war der Beste”, sagt sie: “Er und Karl-Heinz Wildmoser haben den Verein noch im Griff gehabt. Da muss ich fast weinen, wenn ich an dieses Duo bei 1860 denke. Sie wollten immer den Erfolg für den Verein”, sagt sie: “Schauen Sie sich die Gebäude an. Ohne die Beiden würde sich die Mannschaft womöglich in einem Container umziehen müssen. Leider haben das viele vergessen…”
Lorant kam am Samstag - wie auch Haching-Boss Manni Schwabl - extra zu Christls emotionalen Abschied ins Grünwalder Stadion, hinterher stattete er auch nochmal einen Besuch im Löwenstüberl ab. “Das musste sein, die Christl hat das verdient”, sagt der Wahl-Waginger: “Die Christl ist ein Stück 1860. Sie hat den Verein in einer gewissen Weise zusammengehalten. Die Christl hat das Vereinsleben aktiv mitgestaltet. Heute gibt’s das nicht mehr. Heute gehen die Spieler am Biergarten vorbei, den Blick nach unten gerichtet und das Handy am Ohr - das regt mich tierisch auf.”
Das Löwenstüberl ist in den letzten Jahren nicht mehr so gelaufen wie Estermann wollte. Obwohl die Kult-Gaststätte zweifelsohne Kultcharakter hat, blieb der Christl am Ende des Monats wenig übrig. 1860-Investor Hasan Ismaik übernahm in den letzten zwei Jahren sogar die Miete, damit Estermann das Löwenstüberl weiter leiten konnte. Doch jetzt ist Schluss. Sie will und kann nicht mehr. Einen Nachmieter gibt es bereits, aller Voraussicht nach eine interne Lösung. Nach den Renovierungsarbeiten soll das Löwenstüberl in zwei Monaten wieder aufsperren.
Servus, Christl!