VON OLIVER GRISS

Das Grünwalder Stadion ist bei den teuersten Eintrittspreisen der Liga immer ausverkauft, mit dem Münchner Versicherer “Die Bayerische” hat der TSV 1860 einen der großzügigsten Hauptsponsoren der Dritten Liga an Bord - und trotzdem reicht das Geld hinten und vorne nicht. Es fehlen aktuell 30.000 (!) Euro für die Durchführung eines Winter-Trainingslagers. DreißigtausendEuro.

Aus diesem Grund hat der Verein jetzt die gutgemeinte Aktion “Gemeinsam für Sechzig” ins Leben gerufen, an der sich möglichst viele Sponsoren, Privatleute und Fans beteiligen sollen, damit die Drittliga-Mannschaft im Januar gen Süden fliegen kann. Als Hauptpreis gibt es bei einem Gewinnspiel zwei Plätze auf der Fanbank der “Bayerischen” im Heimspiel gegen Waldhof Mannheim - direkt am Spielfeldrand. Was sich alles vorbildlich anhört, ist im Grunde ein blauer Offenbarungseid, der zeigt, dass die Löwen aus dem letzten Loch pfeifen.

Der TSV 1860 fragt seine Fans, Freunde und Gönner, ob diese dem Verein (zum wiederholten Male) finanziell unter die Arme greifen können. Ein Armutszeugnis. Viele Manager von Amateurvereinen ab der Kreisliga aufwärts werden sich jetzt fragen: Warum können wir das - und ein großer Profiklub wie 1860 nicht? Vielleicht sind sie einfach kreativer…

Obwohl die Löwen pro Saison über 10 Millionen Euro Umsatz einspielen, kann der Klub weiterhin nicht richtig haushalten. Das Warum ist die große Frage an der Grünwalder Straße. Betteln, wie schon bei der Finanzierung von Aufstiegsheld Aaron Berzel, darf auf gar keinen Fall zur neuen Klub-Strategie werden, sonst verliert der TSV 1860 wirklich seinen allerletzten Charme.

Vielmehr sollten sich die sturen Herren in der Führungsetage endlich klar werden, dass 1860 kein Versuchslabor ist und mit dem Konsoldierungs- sowie dem strikten Konfrontationskurs gegen Mehrheitsgesellschafter Hasan Ismaik dem Verein die Chance rauben, die Löwen wieder nach oben zu führen. Das Gemeinsam hat Robert Reisinger von Anfang an nicht forciert - jetzt wird es schwer für ihn, noch die Kurve zu bekommen. Ist die Aufsichtsratssitzung am 4. Dezember die letzte Chance für 1860, noch auf einen gemeinsamen Nenner zu kommen?