VON OLIVER GRISS UND ULI WAGNER (FOTO)

Als Michael Köllner am 9. November das Zepter beim TSV 1860 übernahm, betrug der Vorsprung auf die Abstiegsplätze fünf Punkte. Der Klub war Zwölfter. Mittlerweile ist der Vorsprung auf neun Zähler angewachsen. Die Löwen überwintern auf einem ordentlichen Platz 10. Die Optimisten (oder Träumer) schielen nach oben, weil der Rückstand auf Platz 3, der zur Aufstiegsrelegation berechtigt, nur vier Punkte beträgt. Doch Köllner mag die vor der Saison ausgegebenen Ziele (“eine sorgenfreie Saison spielen”) nicht überarbeiten. “Manche träumen ja schon davon, den Blick in der Tabelle nach oben zu richten. Aber: Die Vergangenheit muss der Anker für die Zukunft sein. Als ich hier unterschrieben habe, war Sechzig Fünfzehnter. Der Tenor war: Wenn man nicht sofort zwei, drei Winter-Neuzugänge holt, ist die Mannschaft kaum in der Liga zu halten”, erinnert sich Köllner. Von offizieller Seite wurden solche Statements jedenfalls nicht abgesetzt, wohlwissend, dass Langzeitverletzte wie Quirin Moll oder Nico Karger wieder zurückkehren werden.

Wann sollte 1860 das Saisonziel "Aufstieg" ausgeben?

Umfrage endete am 24.01.2020 08:00 Uhr
Zur Saison 2020/2021
35% (1953)
Gar nicht!
28% (1557)
Jetzt!
23% (1302)
Zur Saison 2021/2022
13% (738)

Teilnehmer: 5550

Die Mannschaft habe sich aus Köllners Sicht unter ihm nicht nur weiterentwickelt, sondern sei auch noch mehr zusammengewachsen: “Die Spielweise hat sich deutlich verändert. Wir spielen mittlerweile sehr intensiven, guten Fußball. Ich habe auch eine andere Herangehensweise, was den Teamspirit betrifft.” Dennoch tritt der Ex-Nürnberger auf die Euphoriebremse: “Die Bäume dürfen nicht in den Himmel ragen. Wir tun gut daran, uns ein Fundament anzueignen, unser Polster zu vergrößern. So ähnlich wie ein kleiner Hamster, der von seinen Nahrungsreserven zehrt.”

Köllner, der Hamster-Löwe.

Natürlich bleibt der Bierofka-Nachfolger weiter hungrig, doch um zum jetzigen Zeitpunkt den Aufstiegskampf auszurufen, dafür ist er der Falsche: “Natürlich will ich jedes Spiel gewinnen. Aber wenn wir jetzt sagen, wir wollen Platz eins oder drei attackieren, da musst du schon Drogen nehmen, um das zu machen.”

Deswegen werden die rund 1,4 Millionen Euro aus dem Weigl-Verkauf zu Benfica Lissabon nicht in Wintertransfers gesteckt, sondern für die nächsten zwei Spielzeiten, 2020/2021 und 2021/2022, verwendet. “Der Erlös aus dem Sport soll im Sport bleiben”, versichert Geschäftsführer Günther Gorenzel.

Dass trotz der Weigl-Kohle die Löwen weiter nicht im Geld schwimmen, beweist dieser Gorenzel-Satz: “Der momentan geplante Etat liegt nach wie vor unter dem Etat, der uns für 2019/2020 zur Verfügung gestanden hat.” Aktuell liegt das Budget knapp über drei Millionen Euro. Für die neue Saison war ursprünglich ein Etat von 2,4 Millionen Euro vorgesehen. Dieser wird jetzt um einige 100.000 Euro etwas angehoben - damit wird versucht, Leistungsträger wie Efkan Bekiroglu und Tim Rieder an den Verein zu binden. Auch bei Sascha Mölders, dem Unverzichtbaren, hat 1860 nun eine bessere Ausgangsposition, um ihn zum Bleiben zu überreden. “Der finanzielle Handlungsspielraum ist größer geworden, was mir das Leben leichter macht…Aber wir werden nicht die Champions League ausrufen”, sagte Gorenzel und grinst dabei.

PS: Im Aufstiegsfall hätten die Löwen Aussicht auf rund 12 Millionen Euro aus dem TV-Topf - und damit vermutlich die gröbsten Probleme schnell gelöst.