VON OLIVER GRISS

Es gibt kaum einen ehemaligen Löwen-Profi, der den von Präsident Robert Reisinger eingeschlagenen Weg des TSV 1860 für gut befindet - ein Verhältnis mit Mehrheitsgesellschafter Hasan Ismaik auf ständige Konfrontation, kleine Ziele, ein unpassendes Miteinander (Daniel Bierofka, Bernhard Winkler) und zu guter Letzt: Giasing, Oida - ohne wirtschaftliche Potenz und Plan.

Auch der erfolgreiche Unternehmer Thomas Hirschberger (u.a. früher Sausalitos, Hans im Glück) kann dem Reisinger-Weg, der mit der groß angekündigten Konsolidierung wenig zu tun hat, nichts abgewinnen. Der 57-jährige Gastronom gehört zu jener Generation, die die Löwen noch erstklassig gesehen haben, u.a. über die beiden verdienten Derby-Triumphe in der Saison 1999/2000 gejubelt haben, die mit dem Erreichen von Platz vier und der Qualifikation für die Champions League-Quali gekrönt worden sind.

Das Problem: Über die Jahre haben sich viele ehemalige Wildmoser-Gegner mit den ständigen Änderungen in der Vereinssatzung ein “Imperium” bei 1860 aufgebaut, gegen das nur schwer “anzustinken” ist. Das Kuriose dabei: Wildmoser, mit großem Abstand erfolgreichster Präsident in den letzten 50 Jahren, wurde von genau dieser Seite vorgeworfen, dass er einen anti-demokratischen Kurs fahre. Dabei sind die aktuellen Spielregeln (siehe Präsidentenwahl: der Verwaltungsrat bestimmt einen einzigen Kandidaten) aus dem Mittelalter.

Genießt Präsident Robert Reisinger noch Ihr Vertrauen?

Umfrage endete am 03.02.2020 20:00 Uhr
Nein, das hatte er aber noch nie!
69% (6138)
Ja, absolut!
16% (1417)
Ich habe ihm eine Chance gegeben - aber er enttäuscht mich!
15% (1306)

Teilnehmer: 8861

Doch solange die Mitglieder sich nicht zu den einmal im Jahr stattfindenden Mitgliederversammlungen bewegen und eine Grillfeier oder den Geburtstag des Meerschweinchens 1860 vorziehen, beziehungsweise Fans nicht Mitglied werden, um die Entwicklungen zu stoppen, wird sich bei den Löwen wenig bis nichts ändern. Im Hintergrund gibt es viele Aktivisten, die mithelfen wollen, 1860 in gute Bahnen zu lenken. Doch ein schlüssiges und überzeugendes Konzept um die Kehrtwende einzuläuten - nein, das existiert nur in den Köpfen.

Solange 50+1 gilt, ist der Schlüssel der Verwaltungsrat. Er wird im Sommer 2021 wiedergewählt. Um eine neue positive Richtung einzuschlagen, müssten besorgte Fans in den nächsten fünf Monaten Mitglied werden, um das Stimmrecht zu erhalten. Und diejenigen, die ihre Mitgliedschaft aus Frust zurückgeschickt haben, sollten überlegen, ob sie ihrem Herzensverein damit nicht noch mehr schaden.

Aus neun Köpfen besteht der Pro1860-lastige Verwaltungsrat: Der aktuelle Verwaltungsratsboss Sascha Königsberg mischte früher bei den Ultras der Cosa Nostra mit - und dessen Vize Sebastian Seeböck hielt vor einigen Jahren ein Anti-Ismaik-Plakat auf der Haupttribüne hoch. Das Foto landete u.a. im “Münchner Merkur”.

Der Weg ist also vorgezeichnet - oder gibt sich die große Fangemeinde doch noch einen letzten Ruck? Wahlen gewinnt ausschließlich der, der am besten mobilisieren kann. Klingt einfach, ist es aber nicht. Zumindest bis jetzt.