VON OLIVER GRISS

Der Satz des Tages gehörte nach dem 3:2 über Verl Sieg-Torschütze Richard Neudecker: “Die waren mit 10 Leuten besser als wir mit 11. Die haben uns leider heute hergespielt.” Diese unverblümte Ehrlichkeit ehrt den Rückkehrer aus Altötting. Anders als viele Fans, hat er die Defizite des TSV 1860 in diesem Spiel ausgemacht - auch wenn man aus Sicht Neudeckers natürlich nach einem Erfolg leichter reden kann als bei einer Niederlage. Ergo: Zu oft sollte man das Glück nicht strapazieren.

Teilweise wurde 1860 von Aufsteiger Verl die Grenzen aufgezeigt - der Gegner überraschte die Löwen mit seinem schnörkellosen, couragierten und athletischen Spiel, was aber wiederum auch belegt: Nicht immer ist das Geld entscheidend (Verl hat einen Etat von 3,5 Millionen Euro zur Verfügung), sondern in erster Linie geht’s um die Arbeit der sportlichen Führung im Verbund mit der Mannschaft. Und was Drittliga-Zwerg Verl als Aufsteiger in dieser Saison leistet, ist nicht hoch genug zu bewerten. Ganz dickes Kompliment nach Verl! Spieler wie Aygün Yildirim oder Mael Corboz sollten die Löwen im Auge behalten.

Aber jetzt zu Sechzig: Wer solche verrückten Herzinfarkt-Spiele gewinnt und dann vor allem dann auch noch aus seinen Fehlern lernt, wird sich am Ende womöglich belohnen. Das Momentum liegt im Aufstiegskampf plötzlich auf 1860-Seite - und das ist angesichts des überschaubaren Rückrunden-Starts eine Sensation. Die Löwen lagen schon neun Punkte aussichtslos hinter Platz 3. Während Dresden, Rostock und Ingolstadt langsam aber sicher wacklige Beine bekommen, sind die Löwen mit einer Serie von zuletzt drei Siegen in Serie (1:0 gegen Dresden, 3:1 beim KFC Uerdingen, 3:2 gegen Verl) zurück im Geschäft.

Wieder aufzustehen, wenn kaum einer mehr an einen glaubt - das ist eine brutale Qualität. Wenn Michael Köllner mit seinem Team die nächsten Wochen weiterhin so konzentriert zu Werke gehen wird, dann könnte am Ende tatsächlich die Rückkehr in die Zweite Liga stehen. Aber aufpassen, Freunde: Die Gegner werden nicht einfacher! Schon Türkgücü wird am Samstag alles daran setzen, um 1860 wieder ein Bein zu stellen.