Mölders' gute Seite
- VON OLIVER GRISS
- 20.12.2021 07:21
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VON OLIVER GRISS
Sagt Ihnen der Name Erich Beer noch etwas? Nein? Ich helfe vor allem den jüngeren Löwen-Fans auf die Sprünge: Bevor der heute 75-Jährige 1981 zu den Löwen wechselte, war er erfolgreicher Bundesligaprofi, sogar Nationalspieler, WM-Teilnehmer 1978, Vize-Europameister 1976.
Beer hatte mir persönlich einen großen Moment als Zwölfjähriger auf Giesings Höhen beschert: Gründonnerstag 1984, ein Fußball-Festival vor 32.000 Fans mit dem 6:1 gegen die SpVgg Fürth. Das war Ekstase pur. Kurzzeitig war 1860 in dieser tristen Bayernliga-Phase eine große Nummer, zumindest für einen Abend - weil der damals 37-jährige Beer im Mittelfeld Regie führte und die brandgefährlichen Stürmer Wiggerl Kögl und Jürgen Korus immer wieder einsetzte. Zur Pause stand’s 5:0. Es war die Vorentscheidung im Kampf um die Aufstiegsrunde. Ich hatte mir Beers Nummer auf mein Hedos-Trikot von einer Schneiderin draufnähen lassen. Großes Merchandising gab es damals noch nicht.
Sie fragen sich: Was will er uns jetzt eigentlich sagen? Von Beer redet heute kaum einer mehr - und das obwohl der frühere Hertha-Star eine echte Nummer im deutschen Fußball war. Doch bei 1860 konnte Beer keine nachhaltigen Erfolge feiern. Deswegen gehört er auch nicht zu den großen Idolen der Vereinsgeschichte, auch wenn er den Weg nach dem Zwangsabstieg in die Bayernliga mitmachte.
Sascha Mölders hat eine ähnliche Geschichte wie Beer: Als 1860 nach dem Absturz in die Regionalliga Bayern am Boden lag, blieb Mölders den Löwen trotz besserer Angebote treu. Jetzt werden die Kritiker sagen: Ja, Sascha hat aber auch Geld dafür kassiert. Schon richtig: Aber es gab mit Sicherheit schönere Aufgaben, als mit 1860 über die Dörfer zu tingeln. Am Ende war Sascha Mölders der Aufstiegsmacher. Er war neben Daniel Bierofka das sportliche Gesicht der Profi-Rückkehr. Diesen Status hat er für sich ausgenutzt. Alle haben das mitgemacht - eben bis zu diesem desaströsen 2:5 gegen Magdeburg. Aber Mölders für das sportliche Scheitern allein verantwortlich zu machen, das ist nicht fair, aber in einer schwierigen gesellschaftlichen Zeit vermutlich Usus. Nein, ich war nie ein Freund von Mölders, dafür sind wir als Menschen zu unterschiedlich. Aber ich respektierte seine Leistung für 1860 - und die machte auf diesem niedrigen Niveau oft den Unterschied aus. Um gleich klarzustellen: Ich bin nicht am Claim “die Wampe von Giesing” beteiligt.
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Natürlich ist Mölders kein einfacher Mensch. Dass er aber überhaupt diese Diva bei 1860 spielen durfte, lag vor allem auch an seinen Vorgesetzten. Sie haben ihn schalten und walten lassen. Alle sind auf der Mölders-Welle mitgeschwommen. Und genau deswegen kommt bei mir jetzt auch der Gerechtigkeitsinstinkt durch, denn Mölders hat auch eine gute Seite: Er war nicht nur das wichtigste Werbegesicht des Klubs, sondern auch der beste Spieler. Und: Mölders hat trotz allen Verfehlungen durchaus ein feines Näschen für Fehlentwicklungen. Ein Beispiel: Als Ex-Trainer Daniel Bierofka im November 2019 unter Tränen 1860 verliess, soll Mölders seine Meinung deutlich gegenüber Günther Gorenzel vertreten haben. Wenige Tage später beim 1:0-Sieg in Halle hielt Mölders mit Kollegen das Biero-Trikot in die TV-Kamera. Für diese Aktion musste Mölders zwei Tage später zum Rapport im dritten Stock antanzen. Ein Vorgang, der Fragen aufwirft. Mölders blieb stabil. Das ist ein guter Charakterzug.
Trotzdem: Dass man sich nach so kurzer Zeit nun auf eine Vertragsauflösung verständigt hat, ist positiv und am Ende des Tages eine saubere Geschichte. Wer glaubt, dass ohne Mölders jetzt alles besser wird, ist der Löwe mit der vielzitierten blauen Brille.
Die Löwen haben Mölders viel zu verdanken. Und Dankbarkeit kommt in unserem Leben leider viel zu kurz.
Danke für ALLES, Sascha Mölders!
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