Sechzig stößt an seine Grenzen
- VON MARCO BLANCO UCLES
- 26.08.2022 08:42
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VON MARCO BLANCO UCLES
Marc Pfeifer (41) ist ein fleißiger Mann. Der Geschäftsführer des TSV 1860 ist seit Juli 2020 an der Grünwalder Straße 114 im Amt. Und er lässt keine Gelegenheit aus, neue Partner zu finden - egal wie groß oder klein sie sind. Gerade auf der regionalen Ebene kommt Pfeifer mit seiner charmanten eloquenten Art gut an. Ebenfalls ist die Arbeit von Vermarkter Infront rund um Teamleiter Wilson Pearce hervorzuheben - es hat sich zuletzt vieles in die richtige Richtung bewegt in München-Giesing.
Gut abzulesen am Beispiel der “Löwen-Partner”. Also jenen Unternehmen, die die Sechzger mit mindestens 18.600 Euro pro Saison unterstützen. Gab es davon in der Saison 2020/2021 noch 29, sind es heute 61. Eine beachtliche Steigerung, keine Frage. Gerade im niedrigen Profifußball - 3. Liga - sowie im gehobenen Amateurfußball - Regionalliga - sind diese Geldgeber von essenzieller Bedeutung. Nur: Pfeifer stößt langsam aber sicher an seine Grenzen. Denn der Löwe möchte höher hinaus, will die 3. Liga schnellstmöglichst verlassen und in den großen Fußball zurückkehren. Doch dazu muss man den Partnern auch was bieten. Die Giesinger Luft und die urige Kneipenatmosphäre rund ums Grünwalder Stadion wird’s definitiv nicht regeln.
Eine Klasse höher wird nicht nur besserer Fußball gespielt, sondern dort fließen auch mehr Gelder - auf allen Ebenen. Einer der wichtigsten Punkte beim Thema Sponsoring ist das Stadion. Dort trifft man sich mit Sponsoren - bestehenden sowie potenziell neuen. Dort können die Geldgeber ihr Produkt vermarkten, mit Kunden ins Gespräch kommen. Das ist bei 1860 nicht gegeben. Die ein Kilometer entfernte VIP-Alm am Trainingsgelände ist nur ein Provisorium. Zudem findet man mittlerweile in den allermeisten Arenen Deutschlands vor den Stadien zahlreiche Stände, an denen Sponsoren Werbung machen, mögliche Neukunden gewinnen. Im Grünwalder Stadion fällt dieser Bereich flach - Punkt. Auch die Werbeflächen sind in der Giesinger Kultstätte beschränkt. Elektronische Anzeigetafel? Fehlanzeige! Immerhin: Die Löwen zeigen sich kreativ, nutzen mittlerweile sogar die Schallschutzmauer im Stadion, um ihren Sponsoren Platz für Werbung zu bieten. Vielversprechend für die Zukunft ist das aber alles nicht. An anderen Standorten entwickelt sich das Geschäft weiter, werden immer neue und immer mehr Werbeflächen geschaffen. In Giesing hingegen muss man einsehen: Sechzig stößt hier an seine Grenzen. Von der geringen Zuschauerkapazität und den fehlenden VIP-Räumen ganz zu schweigen.
Der sportliche Erfolg der letzten Wochen ist ein echter Segen für den Verein. Endlich schreiben die Löwen wieder einmal positive Schlagzeilen. Den meisten Menschen, die sich nicht näher mit Münchens großer Liebe beschäftigen, ist Sechzig in den letzten Jahren vor allem durch eines aufgefallen: Uneinigkeit der Gesellschafter. Reisinger gegen Ismaik. KGaA gegen e.V. Zwei Fanshops in EINEM Verein. Party in München-Giesing - unabhängig vom sportlichen Erfolg. So nehmen die meisten Leute außerhalb des Löwen-Kosmos 1860 wahr. Das ist kein Hirngespinst - sondern die traurige Realität. Was das mit der Sponsorenfindung zu tun hat? Ganz einfach: Welcher Großkonzern steigt gerne bei einem Drittligisten ein, der überwiegend negative Schlagzeilen schreibt? Die Firmen möchten ihre Marke präsentieren, in einem positiven Kontext. Sechzig muss dringend an seiner Außendarstellung arbeiten, möchte man in naher Zukunft offen für eine Entwicklung in diesem Bereich sein.
Was für weitere Argumente haben die Löwen auf ihrer Seite? Man könnte natürlich auch mit bekannten Persönlichkeiten, die den Verein repräsentieren, für sich werben. Doch auch auf diesem Feld sieht es eher mau aus. Kommt man mit Fußballfans anderer Vereine ins Gespräch, fällt schnell der Name Michael Köllner. Der Löwen-Coach ist beliebt, seine charmante und mitreißende Art hat sich längst über die Stadtgrenzen hinaus rumgesprochen. Der Bayernpark hat sich die Dienste von Köllner jüngst gesichert.
Doch Köllner ist nicht nur das beste Werbegesicht von 1860, sondern hat nebenbei auch dafür zu sorgen, dass die Fußballer in die Zweite Liga zurückkehren. Eine Mammutaufgabe. Auch sein Tag hat nur 24 Stunden - ob man es glaubt oder nicht. Die Löwen brauchen Persönlichkeiten, Menschen mit einem Netzwerk und Profil, die den Verein nach außen hin stark verkaufen können. Leute, deren Gesichter regelmäßig in den Zeitungen und auf den Fernsehbildschirmen dieses Landes auftauchen. Natürlich wabern einem dabei unweigerlich große Namen der Vergangenheit, wie Wildmoser, Lorant und Bierofka, durch den Kopf. Will 1860 in naher Zukunft wieder eine feste Größe im deutschen Fußball werden, hat der Verein noch einiges an Arbeit vor sich. Die Basis wurde durch fleißige Arbeit gelegt. Nun muss aber der nächste Schritt folgen. Das Potenzial und die Strahlkraft dazu hat der Klub. Auch auf Führungsebene muss sich der TSV positiver zeigen. Die Profi-Fußballer können die Schritte einleiten, aber das große Ganze muss der Mutterverein anschieben.
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