db24: Auf Dauer ist die Dritte Liga finanziell kaum stemmbar. Wie wichtig sind deshalb DFB-Pokal-Spiele wie gegen die Bayern?

Wir sind wirtschaftlich durch unseren Hauptsponsor ETL gut aufgestellt. Wir wirtschaften sehr vernünftig, haben ein Nachwuchsleistungszentrum. In diesem Jahr haben wir acht U19-Spieler mit Verträgen ausgestattet. Das Bayern-Spiel ist natürlich dennoch top.

db24: Sie haben auch bereits in der Zweiten Liga und der Bundesliga gearbeitet. Wie groß sind die Unterschiede zwischen der Zweiten und Dritten Liga? Aufsteiger wie Magdeburg und Braunschweig tun sich eine Spielklasse weiter oben gehörig schwer…

Der Unterschied wird immer kleiner. Bei Magdeburg muss ich sagen: Die Mannschaft ist personell deutlich schlechter aufgestellt als letztes Jahr, hatte viele Abgänge. Auch in der Zweiten Liga ist die finanzielle Schere vorhanden. Zwar geringer als in der Bundesliga, aber sie ist da, das kann man nicht wegdiskutieren. Wenn du über mehrere Jahre die TV-Gelder in der Zweiten Liga kassierst, hast du natürlich andere Möglichkeiten als Braunschweig oder Magdeburg. In der Dritten Liga ist diese Finanzschere deutlich kleiner, deswegen ist diese Liga ja so interessant. Auch wenn wir die Spiele von Sechzig durchgehen: Die Löwen haben ihre Gegner nicht komplett aus dem Stadion geschossen, da waren enge Partien dabei. Und das ist eben die Dritte Liga. Deswegen wird diese Liga immer interessanter und die Bundesliga von Jahr zu Jahr uninteressanter. Wenn dort zehnmal in Folge derselbe Klub Deutscher Meister wird, was soll das denn noch für ein Wettbewerb sein?

db24: Ihre eigene Vergangenheit an der Grünwalder Straße 114 als Co-Trainer von Falko Götz endete mit der Entlassung von Falko Götz im April 2004. Wie haben Sie diese verrückten Tage damals wahrgenommen?

Es waren verrückte Tage, auch mit der Geschichte rund um die Wildmosers. Das hat den ganzen Verein in den Grundfesten erschüttert (mit der Veröffentlichung des Arena-Schmiergeldskandals wurden die Wildmosers verhaftet, d. Red.). Ich kam morgens zum Training in mein Büro, da saß jemand an meinem Computer. Mir wurde gesagt, ich solle draußen warten. Das war die Steuerfahndung. Und dann die Trainerentlassung: Das war in dem Moment natürlich beschissen, gar keine Frage. Mehr gibt es darüber nicht zu sagen.

db24: Warum ist es der Mannschaft 2004 damals nicht gelungen, den Abwärtstrend zu verhindern, die Löwen standen lange im Mittelfeld der Tabelle?

Es ist häufig so, dass Mannschaften, die unten reingeraten, die Durchschlagskraft nach vorne fehlt. Das war auch unser Problem. Benny Lauth hing mehrere Wochen ein bisschen in den Seilen. Benny war damals sehr jung und es lastete zu viel Druck auf seinen Schultern. Neben ihm gab es einfach zu wenige Spieler, die Tore machen konnten.

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db24: Das Beispiel des Bundesliga-Abstiegs 2004 zeigt, dass es bei den Löwen schon vor der Ära Ismaik immer wieder chaotische Tage gab. Ist 1860 ein ewiger Problem-Verein?

Wenn man A sagt, muss man auch B sagen. Die Fans werden blau geboren, die gehen mit dem Verein durch dick und dünn. Das ist ein Riesenpfund. Wenn ich an die Bilder denke, wie die Mannschaft in den letzten Jahren zu den Spielen gefahren ist mit den Fans am Straßenrand, da denkt man, das ist ein Champions-League-Klub, wo gibt´s das sonst? Es ist doch klar, dass sich diese Menschen danach sehnen, wieder dahin zu kommen, wo der Klub einmal war. Allerdings ist die Finanzschere im Fußball mittlerweile so groß geworden, dass es brutal unrealistisch ist, den Weg nach oben ohne fremde Hilfe von außen zu schaffen. Das muss man ehrlich sagen. Es ist okay, wenn die Fans sagen, sie wollen keinen Investor haben. Aber dann müssen sie auch damit leben, wenn der sportliche Erfolg ausbleibt. Sechzig hat die Möglichkeit, Hilfe von außen zu bekommen, weil es eben ein großer Klub ist. Ein Investor läuft ja zehnmal lieber zu den Löwen als irgendwo anders hin. Und wenn wir jetzt nach England schauen: Für die ist ein Investor völlig normal.

db24: Waren die Löwen im Nachhinein genau der richtige Einstieg ins Trainergeschäft, um auch die Schattenseiten kennenzulernen?

Die Löwen werden immer in meinem Herzen bleiben, da es meine erste Trainerstation war. Ich habe dort super viele Erfahrungen gemacht an der Seite von Falko Götz in der Bundesliga. Ich konnte viel davon in meine weitere Laufbahn transportieren.

db24: Sie gelten als Legende des 1. FC Köln. Ist da überhaupt ein Engagement beim Stadtrivalen vertretbar?

Das ist hier überhaupt kein Thema. Ich habe für den 1. FC Köln elf Jahre lang am Stück in der Bundesliga gespielt. In Köln wurde es allgemein sehr gut aufgenommen, dass wir mit meiner Verpflichtung vor rund eineinhalb Jahren einen ganz anderen Weg eingeschlagen haben, als die Viktoria vorher hatte. Früher hat der Verein mit Geld Stars gekauft, das haben wir ja total auf den Kopf gestellt und das wird wahrgenommen. Unsere U19-Spieler hatten vergangene Saison über 7.000 Einsatzminuten. Wir setzen auf junge Spieler, das hat die Stadt wahrgenommen.

db24: Zwischen 2008 und 2013 waren Sie unter Berti Vogts Co-Trainer der Nationalmannschaft von Aserbaidschan. Nehmen Sie uns doch einmal mit in diese andere Kultur. Wie wird der Fußball dort gelebt?

Ich habe die Jahre dort total genossen, die Arbeit als Nationaltrainer kennengelernt. Als wir da ankamen, hatte die Mannschaft Regionalliga-Niveau. Wir spielten aber gegen Deutschland, Portugal etc. In den fünf Jahren haben wir aber eine tolle Entwicklung hinbekommen. Das sieht man auch heute an den Vereinen aus Aserbaidschan in der Europa League und Champions League. Die werden da nicht mehr abgeschossen, die Nationalmannschaft auch nicht mehr. Die Menschen sind sehr leidenschaftlich, ähneln von der Mentalität her dem türkischen Volk. Einmal haben wir die Türkei zuhause mit 1:0 besiegt. Danach war auf den Straßen die Hölle los - Weihnachten, Ostern und Silvester auf einen Schlag. Als Trainer war es inhaltlich eine tolle Erfahrung.

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db24: Sie haben viel erlebt im Profifußball-Geschäft, sind heute 55 Jahre alt. Wollen Sie ihre Karriere bei Viktoria Köln beenden oder möchten Sie noch einmal höherklassig angreifen?

Alles was ich getan habe, habe ich aufgrund des Projekts getan. Angefangen von den Löwen unter Falko Götz bis hin zu meiner jetzigen Aufgabe bei Viktoria Köln. Letztes Jahr hatten wir hier nach neun Spielen fünf Punkte, haben am 9. Spieltag beim Letzten in Havelse verloren. Da wäre es für viele Trainer eng geworden. Das Gefühl hatte ich niemals hier. Das ist ein Geschenk. Ich bin mit 55 Jahren der älteste Trainer der Dritten Liga. Ich kann wirklich behaupten, hier bei Viktoria Köln muss ich mich nur um das Sportliche kümmern. Das genieße ich total. Ich brauche kein Glamour, das Projekt muss mich ansprechen. Das kann irgendwann auch nochmal woanders sein. Im Moment verschwende ich jedoch keinen Gedanken daran.