VON MARCO BLANCO UCLES

Auswärtsspiel im eigenen Wohnzimmer: Ungewohntes Gefühl für die Löwen, wenn sie heute Abend (19 Uhr, db24-Ticker) im Totopokal-Achtelfinale im Grünwalder Stadion auf Türkgücü München treffen. Auf dem Papier hat der Regionalligist ein Heimspiel. Auf den Rängen werden jedoch die Sechzger deutlich die Oberhand behalten.

Taner Güven will die Zuschauer im Stadion in Stimmung auf dieses Stadtderby bringen. Der 44-Jährige ist Löwenfan - und Stadionsprecher bei Türkgücü München. Eine durchaus kuriose Konstellation. Im db24-Interview spricht er über das “neue” Türkgücü München, seine enge Freundschaft zu Christoph Daum, den Höhenflug der Löwen und warum Michael Köllner für ihn mehr als nur ein guter Trainer ist.

db24: Herr Güven, Sie sind seit diesem Sommer Stadionsprecher bei Türkgücü München. Wie kommt man zu einem solchen Job?

TANER GÜVEN: Zunächst einmal: Was im vergangenen Jahr im Verein passiert ist, war nicht gut, da brauchen wir gar nicht um den heißen Brei herumreden. Jetzt ist ein neuer Vorstand - Präsident Taskin Akkay, Mehmet Tegmen, Serdar Yilmaz und Baris Ensungur - da, der mich im Sommer um Hilfe gebeten hat. Ich bin sofort eingesprungen.

db24: Ihre erste Erfahrung als Stadionsprecher?

Nein. Mein erster Einsatz als Stadionsprecher war ziemlich kurios (lacht). 2006 wurde der türkische Supercup zwischen Galatasaray und Fenerbace Istanbul in Frankfurt ausgetragen. Ich war als Fan zufällig im selben Hotel wie der Vorstand des türkischen Verbands, zu dem ich auch Kontakt hatte. Der vorgesehene Stadionsprecher wurde krank und ich wurde wenige Stunden vor dem Anpfiff gefragt, ob ich einspringen möchte.

db24: So eine Frage kriegt man nicht alle Tage gestellt. Wie haben Sie reagiert?

Ich habe zugesagt, obwohl ich mir am Anfang fast in die Hose gemacht hätte. Es waren 30.000 Zuschauer im Stadion. Irgendwann habe ich mir gedacht: Dich kennt da eh keiner, probier es halt mal (lacht). Und es hat alles perfekt funktioniert. Im Anschluss wurde ich ein paarmal als Stadionsprecher der türkischen Nationalmannschaft eingeladen und habe auch ein paar Europapokalspiele der türkischen Vereine als Stadionsprecher begeleitet.

db24: Und Stadionsprecher bei den Löwen?

Als Stefan Schneider aufgehört hat, hatte ich in einer db24-Umfrage die meisten Stimmen für seine Nachfolge, vor Ivonne Mölders (lacht). Aber Sebastian Schäch macht einen sehr, sehr guten Job. Er hat natürlich ein sehr schweres Erbe angetreten. Stefan Schneider ist ein absolutes Phänomen, an ihn kann man gar nicht rankommen.

db24: Bei Türkgücü sind Sie jedoch nicht nur Stadionsprecher…

Nein, ich bin schon lange mit dem Klub verbunden, habe unter anderem im Jahr 2000 in der Landesliga mit Türkgücü gespielt. Übrigens in einer Mannschaft mit Cacau, es war seine erste Station in Deutschland. Ich bin bei Türkgücü auch Schiedsrichter-Obmann, führe durch die Pressekonferenzen. Nun versuchen mehrere ehemalige Spieler, das Image des Vereins wieder gerade zu biegen. Wir helfen alle, wo es nur geht.

db24: Keine leichte Aufgabe…

Nein, es wird nicht leicht, aber wir wollen es schaffen. Mir geht das Herz auf, wenn ich sehe, wie viele Menschen im Hintergrund versuchen, den Verein zu stabilisieren. Sie haben es verdient, dass ihre Namen genannt werden: Yasin, Oktay, Fatih, Alex, Emin, Emre und Kaan. Die Jungs stecken so viel Herzblut und Zeit in diesen Verein. Und das als Ehrenamtliche, alle arbeiten nebenbei noch Vollzeit. Das ist Wahnsinn!

84193.jpg

db24: Löwen-Trainer Michael Köllner lobte vergangene Woche die große Gastfreundschaft, die er neulich auf der Tribüne bei einem Türkgücü-Spiel erlebte. Balsam auf die Seele, oder?

Das war eine richtig geile Aktion von Michael Köllner, da ziehe ich den Hut vor ihm. Ich kann gar nicht beschreiben, wie sehr sich die Jungs darüber gefreut haben. Wir haben eine WhatsApp-Gruppe, dort kamen unfassbar viele Nachrichten rein. Köllner ist nicht nur ein überragender Trainer, sondern auch ein ganz besonderer Mensch. Eine großartige Geste von ihm!

db24: Am Dienstagabend kommt es im Grünwalder Stadion zum Top-Duell Türkgücü gegen 1860. Auf dem Papier sind die Löwen Favorit…

Es soll ein Münchner Fußball-Fest werden, das Ergebnis ist für uns zweitrangig. Für uns ist es das Highlight der Saison. 6.000 Tickets haben wir bereits verkauft, 8.000 sind das Ziel, 10.000 wären ein Traum. Die Löwen werden sich über die Liga ohnehin für den DFB-Pokal qualifizieren. Vielleicht schaffen wir die Sensation. Es wird auch spannend, welches Team Köllner aufstellt. Ich an seiner Stelle würde die B-Mannschaft spielen lassen (lacht).

db24: Türkgücü befindet sich im Abstiegskampf der Regionalliga Bayern. Was sind die Ambitionen des Klubs?

Der 4:2-Sieg in Eichstätt am vergangenen Wochenende hat uns unheimlich gut getan. Es geht in dieser Saison darum, die Klasse zu halten und den ganzen Verein zu stabilisieren.