Früher Aufstiegsheld, heute Macher in Klagenfurt! Imhof: "1860 braucht Ruhe - wie zu Wildmosers Zeiten"
- VON OLIVER GRISS UND IMAGO (FOTO)
- 18.11.2022 08:44
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VON OLIVER GRISS UND IMAGO (FOTO)
Matthias Imhof (54) ist ein dankbarer Mensch. “Ich war eigentlich schon weg vom Fußball - und bin durch einen Zufall wieder reingekommen”, sagt der Ex-Löwe im Gespräch mit db24. Seine Augen glänzen. “Heute schätze ich noch mehr, dass der Fußball mir die Möglichkeit gibt, priviligiert zu sein. Hilfreich war mir dabei auch, dass ich vor meiner Zeit im NLZ bei 1860 in einer Zeitarbeitsfirma gearbeitet und gesehen habe, einem Beruf nachzugehen, der ganz anders als der Fußball ist.”
In Klagenfurt am Wörthersee hat der 1860-Aufstiegsheld von 1994 sein neues sportliches Zuhause gefunden. Erst war er bei der Austria Manager, vor einiger Zeit wurde er zum Geschäftsführer berufen.
Als Imhof im Jahr 2019 in Klagenfurt übernommen hat, war der Klub ein Abstiegskandidat in der Zweiten Liga. Meist absolvierte die Austria ihre Heimspiele vor rund 300 Fans. Der frühere Bundesliga-Profi hat aber dann an den enscheidenden Schrauben gedreht, um den Klub wiederzubeleben: Er verpflichtete seinen früheren Mannschaftskollegen Peter Pacult - und holte auch Wolfgang Schellenberg, den früheren NLZ-Boss des TSV 1860, nach Kärnten. “Peter ist die Ideallösung für unseren Verein. Wir sind mit ihm durchgestartet”, schwärmt Imhof: “Unsere Jungs folgen Peter zu 100 Prozent.”
Dass Pacult nicht zum alten Eisen gehört, sondern das Zünglein an der Waage sein kann, war Imhof bewusst: “Früher als Spieler hatte Peter immer den Schalk im Nacken, als Trainer war er dann der harte Hund. Jetzt hat er die richtige Mischung gefunden.” Pacult führte den Klub in die österreichische Eliteliga und etablierte ihn dort. Im letzten Jahr waren die Klagenfurter der erste Aufsteiger, der es sofort in die Playoff-Runde geschafft. Auch in diesem Jahr überwintert der Klub auf Platz 6.
Vor zwei Wochen verlängerte Imhof mit Pacult um weitere zwei Jahre bis 2025. Bis dahin soll dem Klub, der am vergangenen Wochenende Abo-Meister Salzburg knapp mit 0:1 unterlag, die Qualifikation für das internationale Geschäft gelingen. “International - das ist unser großes Ziel”, sagt Imhof. Die große Begeisterung für den Fußball muss aber am idyllischen Wörthersee aber erst noch geweckt werden. Aktuell haben die Klagenfurter einen Zuschauerschnitt von 6500 - die Schallmauer von 10.000 zu durchbrechen, das ist der nächste Step der Kärtner.
Ein Loblied singt Imhof neben Pacult auch auf Schellenberg. “Wolfgang ist der beste Mann in Deutschland für den Jugendbereich - dass wir ihn bekommen haben, ist ein Sechser im Lotto für Klagenfurt”, findet Imhof: “Wolfgang hat es in kürzester Zeit geschafft, dass wir mit unserer Akademie mit allen Vereinen - bis auf Red Bull Salzburg - mithalten können. Das ist sein Verdienst.”
Imhof, Pacult und Schellenberg - die kleine Löwen-“Filiale” in Klagenfurt.
Natürlich wird in einer ruhigen Minute auch immer wieder gerne über die Löwen gesprochen. Deswegen war es für Geschäftsführer Imhof selbstverständlich, dass die Löwen als Zugpferd für den Wörthersee-Cup am kommenden Wochenende dienen sollen. “Das Turnier soll jetzt jedes Jahr stattfinden”, sagt Imhof, “dann aber regelmässig im Sommer. Aber jetzt passt’s wegen der langen WM-Pause eben super rein.” Neben 1860 spielt auch Gastgeber Austria Klagenfurt, Hertha BSC und der frühere österreichische Meister Grazer AK mit.
Imhof hofft auf reichlich Fan-Unterstützung der Löwen. “Am Wörthersee haben wir viele Münchner, die hier Ferienwohnungen oder Häuser besitzen - man will das gar nicht glauben, aber der Großteil schwärmt tatsächlich für die Löwen und nicht für den FC Bayern.” Das sei verrückt und zeige Imhof, welchen Stellenwert der TSV 1860 auch heute noch hat. “Die Löwen sind ein ganz besonderer Verein”, sagt er und lacht: “Wenn du zwei Spiele gewinnst, dann wird der Rathausbalkon gebucht - wenn du zwei Spiele verlierst, dann sagt jeder: ‘Hoffentlich steigen wir nicht ab’.” Imhof, der zu den Aufstiegshelden von Meppen gehört, beschreibt ganz gut die Giesinger Dynamik. Und weiter: “Es heißt zwar immer: Früher war alles besser - aber es war bei 1860 wirklich so. Früher hat alles auf das Kommando von Karl-Heinz Wildmoser und Werner Lorant gehört. Da gab es keinen, der aufgemuckt hat. Die Ruhe hat 1860 früher ausgezeichnet - heute gibt es zuviele Strömungen. Ich vermisse heute, dass alles dem Sport untergeordnet wird. 1860 braucht Ruhe - wie zu Wildmosers Zeiten.”
Obwohl die Löwen zuletzt nicht mehr so gepunktet haben wie geplant und auf Rang 6 zurückgefallen sind, glaubt Imhof an seinen Ex-Verein: “Die anderen Mannschaften sind nicht besser als 1860. Die Löwen haben am Anfang der Saison gezeigt, wozu sie im Stande sind. In dieser Saison muss 1860 aufsteigen, denn dieser Verein mit dieser Power muss eigentlich Minimum Zweite Liga spielen. Das ist eine Verpflichtung für alle, die das in der Hand haben - ich hoffe, dass es endlich klappt.”