VON OLIVER GRISS

Ob Oliver Bierhoff sich freiwillig zurückgezogen hat oder mit seinem Handeln einer Beurlaubung voraus kam, ist nicht bekannt. Zumindest ist sein Schritt nach dem WM-Flop in Katar konsequent. Nach 18 Jahren mit Höhen, aber auch zuletzt Tiefen, gibt der frühere Top-Stürmer sein Amt als DFB-Direktor auf. Freilich, Bierhoff hat den Niedergang der deutschen Nationalmannschaft nicht alleine zu verantworten - und doch hat er mit seinem Missmanagement erheblich dazu beigetragen, dass Deutschland keine große Nummer mehr ist. Der letzte Höhepunkt: Die peinliche Binden-Posse.

Bierhoffs Zeit war abgelaufen. Fußball ist eben doch ein Liefersport. Verstecken und seine eigene Leistung über einen längeren Zeitpunkt schönreden ist nicht.

Das Bierhoff-Aus ist eine nachvollziehbare Entscheidung, denn nach zwei enttäuschenden Weltmeisterschaften 2018 und 2022 (jeweils nach der Vorrunde Schluß) - und dem EM-Aus 2021 im Achtelfinale, muss sich der DFB personell neu aufstellen und sein verstaubtes Konzept überarbeiten. Dazu gehört auch darüber nachzudenken, wie die Dritte Liga als Plattform noch stärker genutzt werden kann, um die eigene Nachwuchsarbeit in Fußball-Deutschland zu intensivieren.

Ex-Löwen-Kapitän Manni Schwabl gibt als Haching-Präsident seit Jahren den Mahner und fordert ein Umdenken in der DFB-Profiliga respektive Jugend-Förderung. In vielen Vereinen wird aufgrund des Drucks auf die eigenen Talente mehr oder weniger verzichtet - der Löwe geht trotz der ausgegebenen Ziele hier seit Jahren einen beispielhaften Weg: Obwohl in dieser Saison der Aufstieg in die Zweite Liga verwirklicht werden soll, fördert Cheftrainer Michael Köllner konsequent zwei Talente: Leandro Morgalla und Marius Wörl.

Der Lohn: Die beiden Löwen-Rohdiamanten sind in der U19-Nationalmannschaft dabei, was einmal mehr eine Bestätigung für die Arbeit an der Grünwalder Straße 114 ist. Doch die Löwen wissen auch: Klappt es nicht mit dem Aufstieg, werden sie einen wie Morgalla kaum halten können. Ein Trostpflaster stünde dann in Form einer Millionen-Ablöse ins Haus. Schon jetzt sind mehrere Bundesligisten hinter Morgalla her.

Ergo: Die Klubs, die auf gute Nachwuchsarbeit setzen, müssen künftig noch stärker belohnt werden als die, die es sich leicht machen und mit ihrem satten Bankkonto nur teure Stars dazu kaufen. Der Branchenriese FC Bayern jedenfalls zeigt, wie man es trotz der finanziellen Möglichkeiten definitiv nicht macht: Die eigene U21 spielt in der viertklassigen Regionalliga keine Rolle. 22 Punkte hinter Tabellenführer Unterhaching sagen viel aus. Für diesen großen Klub ist das eine beschämende Leistung. Auch in der U19-Bundesliga gehören die Roten nicht zu den Vorzeigemannschaften. Um die Meisterschaft spielen andere.

Wer soll nun auf Bierhoff folgen? Der DFB braucht Typen: Keine Ja-Sager, sondern Macher, die vor keiner unpopulären Entscheidung zurückschrecken. Matthias Sammer, der in Grünwald wohnt, wäre so einer, der dem DFB zweifelsohne gut tun würde. Aber auch Rekord-Nationalspieler Lothar Matthäus, der in den 90er Jahren mit dem Argentinier Maradona der beste Spieler der Welt war, ist reif genug, um endlich Verantwortung zu übernehmen.