db24: 1860 liegt 14 Spieltage vor dem Ende fünf Punkte hinter dem Relegationsplatz. Mit einer Serie könnte der Löwe noch einmal oben herankommen. Ist Jacobacci jemand, der ein Team sofort packen kann?

Ja, definitiv. Aber: Es liegt auch immer an der Mannschaft. Ist sie bereit, gepackt zu werden oder befindet sie sich bereits in einem lethargischen Zustand? Wenn die Mannschaft noch daran glaubt, ist sie auch bereit, noch mehr zu investieren. Früher war das bei Sechzig so. Ich hoffe, es ist heute noch genauso. Zumindest die Anzeigetafel im Stadion ist ja noch dieselbe (lacht).

db24: Sie selbst haben mit den Löwen in der Vergangenheit vieles erlebt, spielten zunächst drei Jahre für die Amateure, später eineinhalb Jahre - Juli 1983 bis Januar 1985 - für die erste Mannschaft in der wilden Bayernliga-Zeit…

Das erste Jahr war nach Anfangsschwierigkeiten wirklich sensationell. Bernd Patzke wurde damals Trainer und hat das fantastisch gelöst, eine echte Einheit zusammengeschweißt. Er hat die Talente Jürgen Korus und Ludwig Kögl in die erste Mannschaft geholt, ohne Rücksicht auf Verluste. Zudem waren mit Kurt Eigl und Erich Beer zwei Strategen in der Mannschaft. Ich war deren Läufer, das kann man mit dem heutigen Fußball nicht mehr vergleichen. Als einer der jüngsten Spieler in der Mannschaft durfte ich die Elfmeter und Freistöße schießen. Beer sagte in einem Interview: ´Der Junge läuft das ganze Spiel für uns, dann lass ihn die Elfmeter schießen´. Wir kamen in einen Lauf und sind Bayernliga-Meister geworden. Das ist zwar keine Weltmeisterschaft, aber immerhin (lacht).

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Die Bayernliga-Löwen der Saison 1983/1984 - mit Paul Schönwetter (o.3.v.r.).

db24: In der Aufstiegsrunde nach der Saison 1983/1984 hat es dann leider nicht für die Zweitliga-Rückkehr gereicht…

Ja, leider. Das war sicherlich auch darauf zurückzuführen, dass wir zwei der drei Heimspiele im Olympiastadion spielten. Das einzige Heimspiel im Grünwalder Stadion haben wir gegen Freiburg nach 0:2-Rückstand noch mit 4:2 gewonnen. Das war eines meiner besten Spiele für 1860, ich habe zwei Tore gemacht. Wären wir im Grünwalder Stadion geblieben, hätten wir bessere Chancen gehabt, aufzusteigen.

db24: Es folgte ein Umbruch im Sommer und der schwierige Start in die Saison 1984/1985…

Ja, es war ein bisschen wild. Jeder Funktionär hat ein oder zwei Spieler eingekauft. Gut, Kögl ist zu den Bayern gegangen, das war auch okay. Wir hätten aber den Rest der alten Mannschaft einfach nur zusammenhalten sollen. So aber hat jeder seine eigene Weißwurst gemacht, sage ich mal (lacht). Und dann hat es nicht mehr geschmeckt. Im Winter bekam ich einige Angebote. In Deutschland wollte ich aber nicht mehr wechseln, dort gab es für mich nur Sechzig. Dann kam das Angebot aus Locarno. Wir sind aus dem verschneiten München losgefahren und in Lucarno schien die Sonne, die Menschen saßen mit einem leichten Pullover draußen. Am nächsten Tag in München sagte Peter Grosser, damals Trainer-Kandidat, das Sechzig einen seiner besten Spieler verlieren würde. Präsident Karl Heckl erwiderte: ´Dann haben wir halt einen Renner weniger´. Daraufhin habe ich bei Locarno zugesagt (lacht).

db24: Heckl und die Löwen - das war eine wilde Zeit…

Ich mochte ihn gerne, habe mich immer gut mit ihm verstanden. Aber von Fußball hat er ungefähr so viel verstanden wie meine Katze vom Backgammon spielen (lacht). Aber das schmälert nicht seine Art als Person, ein fantastischer Mensch.

db24: Sie sprachen vorhin davon, dass Sie Sechzger durch und durch seien. Verfolgen Sie die Löwen nach wie vor?

Natürlich nicht mehr ganz so intensiv wie früher. Ich habe noch Kontakt zu Peter Gebele, meinem damaligen Mannschaftskameraden, und Reiner Maurer. Ansonsten schaue ich schon immer, was die Löwen so machen, wie sie gespielt haben.

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Die Löwen stets im Blick: Paul Schönwetter.

db24: Vor 38 Jahren sind Sie nach Locarno in die Schweiz gezogen - und leben bis heute am Lago Maggiore…

Hier zu leben ist einfach ein Privileg. Das Wetter hier ist fast immer besser als im Rest der Schweiz oder in Deutschland. Ich habe dazu eine Anekdote: Als mein Sohn zehn Jahre alt war, saßen wir mit einem Eis in der Sonne von Ascona. Dann sagte er zu mir: ´Papa, wir haben Glück. Wir leben hier. Andere Leute bezahlen Geld dafür, um eine Woche hier zu bleiben.´ Diese Aussage des kleinen Jungen hat mir gezeigt, wie schön wir es haben. Das ist für mich viel wert als andere Dinge.

db24: Wie verbringen Sie Ihren Alltag, wenn Sie gerade nicht für den Schweizer Fußballverband tätig sind?

In meiner Freizeit arbeite ich freiwiliig mit älteren Leuten zusammen, die motorische Probleme haben. Das mache ich sehr gerne und habe viele Sachen gelernt, die ich vorher nicht wusste - im positiven wie im negativen Sinne. Es ist sehr interessant, man bekommt viele Schicksale mit. Von älteren Menschen beispielsweise, die keinen Kontakt mehr zu ihren Familien haben. Auf der anderen Seite überglückliche, agile 90-Jährige. Es macht mir Spaß. Ich werfe mir nur vor, dass ich zu spät mit so etwas angefangen habe.