VON OLIVER GRISS, MARCO BLANCO UCLES UND IMAGO (FOTO)

Der Besuch von Robert Reisinger bei der Jubiläums-Veranstaltung der “Abendzeitung” am Mittwochabend hat hohe Wellen geschlagen…

Der Löwen-Präsident hatte sich vor rund 60 Zuschauern im Deutschen Theater zu mehreren Themen geäußert - unter anderem der Stadionfrage sowie den Umgang mit Mehrheitsgesellschafter Hasan Ismaik. Db24 beleuchtet die Statements des 59-Jährigen einmal etwas genauer. Der db24-Check:

Aussage über die Stadion-Debatte der Löwen: “Wir brauchen mindestens eine Zuschauerkapazität von 21.000 bis 24.000 Leuten. Wir müssen erst sportlich wieder besser werden.”

Der db24-Faktencheck: Mit diesem Statement schiebt Reisinger den aktuellen Ausbau-Plänen des Grünwalder Stadions auf 18.105 Fans quasi einen Riegel vor. Über diese Kapazität hinaus wird es in München-Giesing wohl nie wieder gehen können - bleibt also nur noch die Option Neubau. Reisinger scheint mal wieder auf Zeit zu spielen. Auf sportlich bessere Zeiten zu warten, macht außerdem nur bedingt Sinn. Ein Stadionbau braucht bekanntermaßen eine lange Vorlaufzeit. Ist der Erfolg da, steht 1860 möglicherweise ohne ein Stadion da, in welchem man in der Ersten Bundesliga spielen dürfte. Nicht-Aufstieg wegen fehlender Stadion-Auflagen? Wäre der Super-GAU.

Aussage über die Partnerschaft mit Mehrheitsgesellschafter Hasan Ismaik: “Ohne Sponsoren wird es nie gehen. Auch ein Investor ist eine Möglichkeit, frisches Geld zu bekommen. Ich will diese Partnerschaft leben und als gleichberechtigter Partner agieren.”

Der db24-Faktencheck: Dass es ohne Sponsoren und Geldgeber nie gehen wird, ist richtig. Je erfolgreicher der Klub abschneidet, je größer die Zukunfts-Perspektive ist, desto mehr Gelder können über Sponsoren akquiriert werden. Eine “Partnerschaft leben” und sich in fünf Jahren und neun Monaten kein einziges Mal mit jenem Partner zu treffen, passt nicht zusammen. Ein großer Widerspruch! Hier müssen sich die Beteiligten dringend an einen Tisch setzen, anders ist eine erfolgreiche Zusammenarbeit schlichtweg nicht möglich. Ein gleichberechtiger Partner - und in dem Fall ist Ismaik mit 60 Prozent Mehrheitsgesellschafter - sollte voraussschauend auch in alle wichtigen Entscheidungen des Klubs eingebunden werden.

1860 steigt wieder nicht in die Zweite Liga auf: Ist der Reisinger-Weg bei 1860 noch der richtige?

Umfrage endete am 19.03.2023 00:00 Uhr
Nein!
86% (11493)
Ja!
14% (1923)

Teilnehmer: 13416

Aussage über die Underdog-Rolle der Löwen im Vergleich zum FC Bayern: “Ich kenne keinen Verein in München, der größer ist.”

Der db24-Faktencheck: Muss ironisch gemeint gewesen sein. Der FC Bayern München ist - so bitter es auch ist - den Löwen sportlich wie wirtschaftlich um Lichtjahre enteilt. Zuletzt haben die Roten das 300.000 Mitglied begrüßt. Die Löwen stehen bei rund 25.400. Die Bayern sind der Branchenriese, was mittlerweile auch in der Stadt München nicht zu übersehen ist: Der Rekordmeister überstrahlt fast alles. Nur die Fanszene der Löwen ist stärker und leidenschaftlicher - und markiert immer wieder ihr Revier mit Botschaften in den Straßen Münchens.

Aussagen über die Anti-Ismaik-Fahnen: “Die Investoren müssen Gespräche mit den Fans suchen. Nur so kann sich die Sache klären.”

Der db24-Faktencheck: Herrschen Unstimmigkeiten im Klub, muss Reisinger als Repräsentant des Vereins einschreiten - zumindest funktioniert das so in gut geführten Vereinen. Die geschmacklosen Fahnen in der Kurve zu tolerieren, bringt die von ihm “gelebte Partnerschaft” sicherlich nicht voran.

Aussagen über seinen Wunsch der Aufgabenverteilung bei 1860: “Der Präsident präsidiert, der Investor investiert, der Trainer trainiert, die Spieler spielen, die Fans unterstützen.”

Der db24-Faktencheck: Mit dieser Aussage, die im ersten Moment logisch und verständlich klingt, macht Reisinger es sich sehr einfach und sich selbst angreifbar. Ein Präsident hat die Aufgabe, seinen Verein anzuführen. Dazu gehört es, Entscheidungen im Sinne des Klubs zu treffen und Brücken innerhalb des Vereins zu bauen, die diesen voranbringen.

Dazu gehört auch, sich um ein gutes Verhältnis mit dem Mehrheitsgesellschafter zu bemühen. Die Idealkonstellation mit einem Investor ist natürlich, dass dieser Geld in die Hand nimmt und den Klub unterstützt. Ismaik hat in den letzten 12 Jahren bei den Löwen rund 80 Millionen Euro versenkt - der Klub schafft es aber nicht, die Finanzspritzen sinnvoll anzulegen. Nur 2016 wurde auch in die Infrastruktur (Plätze, Fitness- und Presseraum) investiert. Aktuell liegt das strukturelle Defizit bei zwei Millionen Euro - Ismaik sichert ab. Ein Trainer ist einer der wichtigsten Aushängeschilder eines Vereins. Logisch, dass er in Presserunden auch seine Meinung zu Themen sagen darf, die die Gesellschaft bewegen. Besonders Michael Köllners Aussagen in den Pressekonferenzen waren einigen bei 1860 ein Dorn im Auge. Kurz vor der Saison hatte Reisinger ja über den “Münchner Merkur” in Richtung Köllner ausrichten lassen: “Reden ist Silber, Schweigen ist Gold.”

Dass das Hauptaugenmerk der Spieler auf dem grünen Rasen liegen sollte, ist korrekt. Allerdings bekommen die Spieler die Unruhen im Klub selbstverständlich mit - förderlich für die Leistungen ist das sicherlich nicht. Es ist kein Zufall, dass die Elversberger Überflieger in einem ruhigen Umfeld performen können - und 1860 aufgrund der Begleitumstände eben nicht.

Die Treue der Löwenfans ist unglaublich. Auch nach Duisburg begleiten wieder über 1.200 Anhänger das Team von Maurizio Jacobacci - keine Selbstverständlichkeit. Jedoch sollten sich Teile der Kurve vielleicht wieder mehr auf die Unterstützung der Mannschaft - diese benötigt den Support derzeit mehr denn je - konzentrieren als darauf, mit politischen Botschaften gegen die Mehrheitsgesellschafter-Seite zu schießen. In Halle beispielsweise wehte nicht eine Löwen-Fahne im Block, nicht sonderlich motivierend für Stefan Lex und seine Kollegen.

Aussagen über sein mögliches Einwirken auf Trainer Maurizio Jacobacci: “Ich bin ja bloß Fan. Dafür habe ich Leute, die ich bezahle.”

Der db24-Faktencheck: Ein Statement, das bei vielen Fans ein Stirnrunzeln erzeugt hat. Richtig ist, dass ein Präsident, der nachgewiesen im Profigeschäft noch nicht gearbeitet hat, sich mit schlauen Tipps zurückhalten sollte. Was Reisinger bei den Ex-Trainern Michael Köllner und Daniel Bierofka aber immer wieder nicht getan hat. Und trotzdem scheint sich Reisinger seiner Verantwortung bei 1860 nicht so recht bewusst zu sein (“Ich bin ja nur Fan!”), zum anderen ist es nicht Reisinger, der irgendwen bezahlt in der Profifirma, sondern die KGaA wird ausschließlich über Erlöse aus der TV-Vermarktung, Sponsoringeinnahmen und Eintrittsgelder getragen. Dazu sichert Mehrheitsgesellschafter Ismaik die wirtschaftliche Stabilität des Klubs ab.