VON OLIVER GRISS UND IMAGO (FOTO)

Früher war Saki Stimoniaris VW-Aufsichtsrat - heute ist der gebürtige Münchner der Aufsichtsratsvorsitzende des TSV 1860. Aber der gebürtige Münchner ist seit Jahrzehnten auch Fan und Sprecher von HAM in der Landeshauptstadt. Der 52-Jährige spricht über den Stillstand und die wahren Machtverhältnisse an der Grünwalder Straße 114. Das exklusive db24-Interview:

db24: Herr Stimoniaris, welche Note geben Sie der Gesamtentwicklung der Löwen in den letzten sechs Jahren?

SAKI STIMONIARIS: Note 6!

db24: Das klingt hart! Können Sie Ihr vernichtendes Urteil auch begründen?

Selbstverständlich! Wir sind ja keinen Schritt weitergekommen. Schauen Sie sich die aktuelle Situation an, dann werden auch Sie - und auch die, die es ehrlich mit 1860 meinen, zu keiner anderen Bewertung kommen. Wir treten sportlich, wirtschaftlich und infrastrukturell auf der Stelle - vor allem mit dem Grünwalder Stadion. Das ist nicht das, was das Gesamtkonstrukt 1860 verdient hat.

db24: Mit Verlaub: Sie sind seit vielen Jahren der Aufsichtsratsvorsitzende der KGaA und machen sich mitschuldig. Warum korrigieren Sie den Kurs nicht einfach?

Wenn sie nichts zu entscheiden haben, können sie auch nichts korrigieren. Die Aufgabe und die Handlungsmöglichkeiten des Aufsichtsrates sind klar definiert: Der Aufsichtsrat überwacht die Finanzen, billigt das Budget und berät die Geschäftsleitung, wenn sie Rat benötigt. Das ist alles, was der Aufsichtsrat machen kann und darf. Der Aufsichtsrat ist gegenüber der Geschäftsführung von 1860 nicht weisungsbefugt. Dieses Privileg gehört ausschließlich durch die 50+1 Regelung dem Präsidium des e.V.

db24: Es gibt nicht wenige Stimmen, die behaupten, Mehrheitsgesellschafter Hasan Ismaik sei der Grund für die fehlende Entwicklung.

Darüber kann ich nur lachen. Ohne Hasan Ismaik wäre 1860 pleite! Er hat neben den Sponsoren und Fans mitgeholfen, dass wir in den letzten Jahren immer mit einem sehr, sehr ordentlichen Budget ins Rennen gegangen sind. Das wird immer gerne ausgeblendet. Er wandelt Kredite in Genussscheine um. Was das im Fall 1860 bedeutet, ist schnell erklärt: Hasan schenkt 1860 Geld. Denn Stand jetzt kann man nicht davon ausgehen, dass das Genussscheinrecht irgendwann eintreten wird…

2017 bis 2023: Welche Note gibst Du der wirtschaftlichen, sportlichen und infrastrukturellen Entwicklung des TSV 1860?

Umfrage endete am 04.05.2023 07:00 Uhr
Note 6
40% (3293)
Note 5
33% (2666)
Note 4
13% (1026)
Note 3
7% (545)
Note 1
4% (360)
Note 2
3% (269)

Teilnehmer: 8159

db24: Nochmal, direkter gefragt: Blockiert Ismaik die Entwicklung von 1860?

Nochmal! Nein! Die HAM hat bei 1860 nichts zu entscheiden. Und wer nichts entscheiden darf, kann auch nichts blockieren. Allein die Geschäftsleitung entscheidet über das operative Geschäft - und der einzige, der weisungsbefugt ist und demnach Entscheidungen mit gestalten kann, ist ausschließlich das ehrenamtliche Präsidium.

db24: Und genau deswegen hat sich Hasan Ismaik in den letzten sechs Jahren in den Beobachter-Status zurückgezogen?

Genau! Hasan wollte sich nicht nachsagen lassen, dass er die Entwicklung oder die geplante Strategie von 1860 gefährdet - vielmehr hat er dem e.V. die Möglichkeit gegeben, sich selbst zu entfalten. Das Ergebnis ist bekannt. Ich kann mich gerne wiederholen: Wir haben uns keinen Schritt nach vorne entwickelt. Ich kann mir nicht vorstellen, dass das den Fans gefällt. Die Einnahmen von 1860 reichen weiterhin nicht aus, um den Geschäftsbetrieb aufrecht zu halten. Im übrigen ist es nicht so, wie immer wieder gerne lanciert wird, dass sich Hasan gegen einen dritten Gesellschafter sträubt, der Kapital zuschießt - es gab bislang kein ernst zu nehmendes Angebot. Und mir ist auch nicht bekannt, dass der e.V. seine Anteile verkaufen will.

db24: Stichwort Konsolidierung. Wie läuft’s eigentlich mit dem vor Jahren von Präsident Robert Reisinger propagierten Kurs?

Konsolidierung, wie Herr Reisinger es meint, sieht ja so aus, dass HAM all seine Darlehen umwandeln soll. Es ist also eine Konsolidierung auf Kosten eines anderen. Letztlich ändert das alles aber nichts an der Situation, dass 1860 auf die Unterstützung von HAM angewiesen ist und bleibt, für die wir dankbar sein sollten. Bis heute haben wir unsere Schulden in keinster Weise reduziert. Solange wir weiter keine höheren Ziele haben, wird eine echte wirtschaftliche Konsolidierung auch nicht möglich sein. In der Dritten Liga ist das jedenfalls nicht möglich. Und zu einer echten Konsolidierung gehört auch die Frage nach einem wirtschaftlich erfolgreichen Stadion.