VON OLIVER GRISS

Dem verstorbenen Aufsichtsratsboss Sepp Hilz ist bei einem “Blickpunkt Sport”-Auftritt - kurz vor dem Verkauf der Arena-Anteile - mal ein legendärer Spruch über die Lippen gekommen: “Wir haben viele Freunde.” Damit wollte Hilz seinerzeit die nervösen Fans beruhigen, spielte aber auch auf das große Netzwerk des TSV 1860 an, das leider viel zu selten zum Tragen kommt. Genau deswegen spielen die Löwen eben nicht im Konzert der Großen mit, sondern müssen sich mit den Niederungen der Dritten Liga beschäftigen.

Dabei ist es wirklich so, dass die Löwen überaus beliebt im Lande sein. Das hat aber nichts mit den Leistungen der aktuellen Führungsebene zu tun, sondern rührt eher von der Vergangenheit her, als die Aktiven bei 1860 noch Petar Radenkovic, Fredi Heiß, Werner Lorant, Harald Cerny, Bernhard Winkler, Peter Pacult, Karl-Heinz Wildmoser oder Thomas Häßler hießen. Deswegen sind der frühere Finanzminister Theo Waigel, Volksschauspieler Otti Fischer, Monika Baumgartner, Michael Lerchenberg, Professor Klaus Josef Lutz (früher BayWa), Norbert Reithofer (BMW-Aufsichtsrat), Herbert Diess (früher VW-Chef), Marcel Schäfer (Geschäftsführer VfL Wolfsburg), Wiesn-Wirt Werner Hochreiter oder Felix Porsche dem Giesinger Klub emotional verbunden.

Doch die Liebe zu den Löwen kühlt immer mehr ab - und es macht den Anschein, dass auch Präsident Robert Reisinger und dessen Crew es nicht im Kreuz haben, den Klub fußball-strategisch nach vorne zu bewegen. Und Freunde, nein: Bitte keine Ausreden! Der Mutterverein, also der e.V., ist für das Konzept verantwortlich. Er setzt mit dem 50+1-Schwert die Geschäftsführung ein, die wiederum für die Entwicklung des TSV 1860 zuständig ist. Seit dem Zwangsabstieg die Namen in Reihenfolge: Markus Fauser, Michael Scharold, Günther Gorenzel und Marc Pfeifer.

Braucht 1860 eine neue (externe) Fanorganisation?

Umfrage endete am 24.06.2023 09:00 Uhr
Ja!
75% (2183)
Nein!
25% (741)

Teilnehmer: 2924

Pfeifer, der von der e.V.-Seite abgemahnt wurde, müht sich zwar nach Kräften, aber auch er stößt ans Limit bei der Bewerkstelligung der großen Aufgaben, die an der Grünwalder Straße 114 anfallen. Sechzig braucht wieder ein Gesicht. Seit Trainer Michael Köllner weg ist, sieht man die großen Defizite in der Außendarstellung noch deutlicher. Die Löwen haben keinen Multiplikator - und auch keinen Brückenbauer in ihren eigenen Reihen. Dass man bei der Stadt München in der Stadion-Frage nicht voran kommt, ist nur logisch.

Denn die Sympathiewerte für 1860 sind in den letzten sechs Jahren nicht unbedingt gestiegen. Warum, kann sich jeder selbst beantworten, wer die Scharmützel der Giesinger genau beobachtet. Deswegen wird es von ganz entscheidender Bedeutung sein, wie sich der Klub jetzt aufstellt und beweist, dass er es doch besser kann als sein aktueller Ruf. Die Bosse sind gefordert. Nicht mit Wegducken, sondern mit Taten und guten Entscheidungen. Und vielleicht ist der ein oder andere Freund dann wieder zu mobilisieren.