VON OLIVER GRISS UND IMAGO (FOTO)

Die Löwen im Zwarts-Fieber...

Der Neuzugang von Jahn Regensburg hat an der Grünwalder Straße 114 Begeisterung ausgelöst: Rund 100 Fans bildeten gestern Spalier, als Joel Zwarts von der Kabine aus auf den Einserplatz ging. Wir haben mit Ex-Löwen-Trainer Ricardo Moniz über seinen ehemaligen Spieler gesprochen. Das db24-Interview:

db24: Herr Moniz, können Sie sich vorstellen, warum wir uns bei Ihnen melden?

RICARDO MONIZ: Nein, was ist passiert?

db24: Mit Joel Zwarts ist einer Ihrer ehemaligen Schützlinge zum TSV 1860 gewechselt.

Wow! Das freut mich! Joel ist ein richtig guter Spieler. Er kann in der Dritten Liga den Unterschied ausmachen. Man kann 1860 zu diesem Transfer gratulieren.

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db24: Wie würden Sie ihn beschreiben?

Als ich ihn bei Excelsior hatte, war er noch richtig jung. Er hat ja auch die Fußballschule von Feyenoord Rotterdam genossen. Er ist ein sehr schneller, taktisch gut geschulter und auch torgefährlicher Spieler, der bei mir allerdings meist Linksaußen gespielt hat. Er hat die Explosivität eines Bobby Wood - mit ihm kann man ihn durchaus vergleichen, auch wenn Joel Linksfuß ist. Er ist gut im Eins-gegen-Eins und kommt auch gut hinter die Kette. Die Löwen können sich auf einen guten Fußballer mit Instinkt freuen, der bei mir immer sehr wissbegierig war. Er hat sich nicht hinter dem Baum versteckt, wenn es unangenehm wurde. Er konnte auch gut mit Kritik umgehen, ist auch selbstkritisch mit den Themen umgegangen. Jetzt ist Joel in einem Alter, in dem er den nächsten Schritt machen muss. 1860 ist dafür genau die richtige Adresse für ihn.

db24: Welchen Tipp können Sie 1860-Trainer Maurizio Jacobacci im Umgang mit Zwarts geben?

Joel ist pflegeleicht - er mag es, wenn man ihn verbessert und mit ihm arbeitet. Er ist ein sehr interessanter Transfer für 1860. Ich hoffe inständig, dass Joel diesem tollen Verein einen positiven Impuls geben kann.

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db24: Sie schwärmen immer noch von 1860…

Ja, ich verfolge die Löwen noch immer. Wenn du einmal bei diesem Verein gearbeitet hast, dann ist es um dich geschehen. Diesen Verein musst du lieben.

db24: Das sagen Sie trotz Ihres abrupten Endes…

Ja, ich konnte meine Aufgabe leider nicht zu Ende führen. Nach acht Spielen in der Zweiten Liga war Schluss für mich. 1860 war eine sehr intensive, aber auch lehrreiche Zeit. Ich habe unglaublich sympathische Menschen rund um den Verein kennengelernt, die meine Art auch geschätzt haben. Aber ich habe auch die Schattenseiten dieses Geschäfts kennengelernt.

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db24: Was meinen Sie genau? Es gibt ja das Gerücht, dass Gerhard Poschner Sie schon vor dem ersten Spiel in Kaiserslautern, das nach einer 2:0-Führung noch mit 2:3 verloren wurde, entlassen wollte…

Dieser Mann war eine Katastrophe! Was er mir angetan hat, war feige. Alle Insider wissen das. Ich wollte mich in Kaiserslautern schon gar nicht mehr auf die Bank setzen. Die Stimmung wurde künstlich kaputt gemacht. Ich erinnere auch an den Umgang mit Gabor Kiraly. Wir hatten eine Super-Vorbereitung, u.a. gegen Stoke City gewonnen. Im Hintergrund wurde geschossen, was das Zeug hält. Die Leute im Hintergrund kennen die genauen Details - mehr will ich dazu nicht mehr sagen. Ich fühle mich nicht als Opfer. Und natürlich, ja: Auch ich habe Fehler gemacht.

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db24: Welche?

Vielleicht hätte ich nicht immer die Wahrheit sagen dürfen. Ich war zu straight, zu direkt. Aber ich bin einfach so. Deswegen habe ich auch davon gesprochen, dass 1860 in die Bundesliga gehört. Ich hatte die Ambition, mit 1860 aufzusteigen. Das kam aber nicht so gut an. Soll ich 1860 kleiner machen als es ist? Nein! 1860 darf nie seine Vergangenheit und seinen Stolz verlieren. Ich bereue es jedenfalls nicht, dass ich Julian Weigl mit 18 Jahren zum Kapitän gemacht habe. Kurze Zeit später war er ja auch in der Nationalmannschaft, so schlecht kann meine Entscheidung also nicht gewesen sein.

db24: Wenn Sie 1860 heute bewerten, wie fällt ihr Fazit aus?

Es hat mir einen Stich ins Herz versetzt, dass dieser wunderbare Klub bis in die Vierte Liga abgestiegen ist. Auch die Dritte Liga ist für 1860 nicht das richtige Spielfeld - das gilt übrigens auch für den HSV, für den ich ebenfalls gearbeitet habe. Beide Klubs gehören in die Erste Liga! 1860 und der HSV sind ein gutes Beispiel dafür, dass diese Vereine ihre Authentizität verloren haben. Irgendwas ist falsch in beiden DNA. 1860 braucht Positivität und keine Machtkämpfe im Hintergrund.

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db24: Heute sind Sie Trainer in Kroatiens Eliteliga bei Slaven Belupo: Ist das Ihr besonderer Kick?

Ich mag solche Aufgaben. Am Sonntag spielen wir gegen Hajduk Split. Wir haben ein kleines Budget, deswegen ist die Aufgabe sehr reizvoll. Ich liebe das! Ich bin fast 60 - und noch fitter als früher (lacht). Einen Wunsch habe ich trotzdem noch.

db24: Welchen?

Ich würde gerne nochmal in Deutschland arbeiten. Früher war das immer Gas geben - und kein Tikitaka.