VON OLIVER GRISS, BERND FEIL, ULI WAGNER UND IMAGO (FOTO)

Die Auswahl der 13 Sommer-Neuzugänge von Maurizio Jacobacci legt vor allem eines an den Tag: Alle von der Pressestelle bislang angebotenen Profis für die obligatorische Interviewrunde waren interessante, aber auch sehr sympathische Gesprächspartner. Am Donnerstag war Niklas Tarnat dran, der wenige Tage zuvor seine Premiere im Löwen-Trikot beim 2:0-Sieg gegen Waldhof Mannheim gefeiert hat. Nein, spektakulär war sie nicht, muss sie aber auch nicht. Tarnat ist für die Dreckarbeit im Löwen-Mittelfeld verantwortlich - und diese Aufgabe hat er mehr als ordentlich erfüllt (db24-Note 3).

Seine persönliche Jobdescription beschreibt er so: “Ich sehe meine Stärken eher im Spiel mit dem Ball, Spielaufbau, Pässe, Flugbälle - und ich bin relativ laut auf dem Platz.” Und auch seine Standards sind nicht ohne - zur Erinnerung: Sein Freistoß im November 2022, den Felix Bastians ins Löwen-Tor köpfte, führte zum späten Essener Punktgewinn im Grünwalder Stadion - dadurch verpasste 1860 den Sprung auf Platz 3 kurz vor der Winterpause.

Sein größtes Defizit? “Verbessern könnte ich meinen Körper. Einen Zweikampf mit Tarsis Bonga würde ich nicht suchen. Sind wir mal ehrlich: Da ziehe ich den Kürzeren (lacht).” Möglicherweise ist sein Stammplatz nur einer auf Zeit: Er spielt aktuell den Platzhalter für den gesperrten Sechser Marlon Frey, ebenfalls ein Neuer. “Ich will es aber dem Trainer so schwer wie möglich machen”, sagt Tarnat, “damit er am Ende nicht weiß, wen er aufstellen soll.”

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Und Tarnat gab sich in seiner Vorstellungsrunde auf der Dachterrasse des Kraftraums nicht so, dass er unbedingt mit der Kontaktaufnahme der Sechzger gerechnet hatte. Als er dann aber von den 1860-Verantwortlichen angerufen wurde und schon genervt von den Laufeinheiten rund um den Unterbacher See bei Hilden war (“Noch eine Runde mehr um den See - und ich hätte einen Nervenzusammenbruch bekommen”), musste er nicht lange überlegen. Die erste Frage lautete: “Wie schnell kannst du in München sein?” Tarnats Antwort kam wie aus der Pistole geschossen: “Ich fahre sofort los.” Das kam an bei den Löwen. Für ihn war klar: “Wenn 1860 anruft, bin ich bei 1860. Da brauche ich auch nicht mehr mit anderen Vereinen zu reden. Ich freue mich extrem, hier zu sein. Für mich hat 1860 mit dem Abstieg in die Regionalliga an Strahlkraft gewonnen.” Und das sagt einer, dessen Wurzeln beim FC Bayern liegen. “Das ist schon lange her, das ist schon lange her”, wehrt er sofort schmunzelnd ab, als die Frage zu den Roten kommt: “Ich bin nicht der Anti-Bayern oder Anti-Sechzig-Typ. Ich freue mich sehr, dass ich das Trikot der Sechziger anziehen darf. Deswegen gebe ich alles für Sechzig!”

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Bis zur U19 hat der Löwen-Neuzugang für den Rekordmeister gespielt - unter dem Namen “Lohmann”, dem Mädchennamen seiner Mutter. Als es dann in der Youth League auf internationale Reisen ging, musste er den Namen seines prominenten Vater Michael Tarnat, dem Champions League-Sieger von 2001, annehmen. “Ich wollte nie der Sohn von….sein. Da gibt’s viele Beispiele. Meine Eltern wollten, dass ich nicht wegen dem Namen bewertet werde, sondern als Fußballspieler. Ich sag immer - das ist Fluch und Segen zugleich mit so einem Nachnamen. Man wird halt immer verglichen.” Und genau das will er nicht. “In die Fußstapfen von meinem Vater will ich gar nicht treten, denn ich will meinen eigenen Weg gehen, mir meinen eigenen Namen machen.” Ein großes Thema war sein Wechsel zu Blau im Hause Tarnat in Grünwald übrigens nicht. “Meine Eltern haben sich gefreut, dass ich wieder in München bin.” Eigentlich wollte sich Tarnat eine eigene Wohnung in München suchen. “Doch als ich die Mietpreise in München gesehen habe, sagte ich mir: Da bleib ich lieber bei Mama und Papa zu Hause - da ist es auch schön.”

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