VON OLIVER GRISS

Weil's immer wieder passt: Die leidige Stadion-Frage beim TSV 1860. 30 Jahre Diskussion und kein Ende in Sicht. In welchem Stadion sind die Löwen am besten aufgehoben beziehungsweise welchen Weg muss der Klub gehen, um endlich Geld zu verdienen? Nach sechs Jahren im unterklassigen Fußball merken die abgetauchten 1860-Bosse schön langsam: Oh, das Grünwalder Stadion ist ja doch nicht der große Burner - wie von db24 mit der Flucht aus der Allianz Arena ins "Sechzger" bereits prophezeit. Finanziell kann die Kultstätte am Giesinger Berg dem Traditionsklub nicht groß helfen. Die, die sich mit den Löwen seit Jahrzehnten intensiv befassen, wussten das: Zu teuer ist die Miete, zu schlecht der Service, zu klein die Zuschauer-Kapazität mit nur 15.000 Plätzen. Künstliche Verknappung ist schön und gut - aber nicht zum Leidwesen der Fans! Genau deswegen ist Kult-Präsident Karl-Heinz Wildmoser in den 90er Jahren einen anderen Weg gegangen, den für ein erfolgreiches Sechzig.

2019 schrieb db24 in einem ungezähmt-Kommentar angesichts der Fan-Verzwergung bis zu maximal 18.060 Plätzen bei einem möglichen Grünwalder-Umbau: “Eine Zahl, die alles andere im Verhältnis zum großen Fanpotential der Löwen steht und zudem das Vereinskonto niemals in schwarze Zahlen führen kann. Die Löwen dürfen sich nicht ihrer größten Stärke, der unglaublichen Treue der Fans, selbst berauben.”

Dass der TSV 1860 aber schon immer ein Zuschauermagnet in der Stadt war (wenn die Leistung der Spieler einigermassen gepasst hat), beweist ein Blick in die ruhmreiche Geschichte des Klubs. Heute vor 50 Jahren, am 15. August 1973, sorgten die Löwen für einen Besucherrekord, der bis heute im deutschen Fußball unerreicht ist: Über 90.000 Zuschauer - andere sagen, es seien sogar 100.000 Fans gewesen, sahen das 1:1 in der zweitklassigen Regionalliga Süd zwischen 1860 und dem FC Augsburg im Münchner Olympiastadion. Es war ein Spiel für die Ewigkeit - und das nicht nur, weil Helmut Haller gerade aus Italien zum FCA zurückgekehrt war.

Der damalige 1860-Geschäftsführer Manfred Amerell hatte bei bestem Feiertagswetter an Maria Himmelfahrt mit 50.000 Besuchern gerechnet, nachdem beide Mannschaften ihr Auftaktspiel gewonnen hatten. Doch als Verteidiger Werner Luxi die Löwen nach drei Minuten mit 1:0 in Führung schoß, kam es zu einer Massenpanik im Olympiastadion. Der Lärm war ohrenbetäubend in Oberwiesenfeld. Tausende Fans vor den Toren kletterten über Zäune und Kassenhäuschen, rissen Absperrungen nieder, stürmten durch die Eingangsbereiche. Die Ordnungskräfte konnten die Fans nicht stoppen. “Da hätten auch 1000 Polizisten nichts ausrichten können“, sagte der damalige Polizeipräsident Manfred Schreiber. Es gab 135 Verletzte.

Sechzig zieht immer - egal in welcher Liga. Es gibt nicht nur ganz wenige Vereine in Deutschland, die trotz aller Eskapaden auf so eine große Fanbase wie die Löwen zurückgreifen können. Wenn der Klub die Anhänger braucht, dann sind sie da - wie beim 3:3 gegen Schweinfurt im Mai 1990, als knapp 40.000 Fans das Grünwalder Stadion füllten und am Ende mit ansehen mussten, dass der TSV die Aufstiegsrunde zur Zweiten Liga verpasste.

Nicht anders in der Allianz Arena: Die Pokal-Pleite gegen Dortmund am 24. September 2013 beobachten 71.000 Zuschauer. Auch zum Relegationsspiel gegen Jahn Regensburg am 30. Mai 2017 pilgerten 62.200 Zuschauer nach Fröttmaning. Es war gleichzeitig auch das Abschiedsspiel.

Umso wichtiger ist, dass die Bosse um jeden einzelnen Zuschauer mehr kämpfen und mit der Stadt München endlich eine Lösung finden, damit der Profi-Fußball wieder wachsen kann. Der TSV 1860 darf auf gar keinen Fall zum Zwergerlklub verkommen….

Wer war damals gegen Augsburg im Olympiastadion dabei und will uns seine Eindrücke im besten Fall mit Bildern beschreiben? Dann schick uns eine Email an redaktion@dieblaue24.de