VON OLIVER GRISS, ULI WAGNER UND IMAGO (FOTO)

Nein, beim TSV 1860 München zu arbeiten, das ist nicht vergnügungssteuer-pflichtig. Es herrscht ein rauer Umgangston - das bekommt seit vielen Wochen auch Geschäftsführer Marc Pfeifer mehr als deutlich zu spüren. Man bestraft ihn, so heißt es an der Grünwalder Straße 114, auch mit Nichtbeachtung. Mit seiner letzten Attacke ist Präsident Robert Reisinger aber deutlich zu weit gegangen: Der 59-Jährige hat seinen Geschäftsführer, den er vor mehr als drei Jahren präsentiert hat, in einem jüngsten "BILD"-Interview demontiert und ihm vorgeworfen, dass er die Sportdirektor-Suche "gezielt verschleppt" habe. Was allein schon damit zu widerlegen ist, dass die Sechziger sich umgehend nach dem Gorenzel-Aus mit Christoph Janker (FC Augsburg) getroffen haben. Den ehemaligen Löwen hätte man gerne als Sportchef verpflichtet - und der frühere Bundesliga-Verteidiger war auch anfangs Feuer und Flamme, um dann später doch abzusagen.

Es ist keine einfache Zeit bei den Löwen. Doch Geschäftsführer Pfeifer ließ es sich am Rande des 8:0-Toto-Pokal-Erfolgs im unterfränkischen Hain nicht anmerken, dass ihn sein Präsident derart rasiert hat. Der Schwabe mischte sich unter die Fans, plauderte mit ihnen und filmte selbst mit seinem Handy vom Spielfeldrand einige Tore der Löwen mit. Ab heute ist Pfeifer bei einer Manager-Tagung in Frankfurt: Dort kann er sich wenigstens etwas ablenken, was derzeit bei seinem Arbeitgeber passiert.

Unterdessen stärkt Aufsichtsratsboss Saki Stimoniaris Pfeifer weiter den Rücken. Nachdem der ehemalige VW-Aufsichtsrat gegenüber dem Löwen-Podcast “Radis Erben” den umtriebigen KGaA-Boss zuerst verteidigt hat, legt er jetzt in der “TZ” nach: “Das sind sehr starke Anschuldigungen, die ich auf das Schärfste zurückweise. Herr Pfeifer hat selbstverständlich das Präsidium - soweit es für ihn erreichbar war - sowie die Vertreter des anderen Gesellschafters und den Aufsichtsrat eingebunden. Alles andere sind Märchen.” Ist Reisinger ein Märchenonkel?

Von den Vorwürfen habe Stimoniaris zuerst aus der Presse erfahren. “Herr Reisinger hat es nicht für nötig befunden, weder mit Aufsichtsrat noch mit Beirat vorab zu sprechen. Herr Reisinger ist nun aufgefordert, Beweise für seine Anschuldigungen zu liefern oder sie unverzüglich zu widerrufen.” Werden sich bald die Anwälte damit beschäftigen?

Gleichzeitig kritisiert Stimoniaris Reisinger für dessen Alleingänge bei 1860 - auch in der Akte “Horst Heldt”: “Er hatte sich weder mit seinen Präsidiumskollegen noch mit den Vertretern von HAM abgestimmt. Wir wurden erst zum Ende des Prozesses eingebunden.” Nach db24-Informationen sollen dafür Externe aus dem Familienumfeld eines Funktionärs sogar in der Heldt-Geschichte “mitgschaftelt” haben.

Nach dem Heldt-Aus ist nun der frühere Nationalspieler Thomas Hitzlsperger im Gespräch. Intern sei darüber aber noch nicht gesprochen worden. Grundsätzlich müsse man aber die Frage stellen, was für einen Drittliga-Klub wie 1860 passe. Stimoniaris: “Es macht keinen Sinn, sich nur aus Eitelkeit mit prominenten Namen zu schmücken.” Prinzipiell ist Hitzlsperger aber ein höchst interessanter Name, der die Löwen voranbringen könnte.

Soll Robert Reisinger als Präsident des TSV 1860 zurücktreten?

Umfrage endete am 08.09.2023 20:00 Uhr
Ja!
88% (6871)
Nein!
12% (913)

Teilnehmer: 7784

Mit den beiden Vizes Hans Sitzberger und Heinz Schmidt habe Stimoniaris längst einen gemeinsamen Konsens gefunden. Gegenüber der “tz” sagt der 52-Jährige: “Die Zusammenarbeit mit Sitzberger und Schmidt war und ist sehr kooperativ und gut für Sechzig. Ich verstehe nicht, warum der Präsident jetzt- ohne Kenntnis der Tatsachen - solche Falschbehauptungen in der Öffentlichkeit macht.” Der e.V. - in Form des Verwaltungsrats - hätte längst die Möglichkeit gehabt, einzuschreiten und zum Wohl der Löwen zu agieren. Stimoniaris: “Entweder der kooperative Weg, für den Sitzberger und Schmidt stehen. Dann glaube ich, werden wir alle bestehenden Konflikte schnell im Sinne von Sechzig lösen. Oder der Weg des Gegeneinanders, für den Reisinger zu stehen scheint. Dann sehe ich schwarz für Sechzig.”

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