VON OLIVER GRISS, BERND FEIL UND ULI WAGNER (FOTO)

Nein, Ergebnisse von der Krisensitzung vom vergangenen Freitag hat der 1860-Verwaltungsrat immer noch nicht kommuniziert. Doch wer die Bilder vom Samstag bei der 1:2-Pleite in Ingolstadt auf der Haupttribüne vor sich hat, wird den Eindruck nicht los, dass das e.V.-Gremium geschlossen zum Hardliner-Kurs von Robert Reisinger steht. Flankiert von den beiden Verwaltungsräten Sebastian Seeböck und Norbert Steppe machte es sich der Ober-Löwe in seinem roten Leder-Sitz gemütlich - und Reisingers Haltung, die der 59-Jährige dort an den Tag legte, erinnerte ein wenig an die Körpersprache der Löwen-Spieler in der zweiten Hälfte: Keine Spannung, keine Überzeugung - und alles andere als 1860-like.

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Der tiefe Riss in der Führungsriege war im Audi Sportpark einmal mehr gut zu beobachten. Der langjährige Löwen-Reporter Uli Kellner vom “Münchner Merkur” schrieb in seinem guten Kommentar in der Montagsausgabe: “Jeder Laienpsychologe weiß: Eine Mannschaft kann nur so geschlossen auftreten wie das Umfeld, in dem sie sich bewegt. Was das Gesellschafterumfeld angeht, war in Ingolstadt für jeden Zuschauer sichtbar, wie tief der Riss ist, der den ganzen Verein in zwei unversöhnliche Lager spaltet. Präsident Robert Reisinger und das Ismaik-Lager (mit Vize Hans Sitzberger als Neuzugang) trennten auf der Tribüne etliche Sitzschalen.” Hat Reisinger sein Präsidium verloren?

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Etliche Personalien wurden in den letzten Jahren in diesem sinnlosen Machtkampf zerrieben: Daniel Bierofka (“Er wollte den Tiger reiten”), Michael Köllner (“Reden ist Silber, Schweigen ist Gold”) und Günther Gorenzel, der nach einer Abmahnung des e.V. im Zuge der Köllner-Entlassung trotz Vertrags bis 2024 nach Klagenfurt flüchtete. Die nächsten zwei Köpfe, die in diesem Umfeld leiden, sind Trainer Maurizio Jacobacci und Geschäftsführer Marc Pfeifer. Klar, der eine kann sportlich im Moment keine Ergebnisse liefern (auch weil die Transferperiode sehr ungünstig verlaufen ist und die Mannschaft sich immer wieder selbst um den Lohn bringt) - und der andere soll neuerdings auf e.V.-Seite kritisch gesehen werden, weil Pfeifer immer auf Harmonie & Entwicklung bedacht ist.

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Der indirekte Vorwurf von Reisinger an Pfeifer gegenüber dem “Wochenanzeiger” war zuletzt massiv: “Ich habe gerne klare Verantwortlichkeiten - auch im sportlichen Bereich. Jeder macht alles und alle ein bisschen und am Ende ist niemand mehr für irgendwas verantwortlich. Das entspricht nicht meiner Vorstellung. Außerdem hat mir in einigen Fällen das Transfergebaren unter Beteiligung Dritter überhaupt nicht gefallen.” Was zu hören ist: Im Sponsoren-Umfeld horcht man nach den jüngsten Angriffen auf.

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Die Sacharbeit, die Reisinger seinen Mitgliedern immer wieder versprochen hat, ist seit sechs Jahren nicht richtig sichtbar. Aber das ist ein ganz anderes Thema. Zumindest spürt der Ober-Löwe mittlerweile immer mehr, dass er nicht nur Fanboys in der Kurve hat, die sein Wirken unreflektiert beobachten und hinnehmen. Als Reisinger am Samstag seinen Sitzplatz verließ, um im Innenraum Richtung Fanblock zu gehen, wurde er von Fans zur Rede gestellt. Bevor es richtig emotional wurde, schickte Reisinger seinen Sohn weg, der ihn zunächst begleitet hatte. Und je länger das Gespräch dauerte, desto impulsiver wurde Reisinger (siehe Instagram-Video db24). Mit zwei erhobenen Fingern fuchtelte er vor dem Fan rum.

Schließlich brach der Löwen-Präsident das Gespräch ab und zog von dannen. Zwei Augenzeugen berichteten hinterher gegenüber db24 unisono: “Da wurden keine Freundlichkeiten ausgetauscht - als Präsident, der von seinem Kurs überzeugt ist, will man so etwas eigentlich nicht erleben.”

Das Klima bei 1860 wird immer frostiger.