VON OLIVER GRISS UND IMAGO (FOTO)

Es hätte auch eine Inszenierung für die Kultsendung "Verstehen Sie Spaß?" sein können - nein, es war aber purer Ernst, was sich Skandal-Schiedsrichter Timon Schulz (27) bei seinem dritten Drittliga-Einsatz in der Partie zwischen Viktoria Köln und 1860 München (2:1) erlaubt hat. Unzählige Fehlentscheidungen sorgten für ein denkwürdiges Fußballspiel im Sportpark Höhenberg. Hätte diese Partie auf höherem Niveau stattgefunden, wäre die Berichterstattung in Deutschland eine andere gewesen. So findet das Kartenfestival aber kaum Relevanz - zum Leidwesen der Löwen. Im Derby gegen Jahn Regensburg (Samstag, 14 Uhr) muss 1860 vermutlich nicht weniger auf vier Akteure verzichten, die am Wochenende im Einsatz waren: Leroy Kwadwo, Morris Schröter, Albion Vrenezi und Niki Lang. Dazu bekamen Trainer Maurizio Jacobacci und Geschäftsführer Marc Pfeifer Rot gezeigt. Während Jacobacci nicht auf der Bank sitzen wird, hat die rote Karte für Pfeifer keine großen Konsequenzen.

Während db24 hinterher die Szenen analysierte, hat am Montag Babak Rafati, der frühere Fifa-Schiedsrichter, die Nicht-Leistung von Schulz in seiner wöchentliche Analyse im Portal liga3-online.de differenzierter eingeordnet.

Der Strafstoß gegen 1860, nachdem Schröter der Ball im Luftduell an die Hand gesprungen war: “Der Ball kommt in den Strafraum, und dabei verschätzt sich Schröter, sodass er das Spielgerät an den Arm bekommt und dadurch verhindert, dass Gegenspieler Fritz an den Ball gelangt. Dieses Handspiel ist deshalb strafbar, weil der Ball lange unterwegs ist und Schröter genug Zeit hat, den Arm anders zu bewegen als zum Ball. Somit ist dieses Handspiel strafbar, auch wenn eine klare Absicht auf den ersten Blick nicht zu erkennen ist. Allerdings ist ein in Kauf nehmen genauso als Absicht zu bewerten, sodass eine richtige Entscheidung vorliegt, diesen Elfmeter zu pfeifen. Die Reaktion von Schröter sagt zudem alles über dieses Handspiel aus.”

Die gelbe Karte gegen Niki Lang, die den Abwehrspieler zu einer Sperre zwingt: “Im Mittelfeld legt Lang den Arm auf die Schulter von Marseiler und drückt ihn ein wenig herunter, sodass ein Foulspiel vorlegt. Dabei handelt es sich allerdings um ein Allerweltsfoul, auch wenn sich Marseiler ins Gesicht fasst. In dieser Szene wäre nur ein Freistoßpfiff die richtige Entscheidung gewesen. Die gelbe Karte hierfür auszusprechen, ist einfach nicht vergehensgerecht, sodass eine Fehlentscheidung vorliegt.”

Die rote Karte gegen Leroy Kwadwo auf Höhe der Mittellinie: “Im Mittelfeld leitet Becker den Ball zum Mitspieler weiter, dabei kommt Kwadwo mit offener Sohle und gestrecktem Bein in den Zweikampf und trifft Becker oberhalb des Knöchels. Dieses Foulspiel ist gesundheitsgefährdend, sodass die rote Karte eine richtige Entscheidung ist.”

Das Strafraum-Foul gegen Morris Schröter, dass das 2:1 für 1860 bedeuten hätte können: “Im Strafraum will Fritz den Ball klären, kommt aber einen Moment zu spät, trifft Schröter am oberen Schienbein/Knie und bringt ihn dadurch zu Fall. Der Treffer ist nicht hart, reicht aber aus, um Schröter, der aus dem Lauf kommt, aus der Balance und schließlich zu Fall zu bringen. In dieser Szene hätte es einen Elfmeter für München geben müssen, sodass eine Fehlentscheidung vorliegt. Aus einem Elfmeter im Anschluss eine gelb-rote Karte für den Gefoulten wegen Protestieren (auf den Boden schlagen) zu machen, ist schon sehr unglücklich.”

Die roten Karten gegen Trainer Jacobacci und Geschäftsführer Pfeifer: “Da nicht zu hören ist, was Jacobacci und Pfeifer dem Schiedsrichter sagen, ist es nicht möglich zu bewerten, ob die roten Karten berechtigt sind. Im Fall des Geschäftsführers ist aber folgender Sachverhalt zu berücksichtigen. Der Schiedsrichter hat das Spielfeld bereits verlassen, und erst dann zeigt er Pfeifer die rote Karte. Das ist nicht mehr möglich. Eine rote Karte kann der Schiedsrichter nur aussprechen, wenn er auf dem Spielfeld ist. Somit ist das Zeigen der roten Karte formal falsch. Hier wäre nur noch ein Sonderbericht möglich. Auf das Strafmaß und die Konsequenzen hat dieser Vorgang aber keinen Einfluss.”

Den Fall Vrenezi konnte Rafati aufgrund der fehlenden TV-Bilder nicht auflösen. Sollten die Löwen an andere Sequenzen kommen, wäre es nicht unwahrscheinlich, wenn der Löwen-Profi freigesprochen wird. Denn Fabian Greilinger spielte den Freistoß und nicht Vrenezi.