VON OLIVER GRISS UND IMAGO (FOTO)

Rückblick Freitagabend, Nordderby in Hamburg. Die Partie ist für 36 Minuten unterbrochen. Der Grund: Ultras von Hannover 96 zeigen ein Fadenkreuz-Plakat gegen Geschäftsführer Martin Kind. Das Duell stand kurz vor dem Abbruch.

Der 79-Jährige war beim wilden 4:3-Sieg seiner Mannschaft im Stadion und sagt hinterher: “Das kenne ich seit 20 Jahren. Das ist so. Ende! Ich nehme es gelassen. Warum soll ich jetzt anders darauf reagieren? Aber jetzt ist der Punkt, wo man entscheiden muss. Das werden wir machen. Es wird Reaktionen geben.” Kind, der den Verein seit vielen Jahren finanziell über Wasser hält, hat eine klare Meinung zu diesem unwürdigen Schauspiel.

Gut möglich, dass Hannover 96 jetzt gegen seine eigenen Fans durchgreifen muss. Eine Grenze ist überschritten. Das hat auch nichts mit Meinungsfreiheit zu tun.

Auch bei 1860 München wird seit Jahren das Anti-Ismaik-Plakat gezeigt - der Kopf des Mehrheitsgesellschafters. Durchgestrichen. Die Vorstufe zum Kind-Banner.

db24 fragte die DFB-Verantwortlichen in einer Medienrunde, wie der Verband entgegensteuern wolle, damit der Hass gegen DFB/DFL beziehungsweise gegen Investoren oder Mehrheitsgesellschaftern wie Hasan Ismaik abnimmt. “Grundsätzlich muss man das differenzieren, oft wird das Ganze zusammengeworfen - mit den Zuständigkeiten DFL/DFB. Die Debatte betrifft verstärkt die Bundesliga und Zweite Liga - da sehen wir uns zunächst nicht in der Hauptverantwortung, auch wenn wir wissen, dass sich das in der Dritten Liga mit Solidaritätsbekundungen weiterzieht und generell ein Fokusthema ist”, sagte Manuel Hartmann, Geschäftsführer Spielbetrieb der DFB GmbH & Co. KG.

Man wolle verstärkt in den Dialog gehen. “Die Fanszenen, alle Beteiligten sind für uns ein wichtiger Bestandteil”, erklärt Hartmann: “Da gilt es im Austausch zu sein. Natürlich im Sinne der Vereine, die für uns die direkten Adressaten sind, für die wir auch ein entsprechender Dienstleister sind.” Gleichwohl sagt Hartmann aber auch: “Als Verband halten wir sehr viele Werte hoch, die auch den aktiven Fanszenen wichtig sind, ob das eine 50+1-Regel ist, ob das Anstoßzeiten sind ob und keinerlei unserer Wettbewerbsspiele im Ausland austragen. Das ist ein ganzes hohes Gut.”

Politik, Hass & Nebenkriegsschauplätze: Haben Sie noch Spass am Stadionbesuch bei 1860?

Umfrage endete am 25.02.2024 09:00 Uhr
Nein!
74% (2527)
Ja!
26% (886)

Teilnehmer: 3413

Und wie ist die Haltung zu Hass-Plakaten? Hartmann auf db24-Anfrage: “Für uns gibt es immer klare Grenzen. Das Protest dazu gehört, dass bei uns in Deutschland jeder das Recht zur freien Meinungsäußerung hat. Das ist selbstverständlich. Auf der anderen Seite ist es genauso selbstverständlich, dass es hier Grenzen gibt, die nämlich genau an der rechtlichen Grenze verlaufen, was diese überschreiten kann. Wir hatten das vor Jahren schon einmal, wo es im Hinblick einen Drei-Stufen-Plan gibt, wenn dadurch ein Aufruf zur Gewalt oder Ähnliches verbunden ist oder sich Leute persönlich angegriffen fühlen, dass auch Rechte von Betroffenen zu wahren sind. Dass es auch Personen gibt, die gewisse Reizfiguren sind, das ist bekannt. Aber nochmal: Die Vereine haben über ihre demokratische Basis irgendwann Entscheidungen getroffen, ob sie Investoren zulassen möchten oder nicht. Den Prozess müssen die Vereine intern steuern. Der Fall 1860 ist derzeit intern ein schwieriges Pflaster, aber das gilt es auch intern zu klären. Wir sind für die Sportgerichtsbarkeit im Einsatz, wenn wir Fälle haben, die die freie Meinungsäußerung überschreiten.”

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Man darf gespannt sein, wie 50+1-Geschäftsführer Oliver Mueller mit dieser Thematik in Zukunft umgeht. Nicht nur die HAM-Seite wird ganz genau hinschauen.