Sieben Jahre nach dem Abstieg aus der Zweiten Liga: Was ist seitdem eigentlich besser geworden, Löwen?
- VON OLIVER GRISS UND IMAGO (FOTO)
- 30.05.2024 08:20
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VON OLIVER GRISS UND IMAGO (FOTO)
Der 30. Mai 2017 - es war der Tag, der den TSV 1860 in seinen Grundmauern erschüttert hat: Die Löwen verlieren mit einer lustlosen Millionen-Truppe das Relegations-Rückspiel gegen Jahn Regensburg sang- und klanglos mit 0:2, steigen sportlich aus der Zweiten Liga ab. Die Partie vor 62.000 Fans in der Allianz Arena steht mehrmals vor dem Abbruch. Die Fans in der Nordkurve randalieren, werfen Sitze und Stangen aufs Spielfeld. Die Polizei sichert den Bereich ab. Der TV-Kommentator sagte: "Es ist ein schwarzer Tag für den Fußball - das möchte ich klar sagen."Im VIP-Bereich in Fröttmaning geht es ebenfalls rund: Schuldzuweisungen ohne Ende - und viele Tränen. Der Verein gibt bekannt, dass Geschäftsführer Ian Ayre und Präsident Peter Cassalette zurücktreten und ihre Ämter zur Verfügung stellen. Ismaiks Statthalter Anthony Power wollte danach einen Mitgliedsantrag unterschreiben - angeblich abgelehnt.
Hinterher sagte Cassalette, der noch während des Spiels eine Krisensitzung mit Präsidium und Verwaltungsrat einberufen hatte: “Vor der Krisensitzung hatte ich noch gar nicht entschieden, dass ich zurücktrete.“ Doch die politische Stimmungsmache gegen Investor Hasan Ismaik, „es gehe nur ohne Hasan weiter“, konnte Cassalette nicht länger mittragen: „Ich konnte nicht anders, als zu sagen: Leute, ohne mich.“
Sieben Jahre später muss sich der TSV 1860 unter der Regie von Cassalettes Nachfolger Robert Reisinger eingestehen: Der Klub - und das ist nun mal in großen Teilen der Profifußball - hat sich nicht weiter entwickelt. Die Fronten sind verhärtet wie lange nicht.
Der Kampf gegen Mehrheitsgesellschafter Hasan Ismaik ist wieder einmal in einer heißen Phase, die Ultras fordern: “Freiheit für Sechzig.” Und das “Bündnis Zukunft 1860”, eine neue Fan-Initiative, wird genauso von einer Seite zur Sau gemacht wie vor vielen Jahren das “Team Profifußball”. Der Antrieb, Veränderung herbeizuführen, wird sofort versucht im Keim zu ersticken. Hans Sitzberger, der frühere Vize, gab nach einer Kampagne auf. Geschäftsführer Marc-Nicolai Pfeifer wurde vor die Tür gesetzt. Und auch Martin Gräfer, der Vorstand der Bayerischen, ist zur Zielscheibe geworden.
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Als db24 vor einem Jahr zum großen Legenden-Treffen im Filmtheater Sendlinger Tor mit Größen wie Petar Radenkovic, Fredi Heiß und Werner Lorant geladen hatte, gab es vor dem Kino einen Protest der aktiven Fanszene unter dem Titel “Hasan kommt nicht, wir kommen trotzdem - steh auf für ein selbstbestimmtes Sechzig”. Das Scheichlied wurde am Sendlinger Tor-Platz gesungen und andere Beleidigungen abgesetzt. Ob es ein Zufall war, dass auch Anwalt Nicolai Walch und Sebastian Seeböck, zwei der acht Verwaltungsräte des TSV 1860, vor dem Kino im Biergarten saßen, obwohl sie keine Einladung zum Kino-Tag hatten?
Die Stadion-Frage ums Grünwalder ist weiter ungeklärt, die beiden Geschäftsführer Oliver Mueller und Dr. Christian Werner wurden mit 50+1 eingesetzt, und auch finanziell sieht es alles andere als gut aus. Das Budget für die neue Saison liegt aktuell nur bei 4,5 Millionen Euro. Dass das Geld wieder nicht ausreicht, um den eigenen Zielen (Nummer 2 in Bayern) gerecht zu werden, ist selbsterklärend.
Die Frage muss erlaubt sein: Was ist eigentlich seit dem 30. Mai 2017 besser geworden, Löwen? Damals war man Zweitliga-Dino, jetzt hat man diesen Titel auch in der Dritten Liga inne.