VON OLIVER GRISS UND IMAGO (FOTO)

Vor nicht allzu langer Zeit hatte der TSV 1860 die Vertragsverlängerung des amtierenden Kapitäns Jesper Verlaat (28) bis zum Sommer 2026 in einem mühsam produzierten Video-Clip abgefeiert, was selten zuvor einem Spieler an der Grünwalder Straße 114 vergönnt war. Die Botschaft sollte eine Initialzündung sein für einen neuen Weg bei den Münchner Löwen. "Die Verlängerung mit Jesper lag uns allen besonders am Herzen und ist daher ein großer Erfolg für den TSV 1860 München", erklärte Sport-Geschäftsführer Dr. Christian Werner seinerzeit: "Jesper ist nicht nur der Kapitän der Mannschaft, sondern auch ein sehr wichtiger Bestandteil des Teams und des Vereins. Als Mitspieler, als Vorbild, als Werbefigur. Jesper ist immer mit Engagement, Leidenschaft und Freude dabei. Das macht ihn für uns so wertvoll.“

Eine Aussage aus dem März 2024. Dreieinhalb Monate später hat sich das Gesicht der Löwen grundlegend verändert - und möglicherweise auch die Position des Holländers, das ist zumindest aus den jüngsten Aussagen von Trainer Agis Giannikis herauszulesen. Er sagte gestern in einer Medienrunde: “Noch sind wir in der Findungsphase, was die Hierarchien in der neuen Mannschaft betrifft. Bis zum Ende der Vorbereitung werden wir sehen, wer sich für Führungsaufgaben hervorhebt.” Und: “Ich werde alle Eindrücke auf mich wirken lassen, und dann entscheide ich, ob der Kapitän gewählt wird oder ich ihn bestimme. Ich habe beides schon gemacht. Grundsätzlich sind wir zufrieden mit Jesper Verlaat, aber eine neue Mannschaftsstruktur bringt neue Dynamiken hervor, und dann müssen wir schauen, ob das auch weiterhin so passt. Es gilt das Leistungsprinzip.”

Worte, die aufhorchen lassen und die Frage zulassen: Bleibt Jesper Verlaat Löwen-Kapitän oder muss er nach nur einem Jahr die Binde weiterreichen?

Giannikis: “Wir werden Ende der Vorbereitung entscheiden, wie Kapitän und Mannschaftsrat dann aussehen.”

Der Deutsch-Grieche will sich also noch nicht festlegen, mit welchem Kapitän der TSV 1860 in die erste Dino-Saison startet. Nach den Eindrücken der ersten Testspiele ist Giannikis’ Sichtweise irgendwie auch verständlich, denn die Löwen haben zumindest zwei Spieler hinzubekommen, die für eine Führungsrolle im Team taugen: Raphael Schifferl und Thore Jacobsen.

Das Duo schiebt sich selbst in den Mittelpunkt, insbesondere beim letzten Härtetest gegen Racing Straßburg (2:1) war dem Ex-Hachinger Schifferl anzumerken, dass er bei 1860 regelrecht aufblüht. Und Schifferl steht mit Kapitän Verlaat im Konkurrenzkampf, auch weil Winter-Zugang Max Reinthaler in diesen Tagen beweist, dass er sich nicht mit der Reservistenrolle zufrieden gibt. Auf und neben dem Platz. Reinthaler gilt als äußerst kommunikativ. Seine gesundheitlichen Probleme sind vergessen.

1860 hat mit Schifferl, Reinthaler und Verlaat drei potenzielle Stammkräfte in der Innenverteidigung, aber nur zwei können spielen. Diese Auslese wird in den nächsten Wochen bis zum Liga-Start gegen den 1. FC Saarbrücken (2. August) spannend zu beobachten sein.