VON OLIVER GRISS UND IMAGO (FOTO)

14 Jahre stand Michael Hofmann bei 1860 München im Tor. Heute trainiert der 51-jährige aus Faistenhaar junge Torhüter, gibt sein Wissen weiter. Der gebürtige Oberfranke machte die große Bundesliga-Zeit der Löwen mit, u.a. hütete er das Tor in den beiden Champions League-Qualispielen gegen Leeds (1:2) im Sommer 2000. Das db24-Interview:

Herr Hofmann: Wie sehr hat Sie der Wechsel von Rene Vollath zu 1860 München überrascht?

MICHAEL HOFMANN: Transferperioden bringen ja so manche Überraschungen mit sich - und bei Sechzig ist es immer sehr speziell (lacht). Natürlich wurde nach dem Abgang von David Richter ein Platz frei. Dass es jetzt ausgerechnet Vollath vom Nachbarn Unterhaching ist, ein potentieller Nummer 1-Torwart, kommt für viele natürlich überraschend. Der Grund ist simpel: 1860 will Konkurrenzkampf - und es wäre fatal gewesen, wenn 1860 nur mit Marco Hiller in die Saison ginge. Die beiden Nachwuchsleute Avdija und Qela müssen erst noch aufgebaut werden…

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db24: Herr Hofmann, Sie betreuten Rene Vollath anderthalb Jahre bei Türkgücü als Torwarttrainer. Warum ist er für 1860 ein Volltreffer?

Für mich ist Vollath ein sehr erfahrener Drittliga-Torwart mit über 243 Spielen - und ein äußerst meinungsstarker Typ. Es wird nicht leise, wenn Vollath in die Kabine kommt.

db24: Was heißt das?

Rene ist ein absoluter Führungsspieler, der Professionallität und Leidenschaft vorlebt. Das kann ich belegen. Ein Beispiel: Er hat eine sehr akribische Trainings- und Spielvorbereitung. Er achtet sehr auch auf seine Ernährung. Er will immer gewinnen. Manchmal haben wir Stunden miteinander nicht gesprochen, weil wir beide die Niederlage nicht so schnell verarbeiten konnten. Das ist der Unterschied zur heutigen Generation. Rene hat das Talent, die Kabine wachzurütteln. Bei den letzten Stationen war er immer im Mannschaftsrat. Er war mitverantwortlich für den Aufstieg der Unterhachinger in die Dritte Liga und die gute Rolle in der vergangenen Saison. 1860 hat mit Vollath und Marco Hiller jetzt ein überragendes Torhüter-Duo, egal wer den Kampf um die Nummer 1 letztlich gewinnt.

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db24: Und trotzdem fragen sich die Fans: Warum zahlt man für einen 34-Jährigen eine Ablöse, der vor einiger Zeit noch arbeitslos war?

Das frag ich mich auch: Wenn man immer hört, dass 1860 nicht die Menge an Geld besitzt und trotzdem solche Transfers möglich sind… Das wundert mich. Aber die sportliche Leitung sollte wissen, was sie tut. Dafür wird sie bezahlt. Wir hoffen auf eine erfolgreiche Saison. Mit der Verpflichtung von Vollath ist der Kader der Löwen insgesamt gut bestückt.

db24: Was bedeutet dieser Transfer für Kurven-Löwe Marco Hiller?

Grundsätzlich hat der Platzhirsch natürlich einen kleinen Vorteil, vor allem, weil er die komplette Vorbereitung mitgemacht hat. Aber der Herausforderer - und das ist Rene Vollath - wird alles daran setzen, dass er am 2. August gegen Saarbrücken im Tor stehen wird. Was ich an dieser Stelle auch einmal loswerden will: Marco hat aus meiner Sicht ein gute Saison gespielt - mit wenigen Aussetzern. Er hatte auch viele Zu-Null-Spiele. 1860 hatte immer gute Torhüter. ich finde auch, dass das Torhüter-Duo Hiller/Richter überdurchschnittlich gut bestückt war. Auf der Torhüter-Position wird 1860 die wenigsten Schmerzen haben.

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db24: Was sagen Sie zu Vollaths kurioser Rückennummer 11?

Das ärgert mich! Ein Torwart, der in Deutschland mit dieser Rückennummer aufläuft, ist witzlos. Bei 1860 München haben ganz andere Größen mit dieser Zahl gespielt - wie Benny Lauth oder Bernhard Winkler. Wir sind nicht in der europäischen Spitzenklasse, sondern im biederen Drittliga-Fußball. Das sollten einige einfach mal überdenken.

db24: Zum Abschluß: Wie lange kann man als Torwart im Profibereich überhaupt spielen?

Die Frage kann man eigentlich pauschal nicht beantworten: Ich selbst durfte bis 40 bei Jahn Regensburg im Zweitliga-Tor stehen. Aber ich hatte dann auch den richtigen Zeitpunkt des Karriereendes verpasst und deswegen einige schlechte Spiele absolviert. Das hätte ich mir sparen können. Aber die beiden Drittliga-Spielzeiten mit 26-Zu-Null-Spielen in 75 Drittligapartien waren für mich eine Bestätigung nach dem Weggang von 1860, der für mich nicht einfach war. Aber um noch einmal auf Rene zu kommen: Der kann locker noch vier, fünf Jahre spielen.

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