VON OLIVER GRISS UND IMAGO (FOTO)

Zuletzt hat sich beim TSV 1860 eine gewisse Panini-Mania breitgemacht. Sogar auf der turbulenten Mitgliederversammlung der Löwen-Fußballer am vergangenen Mittwoch wurde in der VIP-Alm am Trainingsgelände fleißig geklebt und doppelte Bildchen getauscht, um das jeweilige Album zu vervollständigen. Einer, der in diesem Heftchen anlässlich des 125. Geburtstag der Fußball-Abteilung keine unbedeutende Rolle spielt, ist ein gewisser Bernd Patzke.

Der heute 81-Jährige stand mit den Löwen im Europapokal-Finale in Wembley gegen West Ham (0:2) und wurde auch 1966 Deutscher Meister. Später war der einstige Top-Verteidiger und WM-Teilnehmer von 1966 auch Trainer des TSV. Der frühere Nationalspieler saß beispielsweise auf der Bank, als die Löwen vor 30.000 Fans im Grünwalder Stadion die SpVgg Fürth am Gründonnerstag 1984 mit 6:1 entzauberten und ein gewisser Ludwig Kögl die Franken schwindlig spielte. Diese Partie gehört mit zu den emotionalsten in der 1860-Geschichte.

99625.jpg

Noch heute gilt Patzke als kritischer Geist bei den Blauen. Er spricht das aus, was sich zehntausende Löwen-Fans denken.

Den Liga-Start gegen Saarbrücken (0:1) hat Patzke, der in den letzten Jahren immer auf der Tribüne des Grünwalder Stadions saß, verpasst. “Ich habe mich dem Fredi Heiß angeschlossen - das war klar”, sagt Patzke gegenüber db24: “Was sich da abspielt, ist eine Unverschämtheit.”

99624.jpg

Auslöser ist, dass sein alter Freund und Weggefährte Fredi Heiß auf der 13,5-Stunden-Mitgliederversammlung im Juni Fragen an das Präsidium und Verwaltungsrat gerichtet und bis heute keine Antworten bekommen hat. Deswegen sagte Heiß vor knapp zwei Wochen gegenüber db24: “Ich gehe nicht mehr hoch. Ich mag nicht mehr! Ich hänge an Sechzig, das ist klar. Aber nicht an diesem Sechzig, so wie der Verein momentan geführt wird. Das ist absolut inakzeptabel. Ich will mit dieser Führung nichts mehr zu tun haben.” Torwart-Idol Petar Radenkovic, der Held vieler Generationen, hat schon vor vielen Jahren mit dem Klub gebrochen. Geführt wird dieser Verein aktuell u.a. von Präsident Robert Reisinger sowie dem Verwaltungsrat, in dem u.a. Sebastian Seeböck, Nicolai Walch und Robert von Bennigsen sitzen und die Richtung vorgeben.

99623.jpg

Patzke wird deutlich: “Dass Fredi keine Antworten bekommen hat, zeigt wie unprofessionell bei 1860 gearbeitet wird. Fredi hat mit all seinen Aussagen recht. Es kann nicht sein, dass bei 1860 gegeneinander gearbeitet wird und Hasan Ismaik nicht eingebunden wird. Wo soll das hinführen? Was gibt das für ein Bild bei den Sponsoren ab?” Sein Wunsch: “Als Löwen-Fan sehnt man sich nach den großen Zeiten mit Karl-Heinz Wildmoser und Werner Lorant. In diesen Zeiten konnten wir Alten uns mit 1860 identifizieren. Ich wünsche allen Löwen-Fans, dass sie solche Zeiten noch einmal erleben dürfen. Ich frage mich immer: Worum geht es den aktuellen Führungsleuten eigentlich? Wildmoser würde sich im Grab umdrehen, wenn er mitbekommen würde, was seine Nachfolger mit 1860 veranstalten…”

Was muss passieren, dass Patzke seine Entscheidung revidiert und wieder das Stadion besucht? “Wenn sich vorne was ändert, gehe ich auf jeden Fall wieder zu 1860.”

99622.jpg

Was traut Patzke den Giannikis-Löwen zu? “Damit wir uns richtig verstehen”, sagt der gebürtige Berliner: “Ich wünsche den Löwen den Aufstieg. Aber das ist leider in weite Ferne gerückt. Mit Sprüchen allein steigst du nicht auf. Es ist jedes Jahr das Gleiche. Vor jeder Saison wird fast das komplette Personal ausgetauscht - und es kommt nie was raus dabei. Aus meiner Sicht könnte nur Einer Zweite Liga spielen - und das ist Jesper Verlaat. Und dann reden die vom Aufstieg…”

Für das Auswärtsspiel bei Stuttgart 2 (Sonntag, 16.30 Uhr, db24-Ticker) traut db24-Tippexperte Patzke den Löwen dennoch einen klaren 3:0-Erfolg zu.

99620.png