VON OLIVER GRISS UND IMAGO (FOTO)

Viele Jahre war von Christian Ude, Alt-OB von München und 1860-Aufsichtsratsboss, wenig zu lesen über die Löwen - bis jetzt. Er verfolgt das Hauen und Stechen aus der Ferne - und sagt gegenüber dem “Merkur”: “Es gibt die Spaltung der Fangruppen, die Spaltung des Gesellschafterkreises und auch die Spaltung von Mitgliedern verschiedener Gruppierungen, die sich mehr voneinander unterscheiden als vom fußballerischen Stadtrivalen, den man völlig aus dem Auge verloren hat.”

Ude hält auch wenig davon, dass 1860 seine Kräfte der Stadion-Frage widmet: “Ich bin ein Freund realistischer Lösungen, die auch machbar sind, ohne noch eine Generation von Fans sinnlos zu verschleißen. Das gilt auch für die Illusion eines völlig neuen Stadions. Das klingt so nach: Wenn ich mir keine Studentenwohnung zur Miete leisten kann, dann baue ich mir halt selber ein Schloss.”

Und wie sieht er den Stadtratsbeschluss, der vor wenigen Jahren einem 77 Millionen-Euro-Umbau zustimmte? “Kennen Sie jemanden, der 77 Millionen auf der hohen Kante hat? Die Forderungen an die Stadt müssen auch realistisch und mehrheitsfähig sein.” War’s also damals nicht mehr als Wahlkampf? “Er kam als Versuch zustande, die Schuld nicht auf die Stadt abladen zu lassen, sondern diejenigen, die solche Forderungen erheben, selber in die Pflicht zu nehmen.” Ist der große Umbau also aus seiner Sicht unrealistisch? Ude: “Das würde ich so unterschreiben, ja.” Ude spricht genau das an, worüber db24 schon vor Jahren nach Wildmoser-Style (“Es geht hoid ned”) berichtet hatte. Ein großer Stadion-Umbau ist nicht mehr zeitgemäss.

Zuletzt hatte db24 darüber berichtet, dass die Stadt möglicherweise einen neuen Stadtratsbeschluss bräuchte, um über einen Umbau des Grünwalders zu diskutieren. Der Grund: Die deutlich gestiegenen Kosten in der Baubranche. Mittlerweile gehen die Experten von einer Investition weit über 100 Millionen Euro für das 1860-Wohnzimmer aus.

Ude wünscht den Löwen mehr Pragmatismus: “Ich denke, zur realistischen Lösung gehört, dass sich ein Fußballverein an erster Stelle mit seinem fußballerischen Erfolg beschäftigt. Ich habe mich als Oberbürgermeister, dessen Herz durchaus für die Löwen geschlagen hat, 20 Jahre lang mit utopischen Forderungen herumschlagen müssen. Und jetzt habe ich schon wieder über zehn weitere Jahre der gescheiterten Utopien erlebt. Ich finde, dass irgendwann mal die Stunde der Realisten schlagen sollte.”

Das ist genau das, was Meister-Löwe Fredi Heiß seit Jahren predigt: Erst eine aufstiegsreife Mannschaft aufbauen - und dann erst an die Infrastruktur denken…