VON OLIVER GRISS UND IMAGO (FOTO)

Das Grünwalder Stadion ist seit fast 30 Jahren das Dauer-Thema beim TSV 1860. Es ist auch der große Zankapfel im Klub: Mitte der 90er Jahre verließ der Altmeister die Gieisnger Kultstätte, um erfolgreich zu werden: Am Ende spielten die Löwen zehn Jahre Bundesliga im Olympiastadion, waren in der Saison 1999/2000 mit zwei Derby-Siegen über den FC Bayern sogar Stadtmeister und klopften ans Tor zur Champions League. Das alles war nur möglich, weil die Sechzger höhere Einnahmen als im Grünwalder generieren konnten...

Mit dem Zwangsabstieg 2017 kehrten die Löwen von der Allianz Arena in ihr Wohnzimmer, das sie mit den Amateuren des FC Bayern teilen, endgültig zurück - damals warnten viele Insider, die mit dem Thema vertraut sind, vor der Rückkehr ins Grünwalder. Doch Interims-Geschäftsführer Markus Fauser zog durch - und das obwohl die Sechzger für eine überschaubare Miete in Fröttmaning hätten bleiben können. Jetzt befinden sich die Löwen in der Sackgasse. Jedes Jahr zahlen sie rund 1,6 Millionen Euro Miete und haben keinerlei Entwicklungsmöglichkeiten.

Der große Umbau, der noch vor wenigen Jahren angedacht war, rückt in immer weitere Ferne. Der Grund: Die Baukosten sind nach der Corona-Krise ins Unermessliche gestiegen. Mittlerweile redet man von einem Preis von über 100 Millionen Euro - und selbst das wird vermutlich nicht mehr reichen. Veranschlagt waren beim Stadtratsbeschluss von 2022 rund 77 Millionen Euro - wohlgemerkt für etwas mehr als 3.000 Plätze mehr im Stadion. Bei 18.105 Fans ist Schluss in Giesing. Diese Marke ist Gesetz!

Und trotzdem verfolgen Teile des Klubs diesen Irrsinnsplan, wohlwissend, dass dieses Stadion nie die Bundesliga-Lizenz bekäme. Sport-Bürgermeisterin Verena Dietl, die einst im 1860-Verwaltungsrat saß, hat 2022 gesagt: “Die Bundesliga ist dort unrealistisch.”

Jetzt berichtet die “AZ”, dass die Stadtrats-FDP Druck auf die Stadtverwaltung ausübt. “Im Stadtratsbeschluss vom April 2022 wurde auf Initiative unserer Fraktion festgehalten, dass die Stadt schnellstmöglich prüft, ob eine Lösung im Erbbaurecht möglich wäre“, erklärte Stadträtin Gabriele Neff gegenüber dem Blatt: „Dies ist immer noch nicht geschehen. Wir stehen grundsätzlich zum Grünwalder Stadion – die Verwaltung ist jetzt in der Pflicht, dem Stadtrat wie auch den 60ern eine Verhandlungsgrundlage vorzulegen.“ Und genau das ist das große Streitthema seit Jahren: Warum legt die Stadt dem Klub nicht die errechnete Miete bei einem theoretischen Umbau für einen Zeitraum von 10 oder 20 Jahren vor? “Das ist ein großes Rätsel”, sagt ein ehemaliger 1860-Funktionär gegenüber db24: “Wir hatten immer den Eindruck, dass die Stadt nur Zeit gewinnen wolle.” Die Pressestelle der Stadt schrieb db24 vor einem Monat: “Die Landeshauptstadt München wartet weiter auf ein langfristiges Kommittment des Vereins, um die Planungen eines möglichen Umbaus weiter voranzutreiben.”

Klar ist: Der Mietzins wird bei einem Umbau deutlich steigen - und wahrscheinlich dann bei um die 3 bis 3,5 Millionen Euro liegen.

Laut Neff könne eine finale Entscheidung nur getroffen werden, “wenn alle Optionen auf dem Tisch liegen - und ein klares, verlässliches Bekenntnis des TSV 1860 zum Standort Grünwalder Stadion.” Und genau das wird derzeit mit Sicherheit nicht passieren: Die Löwen haben nicht nur wirtschaftliche, sondern auch sportliche Sorgen. Nach dem zweiten Spieltag liegt die Mannschaft in der Dritten Liga auf dem vorletzten Platz. “Bevor man bei 1860 an ein Stadion denkt, sollte man erst einmal eine gute Mannschaft auf dem Platz haben”, erklärte 1860-Idol Fredi Heiß gegenüber db24: “Im Aufstiegsfall hätten die Löwen nämlich eine viel bessere Verhandlungsposition gegenüber der Stadt.”