Schluß mit dem Geschwätz! TschUEss!
- VON OLIVER GRISS
- 06.09.2024 08:59
- 286 Kommentare
VON OLIVER GRISS
Zwei nicht unwichtige Fakten zum Reinkommen: Nein, der TSV 1860 München hat genau eine Woche nach dem Aus von Geschäftsführer Oliver Mueller die Trennung noch immer nicht offiziell bestätigt - und: Muellers schnelles Ende an der Grünwalder Straße 114 nach nur 215 Tagen ist kein neuer "Schleuderstuhl-Rekord" bei Chaosklub 1860. Den hält noch immer der Engländer Ian Ayre. Er gab nach dem Zwangsabstieg 2017 nach nur 96 (!) Tagen auf. Der frühere Liverpool-Manager kam zum 1. März 2017 und war am 5. Juni desselben Jahres wieder weg - es war eine Flucht vor der Inkompetenz des Klubs, aber auch der Disharmonie zwischen beiden Gesellschaftern. Auf Platz zwei: Dr. Robert Niemann. Der Diplom-Kaufmann wurde zum 1. August 2010 verpflichtet - und nach nur 105 Tagen war schon wieder Schluss. Niemann hatte das Talent, in jedes sich bietende Fettnäpfchen zu treten. Auch die Finanzen waren nicht unbedingt sein Hoheitsgebiet. Allerdings ging Niemann freiwillig - und ohne Abfindung. Für Mueller bleibt in jedem Fall der letzte Stockerl-Platz. Ob er auch auf sein Gehalt, das ihm prinzipiell bis Sommer 2026 zusteht, verzichtet, steht aktuell in den Sternen.Gut für Sechzig: Das muellerische Geschwätz ist glücklicherweise schon wieder vorbei. Schlecht: Die Außendarstellung des Klubs hat unter dem Schwarzwälder in den letzten Monaten massiv gelitten - und das nicht nur durch diverse Zirkus-Einlagen: Bei der legendären Biss-Präsentation inklusive der waghalsigen Ziele bis 2029 (“Nummer 2 in Bayern!”) sowie den unverschämten Provokationen auf der beschämenden Mitgliederversammlung in Richtung Opposition des aktuellen Führungszirkels (“Wenn der Clown in den Palast einzieht…”) - oder dem Verbot an Mehrheitsgesellschafter Hasan Ismaik für eine Sprechstunde mit Fans in der Geschäftsstelle. Mueller spielte gern den Macker - und verlor alles. Auch den Reisinger-Spruch (“1860 ist leicht zu verkaufen”) konnte Mueller trotz diverser Bustouren mit dem Titel “Road Show” nicht bestätigen. Und auch von dem ein oder anderen Scharmützel gegen Vorgänger Marc Pfeifer ist zu hören. Diplomatie war ein Fremdwort für ihn. War’s möglicherweise Auftragsarbeit?
Im Münchner Rathaus werden sie sich jetzt jedenfalls wieder auf die Schenkel klopfen: “Typisch Sechzig! Bei diesem Verein gibt es keine Kontinuität. Kaum baut man mit einem Geschäftsführer ein Vertrauensverhältnis auf, ist er schon wieder weg.” Genau deswegen hat auch Münchens OB Dieter Reiter seit geraumer Zeit keine Lust mehr, über die quälende Stadion-Frage mit 1860 zu sprechen. Er hat das Thema an Sport-Bürgermeisterin Verena Dietl längst weiter delegiert. Die mehrfachen Rathaus-Besuche von Oliver Mueller, um die Stadion-Pläne (hust!) voranzutreiben, waren für die Katz.
Jeder, der bei der Mueller-Verpflichtung beteiligt war, sollte sich ernsthaft hinterfragen, ob er selbst dem TSV 1860 gewachsen ist und jetzt darüber nachdenken, seinen Posten freiwillig zu räumen und den Weg für eine womöglich bessere Zukunft freizumachen. Hätten sich die Involvierten des TSV 1860 nicht in den Anti-Ismaik-Kurs verrannt, sondern sich eingehend im Vorfeld mit der Personalie Mueller auseinander gesetzt, wäre jedem schnell klar geworden: Die Rolle als Geschäftsführer war von Anfang an ein paar Nummern zu groß für Mueller. Ein paar Monate bei Real Mallorca als Marketingmann, und nicht viel länger bei den Kölner Haien als Geschäftsführer. Eine Vita, die für die Löwen nicht ausreicht. Mit ein bisschen Instinkt hätte man 1860 vor dieser Nummer bewahren können.
Das Geschwätz ist jetzt jedenfalls vorbei. TschUEss!
Oliver Griss (52) begleitet den TSV 1860 journalistisch seit 1989 und machte in dieser Zeit den beispiellosen Aufstieg unter dem Duo Wildmoser & Lorant von der Bayernliga bis in den Europapokal mit. Griss war u.a. zu Bundesliga-Zeiten 12 Jahre für die Münchner Abendzeitung tätig. Seit 2011 betreibt er db24.