Das große db24-Interview mit Manni Schwabl - Teil 1: "Sven Bender? Vergleichbar mit Sandro Wagner!"
- VON OLIVER GRISS UND IMAGO (FOTO)
- 20.10.2024 08:51
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VON OLIVER GRISS UND IMAGO (FOTO)
Treffpunkt Sportpark Unterhaching. Die Herbstsonne blinzelt hinter den Bäumen, die Temperaturen sind angenehm. Unser Gesprächspartner vor dem Derby in Unterhaching (heute, 19.30 Uhr, db24-Ticker) ist Manni Schwabl. Er wartet an seinem Stammtisch im Biergarten. Nicht selten sitzt er dort, spricht über das, was er am besten kann: Fußball. Bei ihm ist jeder willkommen. Schwabl ist ein typischer Bayer. Gesellig, redegewandt und äußerst sympathisch - ein Typ, wie man ihn sich für 1860 wünscht.Der heute 58-Jährige spielte für die Löwen, Bayern und Nürnberg in der Bundesliga. Er war Nationalspieler - und jetzt ist er DAS Gesicht der Spielvereinigung Unterhaching. Der erste Teil des db24-Derby-Interviews mit Schwabl.
db24: Herr Schwabl, Hand aufs Herz: Wie groß ist Ihr Anteil, dass Fußball-Deutschland die Nationalmannschaft wieder toll findet?
MANNI SCHWABL (überlegt): Geht’s um die Jugend-Förderung? Dann vielleicht 0,5 Prozent. Aber ich muss gestehen: Irgendwie stehe ich grad auf dem Schlauch…
db24: Naja, wir helfen gerne: Sandro Wagner, der bei Haching seine ersten Trainer-Schritte machte, ist neben Bundestrainer Julian Nagelsmann mittlerweile einer der Garanten für das neue Hoch der Nationalmannschaft…
(lacht): Dann 50 Prozent! Tatsächlich hat Sandro einen großen Einfluß, das spürt man auch bei den Nationalspielern. Ich war am Montag beim 1:0 gegen Holland selbst im Stadion. Anschließend waren wir auf der Feier. Da merkt man Sandros Status - und deswegen hat Haching schon einen kleinen Anteil, weil wir es waren, die ihm ohne Trainerschein die Möglichkeit gegeben haben. Das haben wir zur nächtlichen Stunde am Montag mit Sandro in Perfektion auch diskutiert.
db24: Es ist schon auffällig, dass Sie große Lust daran haben, Talente auszubilden - Spieler und Trainer…
Meine Hauptmotivation war, Spieler auszubilden. Unterhaching hat nur eine Daseinsberechtigung, wenn es auf dem Fußball-Planeten eigene Leute ausbildet und nach oben bringt. Aber wenn ich es mir genau überlege: Heiko Herrlich kam von oben runter. Den haben nicht wir ausgebildet. Aber er hat den Manuel Baum akquiriert. Heiko sagte zu mir: “Manni, du: Ich habe ein Interview von einem Manuel Baum in der Süddeutschen Zeitung gelesen! Den müssen wir mal einladen!” Es dauerte zwei Jahre, bis uns Manu dann trainierte. Später landete er in der Bundesliga - jetzt ist er bei Red Bull in Leipzig. Auch für Ralph Hasenhüttl begann alles in Unterhaching. Aber da war ich unbeteiligt. Das war vor meiner Zeit. Aber natürlich ist unser Parade-Beispiel der Sandro: Er ist jetzt Co-Trainer der Nationalmannschaft und einer der begehrtesten Trainer in Deutschland.
db24: Wie kam es eigentlich dazu, dass Wagner als früherer Nationalspieler ausgerechnet im Sportpark aufgeschlagen ist?
Sandro rief bei mir irgendwann an und meinte: “Ich will bei euch Trainer werden und mir meine ersten Sporen verdienen!” Er hat überhaupt keine Ansprüche gestellt. Er hätte auch die U16 gemacht. Weil wir bei der U19 Bedarf hatten, haben wir ihm diesen Job gegeben - und das ging auch nur, weil unsere U19 damals nur in der Bayernliga gespielt hat.
db24: Das hört sich nach einem großen Vertrauensvorschuss an…
Richtig überzeugt hat er mich, als ich beim Aufstiegsspiel unserer U19 in Schweinfurt dabei war. Ich hatte mir seine Kabinenrede angehört - da hat er mich komplett gefangen. Sandro war dermaßen akribisch vorbereitet. Mit der U19 sind wir dann aufgestiegen, mit der Ersten abgestiegen (lacht). Das war sein Glück - und dann habe ich mir gesagt: Wenn Sandro das mit der A-Jugend kann, dann packt er es auch im Männerbereich in der Regionalliga. Das war Sandros Start. So eine Karriere kann man natürlich nicht planen (lacht). Sein Ursprung liegt also in Unterhaching.
db24: Werden Sie in Zukunft auch versuchen, mit Trainern Geld zu machen?
Wir schließen das nicht aus, aber die Hauptmotivation ist, den richtigen Trainer an der richtigen Stelle zu haben, der unser Konzept mitträgt. Das ist wichtiger als ein ständiger Trainerwechsel. Ich hätte nichts dagegen, wenn wir es so machen wie in Heidenheim mit Frank Schmidt oder damals Freiburg mit Christian Streich. Ich will, dass eine belastbare Größe vorne an der Linie steht. Da mache ich mir keine großen Hoffnungen, dass wir für Trainer in nächster Zeit eine Ablöse kassieren werden.
db24: Und trotzdem haben Sie sich vor kurzem zwei junge Trainer geangelt - die Bender-Zwillinge: Sven ist Co-Trainer der Profi-Mannschaft, Lars kümmert sich um die U17 der Hachinger. Mit diesem Coup haben Sie auch 1860 augestochen.
Sechzig ist nicht das Thema. Dass wir Sven und Lars Bender für Unterhaching gewinnen konnten, ist schon ein Zeichen nach außen. Ich habe mich vor kurzem mit einem Funktionär vom DFB unterhalten, der meinte: “Die Benders sind super in Unterhaching aufgehoben, weil sie sich dort am besten entwickeln können.” Mit den Benders habe ich schon vor zwei Jahren die ersten Gespräche geführt. Der Ursprung der Benders ist Unterhaching, das wissen viele nicht mehr. Beide sind aus Brannenburg und äußerst bodenständige Typen. Das ist ein ganz wichtiger Punkt. Ich will hier keine Ex-Profis haben, die meinen: Nur sie wissen alles. Das bringt uns nichts im Gesamtkonzept. Lars war relativ schnell klar zum Thema Jugend. Ich habe immer gesagt: Der wichtigste Jahrgang ist bei uns die U17, also platzieren wir ihn dort. Bis wir Sven überzeugen konnten, hat es etwas länger gedauert. Er war mit Dortmund in der Champions League, aber ich habe gewusst: Irgendwann ruft er an! Beide sind ein Glücksfall für Haching. Sie passen wie die berühmte Faust aufs Auge. Aber auch für sie selbst ist es ein Glücksfall. Sie können in ihrer Heimat sein. Sie können sich entwickeln. Tagtäglich.
db24: In vielen Vereinen gibt’s schnell Eifersüchteleien, wenn große Namen aufschlagen.
Nein! Bei uns gar nicht. Im Gegenteil! Ich muss da auch eine Lanze für Marc Unterberger brechen: Er war treibende Kraft für diesen Coup. Er weiß: Je bessere Leute er um sich rum hat, desto mehr profitiert er selbst. Das war nur clever - und Sven ist ein brutales Kaliber. Wenn er nicht irgendwann Bundesliga-Trainer wird, dann weiß ich auch nicht, wer sonst? Das hatte ich bei Sandro Wagner auch prophezeit. Dass er aber bei der Nationalmannschaft landet, das konnte ich auch nicht ahnen. Die beiden kann man gut vergleichen.
db24: Die Benders sind echte Zugpferde für Haching. Wirkt sich das schon in Gesprächen mit Sponsoren oder Eltern von Talenten aus?
Bei den Sponsoren-Gesprächen für die nächste Saison spürt man das auf jeden Fall. Aber viel wichtiger ist für uns, dass wir mit beiden Benders noch interessanter für Talente sind. Sie sind das I-Tüpfelchen in unserer Jugendarbeit. Aber seit Karim Adeyemi und Maurice Krattenmacher haben wir sowieso nicht mehr die Probleme früherer Tage.
db24: Wie es der Zufall will: Weil Marc Unterberger gesperrt ist, übernimmt Sven Bender im Derby gegen 1860 die Cheftrainer-Rolle. Gibt das dem Duell gegen die Löwen noch einen zusätzlichen Reiz?
Ich denke schon. Erstens, weil Heimspiel für Sven Bender dank Marc - und zweitens, weil er bei beiden Vereinen gespielt hat. Das ist natürlich eine Traum-Konstellation. Ob es dann ein Traum oder Albtraum für ihn wird, das werden wir am Sonntagabend wissen. Für den Anfang einer Trainerkarriere ist so eine Partie natürlich trotz Svens großen Vergangenheit etwas ganz Besonderes.
db24: Wie bewerten Sie den Fall Unterberger? Er wurde für einen etwas festeren Handschlag für drei Spiele vom DFB-Sportgericht gesperrt…
Wir haben das Urteil akzeptiert. Die Hauptdiskussion ist in Deutschland die Aggression zwischen den Beteiligten, die immer intensiver wird. Ich sage nicht, die Schuld haben immer die Schiedsrichter. Nein! Das ist eine schwierige Entwicklung, weil es keinem etwas bringt. Marc hat in einer Woche zum Doppelschlag ausgeholt. In Rostock hatte er sich über den Schiedsrichter beschwert, weil der nicht gegrüßt hat. Ich will das gar nicht bewerten, weil ich nicht dabei war. Und die Geschichte gegen Sandhausen war natürlich unglücklich. Vielleicht bringt ihm die Sperre für seine weitere Karriere was. Das HB-Männchen zu machen, ist sinnlos. Ich musste auch schon zweimal auf die Tribüne. Ich finde, wir müssen sowieso froh sein, dass es heute noch Sportler gibt, die den Schiedsrichter machen wollen. Und zurück zu Marc Unterberger: Wer gegen 1860 unten steht, ist egal. Wenn ich bei so einem Derby unter Flutlicht auf den Trainer angewiesen bin, dann habe ich die verkehrten Spieler. Und die haben wir mit Sicherheit nicht.
db24: Welchen Wert hat dieses Derby zwischen Haching und Sechzig?
Man sagt immer: Es gibt nur drei Punkte. Aber jeder Beteiligte, der bei beiden Vereinen mal gespielt oder gearbeitet hat, weiß: Dieses Spiel ist etwas ganz Besonderes. Das merkt man schon im Vorfeld: Wegen Karten oder Interviews. Das Interesse ist wesentlich größer als sonst. Von meiner Seite sehe ich aber das Derby relativ relaxt. Warum auch nicht? Wenn die Löwen Karten brauchen, kriegen sie welche. Wenn wir welche brauchen, kriegen wir sie auch. So gehört sich das auch. Wir sind freundlich zueinander. Auf dem Feld steht natürlich was auf dem Spiel, das wird keine Gaudi-Veranstaltung (lacht).
Im zweiten Teil des großen Schwabl-Interviews mit db24 lesen Sie, warum die sogenannte Feten-Affäre in den 90er Jahren Manni Schwabl einen Job bei 1860 kostete - und warum er 400.000 Mark in Stadion-Pläne für die Löwen investierte.