1860 am Scheideweg? Daten-Experte Sterr kritisiert die Kaderzusammenstellung
- VON OLIVER GRISS UND IMAGO (FOTO)
- 23.10.2024 10:49
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VON OLIVER GRISS UND IMAGO (FOTO)
Prinzipiell ist es immer ganz interessant, wie Außenstehende das Wirken ohne die bekannte blaue Brille bei Drittliga-Dino 1860 München beurteilen. Quirin Sterr von "Createfootball" nimmt für "Wettbasis" unter dem Titel "1860 am Scheideweg" die Löwen etwas genauer unter die Lupe. Vor dem Heimspiel gegen Osnabrück (heute, 19 Uhr, db24-Ticker) sind die Sechziger Tabellen-13. - es riecht wieder stark nach einer verlorenen Saison.Der Münchner Daten-Experte, der u.a. mit Sky, dem ZDF, Spox und der ARD zusammmenarbeitet, beschäftigt sich mit Trainer Agis Giannikis (“Der Kader ist nicht wirklich passend für seine Spielidee - das Kind ist mit diesem Trainer ein wenig in den Brunnen gefallen”) - und Sterr zeigt anhand von Zahlen, was in der Mannschaft gut, aber auch schlecht läuft.
Was ihm besonders ins Auge sticht: “Die aktuelle erste Elf plus natürlich die Transferpolitik in den letzten zwei Jahren - es wurden 28 Neuzugänge verpflichtet. Dazu kamen noch einige Jugendspieler, die man hochgezogen hat. Viele Abgänge. Eigentlich hat man zwei komplette Kaderumbrüche durchgezogen. Das sorgt natürlich dafür, dass man auf der einen Seite viel Geld ausgeben musste, obwohl viele Spieler ablösefrei gekommen sind - und auf der anderen Seite keine wirkliche Kontinuität in den Verein hineinbekommt. Die Neuzugänge sind häufig auch ältere Spieler, also kaum Spieler mit 23 oder 24 Jahren, sondern gestandene Spieler, die die Dritte Liga gut kennen, die teilweise höherklassig gespielt haben. Aber das sind keine Spieler, die noch eine Entwicklung vor sich haben und damit auch zu Geld machen kann. Und das fehlt natürlich auf der anderen Seite, um Löcher im Verein zu stopfen.”
Lobend äußert sich Sterr einerseits über die Jugend-Arbeit des TSV 1860, kritisiert aber andererseits auch die Problematik, dass die Löwen ihre eigenen Talente teilweise oft ablösefrei abgeben. “Marius Wörl oder Mansour Ouro-Tagba beispielsweise sind Spieler, die eigentlich ein gutes Talent mitbringen, man aber die Vertragslaufzeit nicht gut kontrolliert hat und diese dann dementsprechend ablösefrei gegangen sind, was total tödlich ist.” Sterr warnt davor, dass man Raphael Ott oder Tim Kloss auf ähnliche Weise verliert.
Kritisch sieht Sterr auch die Torhüter-Verpflichtung von Routinier Rene Vollath. “Eine kleine Baustelle hat man sich mit der Torhüter-Position aufgemacht. Da hat man mit Marco Hiller den langjährigen Stammtorwart abgesägt und Rene Vollath aus Unterhaching dazu geholt. Das ist ein Keeper, der kaum noch Entwicklungspotential hat. Den kann man nicht mehr weiterverkaufen”, sagt der Daten-Analyst: “Er ist auch auf der Linie definitiv kein Upgrade zu Hiller, im Gegenteil: Sogar eigentlich ein Downgrade. Er hat durchaus Probleme im Spiel mit dem Ball. Er ist sehr risikoreich, er steht sehr hoch. Er versucht, als Libero zu agieren. Das macht ihn nicht besonders stabil, wenn’s darum geht, sich auf die Torverteidigung zu konzentrieren. Hier hätte man auf jeden Fall mit Hiller weitergehen können. Unverständlich.” Die Erklärung ist einfach: Vollath bringt Persönlichkeit und Führungsqualität mit.
Sterrs Fazit: “Wo stehen die Löwen jetzt? Der Trainer ist angezählt. Mit dem Ball, gegen den Ball - keine wirkliche gute Idee, keine wirklichen Muster, keine wirklichen Strukturen. Die Einzelspieler, die haben eigentlich eine ordentliche Qualität, aber auch hier die Kaderzusammenstellung so ein bisschen fraglich. Ein bis drei Positionen, die man einfach nicht gut besetzt hat. Hier muss der Sportdirektor so ein bisschen betrachtet werden. Grundsätzlich, ohne eine richtige Vision: Wohin soll es gehen in den nächsten Jahren? Kann man den Investor loswerden? Kann man mit ihm zusammenarbeiten? Wie sieht es mit dem Stadion aus? Viele Baustellen bei den Löwen.”