Ex-Löwen-Kapitän Schwabl auf der blauen Couch: "Ich würde 50+1 krachend scheitern lassen..."
- VON OLIVER GRISS UND IMAGO (FOTO)
- 05.12.2024 10:29
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VON OLIVER GRISS UND IMAGO (FOTO)
Manfred "Manni" Schwabl ist ein herausragender Gesprächspartner. Nicht wenige Löwen-Fans wünschen sich den früheren 1860-Kapitän als Präsident zurück. Er vermittelt Familiensinn und das Bodenständige, er steht für Werte, die der heutigen Gesellschaft fehlen.Doch der frühere Nationalspieler hat sich der SpVgg Unterhaching verschrien. Gerade hat der Klub eine millionenschwere Kooperation mit dem FC Bayern abgeschlossen. Zuletzt saß der 58-jährige Schwabl gemeinsam mit Thomas Hitzlsperger auf der “Blauen Couch” von Bayern 1 bei Moderator Thorsten Otto - kurz: Den beiden Oberbayern zuzuhören, war ein Genuß.
Auf die Frage, ob Schwabl die angebliche Romantik der 80er Jahre im Fußball vermisse, antwortete der frühere Nationalspieler: “Meine Frau vermisst die Romantik eher. Aber was ist Romantik im Profifußball? In der heutigen Zeit brauche ich im Fußball nicht über Romantik reden. Das ist eine komplette Mogelpackung.” Schwabl nennt ein Beispiel aus seiner Löwen-Zeit: “Ich kann eine Aktion erzählen. Ich war Kapitän und habe einmal nicht gespielt - und dann waren wir nicht mehr 11 Freunde. Weil beim nächsten Training habe ich drei Spieler aus den Schuhen rausgehauen. Das ist Romantik im Fußball. Wir sind nicht im Märchenwald. Was interessiert mich 11 Freunde, wenn ich nicht spiele?”
Genervt ist Schwabl vom heutigen Hype rund um den Profifußball. Dass Kinder von den Spielern ignoriert werden, ist für den Haching-Boss ein No-Go. “Ein ganz großes Plus von Haching ist, dass wir runterschauen in Sozialprojekte oder bei der Jugend. Da sind die Spieler angefixt”, erzählt Schwabl: “Das ist Vereinsvorgabe - und ich will keinen Spieler haben, der einem Kind kein Autogramm gibt. In der Dritten Liga sowieso nicht. Und ich sage auch nicht, in der Zweiten oder Ersten Liga. Was nehmen sich die Leute raus, ein Kind wegzuschicken, nur weil ich mit meiner Frau telefonieren muss? Ich glaube, der Profifußball ist auf einem ganz schwierigen Grad, auf einer Abzweigung, die Basis zu verlieren. Ohne Basis, ohne Breitensport - hat der Leistungssport keine Berechtigung. Die Kinder brauchen Vorbilder oben, aber die müssen auch mal runterschauen.”
Was Schwabl außerdem irritiert: “Wenn ich die Geheimtrainings in der Dritten Liga sehe…Ich weiß ja nicht, warum irgendwer ein Geheimtraining macht? Wahrscheinlich, weil sie froh sind, dass nicht jeder sieht, was sie für einen Scheißdreck spielen…Das verstehe ich nicht. Das muss ich ganz klar sagen. Da fahren die Leute von Niederbayern her - und dann haben die Planen und Geheimtraining. Das ist das Allerschlimmste. Das finde ich auch in der Ersten Liga unmöglich. Was willst du geheim trainieren?” Der TSV 1860 praktiziert die geheimen Einheiten seit den Zweitliga-Zeiten - sportlich bringt das relativ wenig. Siehe Platzierungen in den letzten Jahren…
Eine konträre Meinung zu Hitzlsperger (“Es ist super, dass 50+1 so hart verteidigt wird - wir sind trotzdem konkurrenzfähig”) hat Schwabl: “Das mit 50+1 sehe ich komplett anders, weil die Fans immer sagen, wir wollen die Mehrheit. Aber am Monatsende schaut keiner, wo das Pulver herkommt. Die Fans interessiert nur, gegen wen spielen wir nächste Woche. Sie interessiert überhaupt nicht, wo das Geld herkommt. Ich würde 50+1 so krachend scheitern lassen, weil man jeden Verein dies frei wählen lassen muss…”