VON OLIVER GRISS UND ULI WAGNER (FOTO)

Ober-Löwe Mayrhofer sitzt heute im Stadion am Millerntor auf der Ehrentribüne - wird er zum Glücksbringer? - Letzter Sieg in St. Pauli liegt fast 12 Jahre zurück

Heute geht’s los: Der Löwe startet in St. Pauli in seine zehnte Zweitliga-Saison am Stück (20.30 Uhr, dieblaue24-Liveticker) - und will gleich mal klarmachen, worum es dem Verein geht: Um die Rückkehr in die Bundesliga. Als moralischer Unterstützer sitzt der neue Ober-Löwe Gerhard Mayrhofer auf der Tribüne. Der letzte Auswärtssieg in St. Pauli datiert übrigens vom 3. November 2001 - damals gewann 1860 3:0 auf dem Kiez, die Torschützen: Cerny, Häßler - und ein Eigentor von Cory Gibbs.  ”Wir haben jetzt keine Ausreden mehr”, sagt Benny Lauth. Die dieblaue24-Analyse vor dem Anpfiff:

Tor: Den Löwen-Kasten hütet Gabor Kiraly (37) nun schon die fünfte Saison in Folge - und tatsächlich hat der TSV 1860 dort die geringsten Probleme.  Der Beweis: 13mal hielt der ungarische Rekord-Torwart seinen Kasten in der vergangenen Saison sauber - eine Topquote. Wenn Kiraly nur ansatzweise wieder die Form des Vorjahres erreicht, dann wäre das - vorausgesetzt vorne fallen Tore - schon ein Riesenpfund im Aufstiegskampf. Wehe aber, Kiraly würde sich verletzten: Seine Stellvertreter Vitus Eicher (23) und Michael Netolitzy (20) haben noch keine Zweitligareife.

Die Verteidigung: Hier sticht Gui Vallori (31) heraus - vor anderthalb Jahren noch Noteinkauf, jetzt Löwen-Kapitän. Hat großes Herzblut, muss aber aufpassen, dass er mit seinen neuen Aufgaben nicht “überhitzt”. Neben ihm verteidigt Kai Bülow, der beim Test in Deggendorf   irrtümlicherweise als “Kult-Löwe” vorgestellt worden ist. Was aber Fakt ist: Bülow (27) ist einer der Konstantesten in Reihen der Löwen: Nicht auffällig, aber zuverlässig. Als Rechtsverteidiger hat Moritz Volz einen Sprung im Vergleich zur alten Saison gemacht - und das hat er vor allem seiner Diät zu verdanken. Er wirkt austrainiert wie noch nie. Ein klarer Vorteil für 1860. Auf links hat sich Talent Sebastian Hertner aufgedrängt. Doch für ihn wird’s auf St. Pauli aufgrund eines Faserrisses im Oberschenkel noch nicht reichen  - deswegen verteidigt Christopher Schindler, der seine Stärken im Zweikampf hat.

Das Mittelfeld: Die große Problemzone des TSV 1860 - Alexander Schmidt will sich nicht von seinem System, dem mit zwei Sechsern (Dominik Stahl/Yannick Stark) verabschieden. Damit ist 1860 sehr eingeschränkt und nicht variabel genug, vor allem, wenn Moritz Stoppelkamp (rechts) einen schlechteren Tag erwischt. Klar aber auch: Wenn Stoppelkamp gut aufgelegt ist, dann könnte das ein Sieggarant für 1860 sein. Der Ex-Hannoveraner war mit Abstand der auffälligste 1860-Profi der Vorbereitung. Auf der linken Seiten hat Daniel Adlung (kam aus Cottbus) die Nase vorn - doch der ehemalige U21-Nationalspieler muss sich steigern, um sich gegenüber Marin Tomasov zu behaupten. In der Hinterhand hat Schmidt fürs Mittelfeld derzeit nur noch Talente wie Stefan Wannenwetsch (traf zweimal per Freistoß in der Vorbereitung) und Andy Geipl. Wann Daniel Bierofka wieder zurückkehrt, ist derzeit völlig unklar.

Der Sturm: Während sich Alex Schmidt über die große Variabilität im Löwen-Angriff erfreut, glauben wir, dass 1860 in Sturm weiter der Schuh drückt. Zumal der Trainer mit der Degradierung von Benny Lauth (Kapitänsbinde weg, raus aus dem Mannschaftsrat) eine Baustelle aufgemacht hat, die nicht förderlich für das Klima an der Grünwalder Straße ist. Rekord-Torschütze Lauth dürfte heute dennoch in St. Pauli beginnen (und das war eigentlich nicht vorgesehen)  - sein Sturmpartner wird wohl wieder Rob Friend heißen. Mit den Hufen scharrt Bobby Wood, der US-Boy hat einen sehr aufgeweckten Eindruck in der Vorbereitung gemacht - vor allem beim 5:1-Test gegen den FC Zürich mit einem Doppelpack. Stephan Hain, der hochgelobte Neuzugang aus Augsburg, ist derzeit nur Stürmer Nummer 4. In der Vorsaison traf 1860 nur 39mal ins Schwarze - wird die Quote in dieser Saison nicht ausgebaut, reicht’s wieder nicht für ganz oben.

Der Trainer: Alexander Schmidt (44) durfte in den letzten Monaten viel verändern bei 1860 - doch kaum ein Löwen-Trainer stand zum Start schon so unter Druck wie der Augsburger. Es ist kein Zufall, dass der Wettanbieter Tipico Schmidt hinter Peter Pacult (Dresden) auf Platz zwei der Rauswurfliste gesetzt hat.  Während Schmidt in der Außendarstellung durchaus noch Luft nach oben hat, spricht seine Unbekümmertheit und Leidenschaft für ihn. Dennoch: Kommt das Unternehmen Aufstieg bei 1860 früh in Gefahr, könnte es für Schmidt ungemütlich werden.

Das Umfeld:  Angespannt, auch wenn sich der Boulevard wie jedes Jahr sich von der “Aufstiegs-Euphorie” anstecken lässt und zunächst positive Schlagzeilen produziert. Doch der Präsident hat schon angekündigt, was passiert, wenn die Ergebnisse fehlen. “Ich bin nicht der Typ, der sich lange Misserfolg anschaut”, drohte Gerhard Mayrhofer gleich zum Einstand: “Wenn es in den ersten Spielen so ausschaut, dass es nicht funktioniert, werden wir nicht zehn Spieltage abwarten, bis wir reagieren.”

Das Saisonziel: Aufstieg, Aufstieg, Aufstieg. “Wir geben uns nicht mit Platz vier zufrieden”, sagt Alex Schmidt. Und offenbar sieht auch die Konkurrenz 1860 vorne: In einer Umfrage rechnen neun Zweitliga-Trainer damit, dass die Löwen um die ersten drei Plätze mitspielen. Und sogar beim Wettanbieter Tipico steht 1860 auf Platz drei der Aufstiegsliste.

Unser Tipp: Läuft alles perfekt, dann könnte 1860 an Platz drei kratzen - läuft’s wie immer, dann wird der Löwe am Ende zwischen Platz  5 und 8 landen.

Was trauen Sie 1860 in dieser Saison zu? Diskutieren Sie mit!