Das große Ismaik-Interview: "1860? Ein Verein im Verein"
- VON OLIVER GRISS UND BERND FEIL (MIS-Foto)
- 28.06.2017 09:04
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VON OLIVER GRISS UND BERND FEIL (MIS-FOTO)
Lange hat Hasan Ismaik (39) geschwiegen. Gegenüber dieblaue24 nimmt der Löwen-Investor jetzt im großen exklusiven Interview Stellung, wie er denkt - und wie er die Zukunft des TSV 1860 sieht.
dieblaue24: Herr Ismaik, der TSV 1860 durchlebt derzeit ganz schwere Zeiten. Warum hat man seit Wochen nichts mehr von Ihnen gehört?
HASAN ISMAIK: Wir hatten mit Geschäftsführer Markus Fauser eigentlich die klare Absprache getroffen, dass wir uns alle für 1860 zurücknehmen. Dies habe ich getan. Aber Robert Reisinger und Markus Drees haben sich nicht an diese Abmachung gehalten, Drees hat u.a. in einem Interview gesagt, dass die Beleidigung mit diesem Lied gegen mich Satire sei. Ich sehe das ganz anders: Wie soll ich zu diesen Menschen Vertrauen aufbauen, die mich ständig diskreditieren und schlecht machen? Dem Verwaltungsrat scheint das Lied auch gut gefallen zu haben, sonst hätten sie sich davon klar distanziert. Ich würde es nie zulassen, dass ein Geschäftspartner oder Freund des Hauses derart verunglimpft wird. Ich wollte bei 1860 einfach nur Vertrauen und Respekt spüren, aber ab dem Tag der finanziellen Rettung wurde ich bekämpft.
Warum haben Sie am sogenannten “schwarzen Freitag” nicht die 11 Millionen Euro für die Drittliga-Lizenz bezahlt?
Es wird mir ja unterstellt, dass ich die Regionalliga von langer Hand geplant und auch kein Geld mehr zur Verfügung hätte. Das ist eine freche Lüge! Ich verrate Ihnen mal was: Am Donnerstagabend, dem Tag vor dem 2. Juni, habe ich mit Vitor Pereira telefoniert. Es gab meinerseits die Überlegung, mit ihm auch in der Dritten Liga weiterzumachen. Pereira wird ihnen das bestätigen. Pereira wollte diesen Betriebsunfall reparieren, weil er sich schämt für diesen Abstieg. Mein Wunschkandidat war aber immer Daniel Bierofka. Ich will nur daran erinnern: Unsere Seite hat vor anderthalb Jahren für Bierofka gekämpft, als verschiedene Leute im Verein lieber Torsten Fröhling als U21-Trainer gesehen hätten. Glauben Sie ernsthaft, mein Plan war, den Verein zu versenken und in der Regionalliga neu anzufangen? Ich bin nicht schizophren. Ich hatte an diesem traurigen Freitag bis zuletzt versucht, über einen Sponsorenvertrag das Geld zu bezahlen. Die Leute im e.V. sind aber an ihren Stühlen geklebt, weil sie sich im Grünwalder Stadion bald feiern lassen wollen. Das ist ihr Motiv.
Über den TSV 1860 soll jetzt mehr denn je die Insolvenz schweben…
Ich habe immer bekräftigt, dass wir eine Insolvenz vermeiden wollen. Am Sonntag hat uns Fauser geschrieben, dass wir unsere Kredite zweitrangig einstufen sollen. Er hat uns dafür nur eine eintägige Frist gegeben. Aber am Sonntag war Feiertag in Abu Dhabi. Alles ruht. Seine Forderung: Entweder machen wir das so - oder wir gehen in die Insolvenz bzw. holen andere Geldgeber. Der Verein strebt eine Insolvenz an, um mich loszubekommen. Damit will man die Fans für sich gewinnen - aber solange ich bei 1860 bin, wird es keine Insolvenz geben. Manche Personen sind sich nicht bewusst, was es heißt, einen deutschen Traditionsklub wie den TSV 1860 auf diese Weise sterben zu lassen. Der Verein darf nie in die Hände eines Insolvenzverwalters geraten - ich werde mich mit aller Macht dagegen stemmen. Es ist übrigens ein Irrglaube, dass Fauser erst seit einigen Wochen bei 1860 arbeitet.
Fausers Agentur unterschrieb im Januar 2016 einen Beratervertrag mit 1860
Wie bitte?
Ja, die Agentur anchor, bei dem Markus Fauser Geschäftsführer ist, hat mit 1860 im Januar 2016 ohne meines Wissens einen Beratungsvertrag unterschrieben. Aber nicht um sich steuerlich vertreten zu lassen, sondern für insolvenzrechtliche Beratung. Vielleicht können Sie meinen Frust jetzt nachvollziehen. Ich bin nicht gegen Fauser als Menschen und Fachmann, sondern ganz einfach gegen einen Insolvenzexperten. Ich wollte einen Geschäftsführer, der auch Fußball versteht. Die Insolvenz würde das Ende von 1860 bedeuten.
Würden Sie weitere Investoren bei 1860 überhaupt begrüßen?
Ja, ausdrücklich: Wenn es den Interessen von 1860 dient, dann fände ich das großartig.
Interims-Präsident Robert Reisinger meinte vor kurzem, er wolle Ihnen die Hand reichen.
Das hört sich alles wunderbar an. In Wirklichkeit hat sich seit dem Zwangsabstieg nur Markus Fauser bei mir gemeldet. Ich habe ihm gesagt, dass ich auch ein kurzfristiges Treffen begrüße, aber ich aus geschäftlichen Gründen nicht nach München kommen könnte, er aber jederzeit in Abu Dhabi willkommen ist.
Wo liegen die Probleme?
Nach außen wird bei 1860 heile Welt gelebt, im inneren Zirkel geht es aber anders zu. Es ist seit Jahren ein Hauen und Stechen. 1860 ist ein Verein im Verein. Nach außen macht man auf arrogant - nach dem Motto: Jetzt zeigen wir’s dem Araber aber - aber hinter verschlossenen Türen soll ich 5,4 Millionen Euro bezahlen. Das ist die Wahrheit.