VON OLIVER GRISS

Fans fragen, der Präsident antwortet: Dieter Schneider nimmt sich exklusiv auf dieblaue24 Zeit für die Löwen-Anhänger

Vielleicht wär’s ganz gut gewesen für die Löwen, wenn sie noch ein paar Tage im ruhigen Belek geblieben wären, denn: In München herrscht ein offener Machtkampf zwischen Präsident Dieter Schneider und der Investoren-Seite. Laut “tz” wollen Ismaik & Co. den Ober-Löwen zum Rücktritt bewegen. Noch als Schneider in der Türkei war, beantwortete der 64-jährige Unternehmer die Fragen der Fans, aber nicht alle. Lesen Sie hier einen Auszug:
JULIAN: “Herr Schneider, wie geht’s Ihrer Gesundheit?”
SCHNEIDER: Danke, sehr gut: Da haben die paar Tage im Trainingslager auch sehr gut mitgeholfen, ein paar Tage auszuspannen. Ich schiebe die anstehende Operation vor mir her, aber irgendwann muss es gemacht werden.”
MATTHIAS TISCHENDORF: Warum haben wir einen Liquiditätsnachweis von 2,3 Millionen Euro erbringen müssen, obwohl Geschäftsführer Schäfer angeblich eher konservativ niedrig geplant hat?
SCHNEIDER: “Diese Frage ist an die Geschäftsführer zu richten - ich kann dazu nichts sagen: Wir haben im Verein eine klare Kompetenzregelung, für das Tagesgeschäft ist der Geschäftsführer zuständig.”
TISCHENDORF: Warum ist das strukturelle Defizit immer noch da?
SCHNEIDER: Die Frage ist so nicht zu beantworten, das ist zu allgemein. Die Budgets waren so, dass für diese Saison noch Verluste eingeplant waren und das danach in Schritten gegen Null geht.”
TISCHENDORF: Warum stellt man das Konsolidierungspaket nicht einfach mal den Fans vor - und zwar so, dass auch ein Laie durchblickt?
SCHNEIDER: Das hat nichts mit Transparenz zu tun. Man müsste einen Vortrag halten von zwei Stunden - das können wir nicht machen, das macht auch keine Firma. Wir können grundsätzliche Fragen beantworten, ja. Aber wir können nicht im Detail ein komplettes Budget mit allen Vernetzungen und Verquickungen vorstellen. Aber die Fans können die Bilanz des TSV 1860 im Internet nachlesen - über den Bundesanzeiger. Wir machen keine Geheimniskrämerei, wir haben per Gesetz Offenlegungspflicht.”
TOM RAUTER: Gibt es überhaupt ein Zukunftskonzept des Vereins - und ich meine keines, wo nur drin steht: Konsolidierung, Aufstieg, Augenhöhe FC Barcelona…
SCHNEIDER (schmunzelt): Lassen wir Barcelona mal ganz weit in der Zukunft. Aber natürlich haben wir das schon gezeigt. Konsolidierung ist wichtig, aber Konsolidierung ist statisch, ganz klar. Man wird schon in der Winterpause sehen, dass wir uns punktuell die ersten kleineren Maßnahmen treffen, nur: Man darf bitte nicht ungeduldig werden. Ich verstehe das auch, aber man darf nicht vergessen, dass wir letztes Jahr gerade noch dem Galgen entgangen sind. Jetzt ein halbes Jahr später will man das alles nicht mehr wissen. Das ist ein Denkfehler. Wir wollen sehen, wie weit die Mannschaft ohne Existenzdruck kommt…
RAUTER: Gibt es also keine Visionen?
SCHNEIDER: Visionen sind Visionen. Man macht sich lächerlich, wenn man die Visionen öffentlich macht und als Fußballverein sagt: “Wir planen die Löwen 2018!” Jeder hat im Kopf, wo es hingehen soll.
RAUTER: Kommt noch die lang geplante Turnhalle am 1860-Trainingsgelände?
SCHNEIDER: Diese Multifunktionshalle ist sicherlich nicht aus den Köpfen der Verantwortungsträger von 1860 - und wenn es in den nächsten Jahren irgendeine Möglichkeit gibt, die Pläne wieder aus der Schublade zu holen, dann wäre das für alle Mitglieder toll.
RAUTER: Eine letzte Frage: Böse Zungen behaupten, es wären mehr als 18,4 Millionen Euro beim Verkauf der Anteile drin gewesen. Was sagen Sie dazu?
SCHNEIDER: Das ist interessant: Man kann immer sagen, wenn die Dreckarbeit getan ist, es wäre mehr drin gewesen. Mir ist durchaus bewusst, dass in ein paar Jahren irgendwelche Leute über die Verträge schauen und die Hände über den Kopf zusammenschlagen. Aus der Situation waren die 18,4 Millionen das, was zu diesem Zeitpunkt möglich war. Man muss auch die Alternativen sehen - und die waren nicht sehr vielschichtig. Wir hatten nicht irgendein Angebot einer Bank.
METZGERSCHORSCH: Ab wann kann man sich ernsthaft mit der Suche/dem Bau eines eigenen Stadions beschäftigen?
SCHNEIDER: Jeder Vereinspräsident darf von einer eigenen Heimat träumen - derzeit haben wir laufende Verträge - und an die haben wir uns zu halten. Es ist sinnlos über irgendwelche Alternativen zu träumen, wir haben einen Vertrag mit der Allianz Arena bis 2025.
STEFAN: Wird der Etat der U23 wirklich gekürzt?
SCHNEIDER: Das werden wir sehen im Rahmen des Budgets, aber klar ist: Wir müssen in allen Bereichen sparen.
STEFAN: Wieviele Millionen wird Ismaik im Sommer in die Mannschaft stecken?
SCHNEIDER: Ich kann nur eines sagen: Ismaik ist nicht der Typ Investor, der sagt: Was wollt ihr? Zehn Millionen - oder doch lieber 20 Millionen? Und das ist auch gut so: Das ganze Konstrukt soll immer auf soliden Beinen stehen. Ismaik ist durchaus ein Mann, der aufs Geld schaut.

SILINHO: Gibt es eine Möglichkeit, Kevin Volland aus Hoffenheim zurückzuholen?
SCHNEIDER: Das würde ich ausschließen. Ich gehe davon aus, dass Kevin, der als Typ wie auch als Spieler ein Super-Kerl ist, sich in Hoffenheim relativ gut durchsetzen wird - und dann bewegt er sich in einer Kategorie, über die wir im Moment wohl nicht nachdenken müssen. Mir blutet das Herz, dass Kevin 1860 verlässt. Aber dieser Transfer war zur damaligen Zeit leider notwendig.
MARKUS WENZEL: Warum sind wir gefühlt der einzige Verein in Deutschland, der ohne eigene Identität leben muss?
SCHNEIDER: Das ist eine subjektive Meinung, Herr Wenzel, die kann ich nicht teilen.  Wir haben eine Identität: Ich bin sehr viel bei den Fanklubs draußen. Wir haben eine lange Kultur, damit identifizieren sich die Fans. Sechzig steht für einen direkteren, familiären Kontakt zu den Fans - und Sechzig steht auch für Kampf, Tradion - und menschlichen Umgang. Wir stehen für viele Werte. Wir haben 40.000 bis 50.000 organisierte Anhänger in den Fanklubs - dann kann das nicht so ganz verkehrt sein, was wir da machen.
WENZEL: Kümmern Sie sich eigentlich auch um die anderen Abteilungen im TSV 1860?
SCHNEIDER: Ich bin leider kein Übermensch, und gebe zu: Ich war das letzte Jahr fast ausschließlich auf die Profi-Abteilung fokusiert. Mehr als 18 bis 20 Stunden kann ich leider nicht arbeiten, auch ich nicht. Aber wir haben ein gut funktionierendes Präsidium, so dass Leute wie Hauner und Maget in den anderen Abteilungen mithelfen. Und das läuft ganz gut.
RAINER CHRISTIAN: Wann hat die permante Streitkultur bei 1860 endlich ein Ende?
SCHNEIDER: Wir arbeiten daran, uns ist bewusst, dass wir da eine klare Linie bekommen müssen. Streitkultur ja, wenn ich das letzte Jahr Revue passieren lasse: Einerseits wird von mir verlangt, dass ich als Vereins-Präsident die eigene Identität des Klubs verteidige, andererseits wird dann gesagt: “Ihr Streithansel, hört endlich mal auf euch zu bekriegen.” Ich kann die Fans verstehen, nur es gibt Zeiten, da muss man das durchstehen. Ich denke, dass wir einen sehr guten Schritt vorangekommen sind.
HELMUT EBNER: Können Sie mir Plan B von Robert Schäfer in Sachen Halfar erklären? Daniel sollte nach Rußland verkauft werden, hätte der Deal mit dem Investor nicht funktioniert…
SCHNEIDER: Da müssen Sie Herrn Schäfer fragen - ich kann dazu nichts sagen. Der Herr Schäfer hat das der Zeitung mitgeteilt, nicht ich.
CHRISTIAN BUCHL: Haben Sie Ihr Darlehen aus dem Oktober 2010 schon wieder  zurückbekommen?
SCHNEIDER: Ich habe 1860 mal ausgeholfen - und das Darlehen, ja, das habe ich zurückbekommen.
HENDRIK HUBER: Bei wem liegen die Markenrechte von 1860?
SCHNEIDER: Die Vermarktungsrechte liegen bei der Fanartikel GmbH - aber das Logo und Namensnennung in Form von TSV 1860 München dürfen vom Gesamtverein und allen Abteilungen selbstverständlich genutzt werden.
HENDRIK HUBER: Was ist, wenn Ismaik im Sommer wieder einsprungen muss: Welche Sicherheiten kann man ihm noch geben?
SCHNEIDER:  Das ist genau die Systematik, die wir jetzt entwickelt haben: Wir haben das auf Darlehen mit Rangrücktritt gemacht, was nicht zu einer bilanziellen Überschuldung der KGaA führen kann.
HENDRIK HUBER: Wie lange bleibt 1860 noch ein Ausbildungsverein?
SCHNEIDER: Zunächst einmal ist von der DFL ein gewisser Standard vorgeschrieben, den man einhalten muss. Darüber hinaus ist das ein Kosten/Nutzeneffekt, der bei der Budgetierung zu berücksichtigen ist. 1860 steht für seine ausgezeichnete Jugendarbeit, deswegen sollte man sich gut überlegen, ob man hier Einschnitte macht, die uns davon wegbringen.Wir wollen auf jeden Fall eine durchgehende Kette haben. Aber ich will nicht ausschließen und da will ich der Geschäftsleitung nicht vorgreifen, dass im ein oder anderen Bereich Kosten eingespart werden.

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