VON OLIVER GRISS

In seinem früheren Leben war Helmut Kirmaier Porno-Darsteller, das verschweigt er nicht. Ebenso nicht, dass der 61-Jährige zahlreiche interne 1860-Dokumente unter dem Passwort “Fette Beute” auf einem Schweizer Filehoster im Internet gesammelt hat, um die Löwen-Familie aufzuklären. Das db24-Interview:

dieblaue24: Herr Kirmaier, direkt gefragt: Mit wie vielen Stimmen rechnen Sie bei der Verwaltungsratswahl?

HELMUT KIRMAIER: Darüber habe ich mir bis heute echt noch keine Gedanken gemacht. Ich hoffe aber, dass ich eine Stimme mehr als von Bennigsen bekomme.

So richtig ernst scheinen Sie Ihre Kandidatur nicht zu nehmen. Sie haben ein Jugendfoto Ihrer Bewerbung beigelegt und angegeben, dass Sie früher in Pornos mitgespielt haben. Was ist die Message?

Das war klar, dass Sie diese Frage stellen werden. Ups, aber gleich zu Beginn? Die Message ist meine Offenheit, die ich seit Jahren im e.V. vermisse. Stellen Sie sich mal folgende Situation vor: Ich werde gewählt und irgendwer sieht mich in einem Pornofilm. Was würde dann geschehen? Der/die würde das wohl anonym an die Presse oder den Verein geben. Und wenn so etwas erstmalig über die Presse bekannt wird, wäre das wohl nicht so gut für den Verein. Obwohl, wenn interessiert das heutzutage noch? Dass ich das Bild wählte, hat einen simplen Grund, nämlich, dass ich fast keine Bilder von mir habe, Ich lehne diese gestellten Bilder, Selfies ab. Das mag jetzt paradox klingen, ist aber so. Herr Griss, ich habe nicht einmal ein internetfähiges Mobiltelefon.

Die einen brandmarken Sie als “Nestbeschmutzer”, die anderen sagen: “Mit dem Kirmaier legt einer endlich den Finger in die Wunde - das wurde auch Zeit…”

Würde 1860 sauber arbeiten, hätte der Verein kein Problem mit mir. Ich dachte immer, dass mit Mayrhofer der Höhepunkt der Scharlatanerie erreicht war. Ich konnte mir nicht vorstellen, dass es noch schlimmer geht. Man beugt weiter die Satzung, als ob es die überhaupt nicht gäbe. Das können Sie auf meinem Schweizer Server unter “Der Wahlausschuss und 4711” nachlesen.

Sie haben auf einen Schweizer Server brisante E-Mails bzw. Verträge aus dem Innenleben des TSV 1860 hochgespielt, u.a. schreibt Präsident Robert Reisinger, dass er über “politischen Beistand” gegen Hasan Ismaik nachdenke. Warum machen Sie solche pikanten Infos öffentlich?

Ich möchte diese Leute zur Offenheit zwingen. Denn wenn jetzt schon irrwitzige und illegale Abstimmungen zu geschäftlichen Belangen des e.V. bei der MV zugelassen werden, dann stellt sich mir die Frage, wieso wir denn überhaupt noch ein Präsidium wählen? Dann könnten ja gleich die Revolutionsgarden von Pro1860 übernehmen. Gegenfrage: Wurden die Delegierten 2011 befragt, ob man Herrn Ismaik mit aufs faulende Treibholz namens 1860 mitnimmt? Die Antwortet lautet Nein! Fragen Sie mal diesen Bennigsen, wer das damals entschieden hatte. Nach Abwendung der Insolvenz lachte man Ismaik im internen Kreis aus. Nicht zu Unrecht titulierte Hasan Ismaik diese sogenannten “Ehrenmänner” als Bande. Und ich hoffe, dass das letzte Bandenmitglied im Juli Geschichte ist.

Wie war Ihre damalige Meinung zum Einstieg von Hasan Isamik?

Ich hatte das sogar mal gegenüber Herrn Hasan oder Yahya Ismaik angesprochen, dass, wenn wir Mitglieder damals befragt worden wären, ich für eine geregelte Insolvenz gestimmt hätte.

Wer spielt Ihnen solche geheimen Dokumente eigentlich zu?

Selbst wenn ich das wüsste, würde ich es Ihnen nicht sagen. Bisher habe ich anonyme Post bekommen.

Welches Dokument schockiert Sie am meisten?

Was sollte mich in diesem Verein noch schockieren? Fasziniert hatte mich einzig die Zusammenfassung des Hoppen-Gutachtens. Faszinieren werden mich auch die Gesamtkosten für das Gutachten. Bin mal gespannt, was da der Schatzmeister für Zahlen dazu aufruft und ob er die vorher zum Friseur brachte.

Was passt Ihnen bei 1860 nicht? Nennen Sie bitte Beispiele!

Solange habe ich nun wirklich nicht Zeit… Sehen Sie sich die bisherigen Belege an. Deutet da irgendwas auf eine vertrauensvolle Zusammenarbeit mit dem Mann hin, der 60 seinerzeit vor der Insolvenz bewahrt hat. Trotz aller Widrigkeiten, Fehlinformationen und in Teilen persönlichen Fehlentscheidungen steht Ismaik weiter hinter seinen Löwen. Der Kurs des e.V. richtet sich jedoch gegen ihn, siehe Hoppen Antrag 2.0. Da fällt mir nichts mehr ein.

Sie hatten einige Anträge für die Mitgliederversammlung gestellt. Um welche handelt es sich - und warum wurden Sie abgelehnt?

Ich beantragte, dass sämtliche Mitgliederversammlungen - mit gebotener Rücksicht auf alle aus der Ferne An- und Abreisenden - zukünftig nur noch am Samstag abgehalten werden. Ich beantragte, dass eine MV – ab Eröffnung - nicht länger als acht Stunden dauern darf. Während dieser Dauer sollen sämtliche Wahlen durchgeführt und über alle Satzungsänderungsanträge abgestimmt werden. Beide Anträge wurden abgewiesen, weil es sich angeblich um eine Satzungsänderung handle. Eben das war es nicht, sonst hätte ich diese als Satzungsänderungsantrag fristgerecht eingereicht. Aber da stellt der WA seine eigenen Regularien auf. Ich beantragte Auskunft über die Gesamtkosten (Rechtsanwalts- und Gutachterkosten), die für den Antrag von Frau Ulla Hoppen auf der MV 2017 („Kündigung des Kooperationsvertrages“) aufgewendet wurden. Diesen Antrag musste der WA zulassen, da hier Mitgliedsgelder quasi mit Vorsatz “verbrannt” wurden. Ich stellte den Antrag, dass das Gutachten - welches wegen des Antrags der Frau Hoppen auf der MV 2017 („Kündigung des Kooperationsvertrages“) in Auftrag gegeben wurde – noch in 2018 im Vereinsmagazin ‚Die SECHZGER‘, oder auf der Homepage des Vereins veröffentlicht wird. Die Antwort des Wahlausschusses zu dem letztgenannten Antrag: Das Gutachten wäre nicht für die Öffentlichkeit geeignet und kann auf Voranmeldung auf der Geschäftsstelle eingesehen werden. Diese Ablehnung ist eine Unverschämtheit und zeugt von der Wertschätzung des Wahlausschusses für die Mitglieder. Nämlich NULL Wertschätzung. Da denkt man nicht daran, dass sich auch Auswärtige für dieses Gutachten interessieren könnten und nicht mal so auf die Schnelle zur Geschäftsstelle fahren können. Bei diesem Wahlausschuss mit der Vorsitzenden Dilba verwundert mich überhaupt nichts mehr. Siehe folgende Anträge, die ebenso abgelehnt wurden: Ich stellte den Antrag auf Vereinsausschluss des Mitglieds Guido Kambli mit der Begründung, dass Herr Kambli in seiner Funktion als Rechtsanwalt ohne Vorstandsbeschluss in der „Causa Kirmaier“ tätig war, obwohl dies rechtlich nicht zulässig ist und er damit den Verein finanziell schädigte.

Der neue Antrag von Ulla Hoppen & Co., der wie ein weiterer Nadelstich gegen Hasan Ismaik wirkt, wurde freilich wieder “durchgewunken” - überrascht?

Als ich das hörte, musste ich gleich mehrmals nachfragen, weil ich zuerst an eine Verarschung dachte. Leider war es keine… Ganz egal, wie die Wahlen ausgehen, warte ich auf den Fall von 50+1. Dann können sich diese Antragsteller vom Acker machen.

Welche Erfahrungen haben Sie beispielsweise mit dem Wahlausschuss, der für Sie zuständig war, gemacht?

Dass der Wahlausschuss, namentlich Frau Dilba und Herr Poschet, versuchte mich zum Trottel zu machen, brachte mich auf die Idee mit dem Server. Jetzt wird so mancher Schuss nach hinten losgehen. Insofern war es sehr fruchtbar.

Wissen Sie eigentlich, was Ihre Klagen dem Verein gekostet haben - und können Sie uns mal verraten, was der Antrieb ist, seinen eigenen Klub zu verklagen?

Sie stellen mir die falsche Frage. Die Frage muss heißen: Was haben die selbstverursachten Satzungsbrüche den Verein gekostet, die ja von allen Vereinsgremien mitgetragen wurden? Ich hörte von einer Gesamtsumme um die 160.000 Euro, wobei der Großteil an Rechtsanwalt Kambli ging. Genaueres werden wir bei der MV erfahren, da ja auch diese Kosten erfragt werden. Den Antrieb hatte ich schon unter “So schauts aus” auf den Server hochgeladen. Hatte das gerade nochmals durchgelesen und dabei muss ich einen Fehler korrigieren. Das Gutachten kostete nicht, wie vermutet 10.000 Euro, sondern wie ich letzte Woche aus einer zuverlässigen Quelle erfuhr satte 18.000 Euro. Auslöser war das unverschämte Verhalten des Josef Monatzeder gegen Hasan Ismaik und die Schmutzeleien beim AG München und die Satzungsverstöße etc. Niemand hat jemals ein Gespräch mit mir gesucht. Ein Bennigsen, ein Schmidt, ein Bergmeier und wie sie alle heißen, verweigern bis dato noch ihre Entschuldigungen! Ich würde sie von diesen “Ehrenmännern” auch nicht mehr annehmen.

Der Verein ist nach dem Zwangsabstieg zurück ins Grünwalder Stadion: Fluch oder Segen?

Da geht es doch schon wieder los, dass bis heute keine Zahlen veröffentlicht wurden, was einen Auszug aus der Allianz Arena rechtfertigen würde. Die hält man wohl nicht umsonst zurück. Wenn ich dazu Zahlen hätte, würde ich mich dazu auch äußern.

Wie bewerten Sie den Kurs von Präsident Robert Reisinger? Wie groß ist sein Anteil an der Wiederbelebung des TSV 1860?

Wir alle kennen das berühmte Zitat vom ehemaligen Geschäftsführer Ziffzer, was ich hier nicht bemühen möchte, weil es bei diesem Präsidenten nicht zutrifft. Wenn dieser Fisch drei Köpfe hätte, dann denke ich schon daran. Bei uns fault der Fisch von innen. Ich bin jetzt kein Fischkenner, aber einen ganz ohne Gräten? Bei 1860 sehr wohl. Klarzustellen wäre, dass ich persönlich nichts gegen Robert Reisinger habe, aber wir stehen halt auf unterschiedlichen Seiten.

Sie sind seit 50 Jahren Fan des TSV 1860: Welche Zeit haben Sie am meisten genossen?

Bis Mayrhofer kam, war jedes Jahrzehnt toll! Ich war stolz darauf, ein Löwe zu sein. Auch wenn es mal nicht so lustig war. Ich habe heute noch den Button mit der Aufschrift “Wir kommen wieder”. Hoffe, dass das “Wir” mal wieder Realität wird.

Wer ist aktuell Ihr größter Hoffnungsträger im Verein - und weshalb?

In sportlicher Hinsicht, und dazu kann es keine zwei Meinungen geben, natürlich Biero und sein geiles Team. In wirtschaftlicher Hinsicht das Team Profifußball um Winkler, Hirschberger & Co, denen ich alles Gute wünsche, damit es mit dem Verein schnellstens wieder aufwärts geht. Wie es wirtschaftlich wieder aufwärts gehen kann wissen erfolgreiche Geschäftsleute wie Hirschberger oder Ruhdorfer. Wenn die Wirtschaft - nicht das Löwenstüberl, sorry Frau Estermann - merkt, dass hier Fachleute im Hintergrund tätig sind, bin ich davon überzeugt, dass sich dann wieder mehr Gönner und Sponsoren für die Löwen engagieren.

Wie sehen Sie Hasan Ismaiks Wirken bei 1860?

Herr Ismaik wirkt derzeit nicht und das ist auch vollkommen in Ordnung. Ich würde ihm als Verwaltungsrat jederzeit die Hand reichen. Hasan ist ein ruhender Löwe und ich vergönne ihm die kurze Erholungsphase. Er ist einer von uns! Das belegt alleine die aktuelle Unterstützung durch ihn, die 60 einen hoffnungsvollen Start in der dritten Liga ermöglicht.