VON OLIVER GRISS UND BERND FEIL (MIS)

Die Bilanz dieses turbulenten Samstagnachmittags: Zwei Tore, drei Elfmeter, eine rote Karte, sieben Festnahmen und eine gebrochene Nase eines Beamten. Es war alles geboten im und rund um das Grünwalder Stadion. Die Gäste aus Halle sahen sich nach der 1:1-Punkteteilung gezwungen, auf die Vorwürfe aus München zu reagieren. Die Presseerklärung des Ost-Klubs im Wortlaut:

Etwa 2000 Fans des Halleschen FC unterstützten ihre Mannschaft am Sonnabend beim Auswärtsspiel in München und sorgten für tolle Stimmung an der Grünwalder Straße. Der HFC bedankt sich für die Rückendeckung und das weitgehend vernünftige Verhalten, widerspricht medialen Darstellungen und entschuldigt sich für einzelne Entgleisungen. Bereits weit vor dem Anpfiff trafen sich Abgesandte beider Vereine vom HFC-Präsidenten über Sponsoren und Fans mit TSV-Vertretern zur zünftigen Einstimmung auf das erste Duell beider Teams seit 22 Jahren, dabei wurden auch Präsente in freundschaftlicher Atmosphäre ausgetauscht.

Naturgemäß ging es rund um das Stadion dann nicht ganz so herzlich zu, als die eintreffenden HFC-Fans nur durch die Straße von der 1860-Fankneipe getrennt eintrafen. Verbale Scharmützel waren unüberhörbar, die Polizei hatte die Situation jedoch gut im Griff. Innerhalb des Stadions gab es im Gästeblock keine erkennbaren Vorfälle abgesehen von geworfenen Plastikbechern in den Innenraum, lediglich auf der Haupttribüne benahmen sich einige wenige daneben und wurden aus dem Zuschauerbereich zurecht abgeführt.

Die teils martialische Berichterstattung Münchener Medien spiegelte keineswegs das Bild wieder, das die Fans des Halleschen FC am Sonnabend in der Bayerischen Landeshauptstadt abgaben. „Löwen-Gäste wüten in Giesing“ war dort zu lesen, „erschreckendes Verhalten“ wurde angeprangert und von „Eskalation“ schon beim Eintreffen des Sonderzuges gesprochen. „Die Geschichte der Ost-Clubs im deutschen Fußball und ihre Problemfans“ lautete der Einstieg im Artikel mit dem nachfolgenden Zitat eines nicht namentlich genannten Beamten, wonach die HFC-Anhänger „ganz schwierige Leute“ seien. „Rangeleien und Pöbeleien“ nahmen in den Online-Berichten einen breiten Raum ein, zudem sei ein Polizist durch einen Faustschlag schwer verletzt worden.

„Bei der Auswertung des Spiels und seiner Begleiterscheinungen haben uns Bundes- und Landespolizei am Tag danach bestätigt, dass ein Beamter einen Nasenbeinbruch erlitten hat. Dafür entschuldigen wir uns als Club ausdrücklich, distanzieren uns von Gewalt in jeglicher Form und wünschen dem Kollegen schnelle Genesung. Richtig ist, dass mehrere Fans offenbar in ihrer Euphorie des Hinrundenhöhepunkts den Alkoholgenuss bei der Anreise übertrieben haben und sich Leute auf der Haupttribüne daneben benahmen. Im Stehplatzblock wurden nach unserer Kenntnis drei HFC-Fans des Areals verwiesen. Das ist bedauerlich, angesichts der Vielzahl an Mitreisenden waren dies aber tatsächlich nur ärgerliche Ausnahmen. Gegen den geäußerten Generalverdacht und die Pauschalverurteilung wehren wir uns und können konstatieren, dass sich die übergroße Mehrheit unserer Fans sehr besonnen verhalten hat“, resümiert Bernd Paul, Sicherheitsbeauftragter des Halleschen FC.

Zur Beruhigung der Gemüter trug auch die Leistung des Schiedsrichters nicht bei. „Der Referee hat von Beginn an Emotionen auf beiden Seiten ins Spiel gebracht“, konstatierte 1860-Trainer Daniel Bierofka. Dieses Gefühl abwechselnder Benachteiligung in beiden Fanlagern übertrug sich spürbar auf die Zuschauerränge.
Der HFC bedankt sich bei den Organisatoren des Fankurvenexpress für ihr Engagement, bei den Planern des einheitlichen Auftritts in roten Jacken für ihre Kreativität und bei allen mitreisenden Anhängern für die Bereitschaft, das Auswärtsspiel in München zu einem stimmungsvollen Erlebnis im Gästeblock ohne jeglichen Pyroeinsatz zu machen. Für Entgleisungen vor allem verbaler Art entschuldigt sich der Verein bei den Betroffenen und bittet darum, Verfehlungen Einzelner nicht zu verallgemeinern.