VON OLIVER GRISS UND BERND FEIL (MIS)

Michael Scharold ist nun genau ein Jahr Geschäftsführer des TSV 1860. Mit der 50+1-Regel wurde er gegen den Willen von Investor Hasan Ismaik (“Scharold ist zu schwach für uns”) eingesetzt. Freilich, es gibt leichtere Aufgaben in den ersten drei deutschen Profiligen als Scharolds Job. Seine Bilanz? “Ich bin zufrieden”, sagte Scharold gestern gegenüber dieblaue24, “man darf nicht alles negativ sehen, sondern muss das Positive suchen.” Das Positive ist: In Scharolds Amtszeit sind die Löwen in den Profifußball zurückgekehrt - was aber in erster Linie der Verdienst von Daniel Bierofka, Günther Gorenzel und der willigen Mannschaft um Standardkönig Phillipp Steinhart ist.

Es gibt aber auch viele Fragezeichen an der Grünwalder Straße: Zum einen gibt es immer noch keinen Lösungsweg, wie der Profifußball inklusive seines NLZ ohne Fremdgelder überleben kann, zum anderen hat es auch Scharold nicht geschafft, die beiden Gesellschafter zum Wohle von 1860 an den Tisch zu bewegen. Außerdem wurden in den letzten Monaten potente Sponsoren wie Hacker-Pschorr oder MAN durch unbedachte Aktionen der e.V.-Seite gegen das Schienbein getreten: Das Präsidium Reisinger lud beispielsweise zu einer Pressekonferenz in den Giesinger Bräu - oder der Jugendfußball fährt seit kurzem mit einem Iveco-Neunsitzer herum, obwohl MAN (gehört zum VW-Konzern) Premiumpartner ist. Auch die fehlende finanzielle Transparenz ist weiterhin ein großer Kritikpunkt an seiner Arbeit - eigentlich ist Scharold, der immer noch auf der Suche nach dem Profil ist, nie zu greifen. Doch bald muss er die Zahlen bzw. das neue Budget auf den Tisch legen - sicher ist schon: Es wird im Löwen-Umfeld große Augen geben. Das Budget könnte um mehr als zwei Millionen Euro gesenkt werden. Große sportliche Sprünge sind dann nicht mehr zu erwarten. Auch deswegen würde ein Wintertransfer von Adriano Grimaldi zum KFC Uerdingen für finanzielle Entlastung sorgen.

Am heutigen Freitag stellt sich Scharold bei der Winterversammlung der Region 6 im Strandkurhaus in Waging am See (ab 19.30 Uhr) - möglicherweise bekommen die Fans dort einen kleinen Einblick in die Zukunft des TSV 1860. Und wer weiß: Vielleicht schaut auch Kult-Trainer Werner Lorant auf einen Sprung vorbei und erklärt Scharold, wie der Verein erfolgreich funktionieren kann…