VON OLIVER GRISS UND ULI WAGNER (FOTO)

Wenn sich heute um 16 Uhr in der 1860-Geschäftsstelle an der Grünwalder Straße 114 der Aufsichtsrat trifft, dann dürfte erst einmal eine Entschuldigung fällig sein: Verwaltungsratsboss Sebastian Seeböck, der vom e.V. neu geschickte Kontrolleur, hat zu Zweitliga-Zeiten demonstrativ auf der Ehrentribüne der Allianz Arena ein Plakat in die Höhe gehoben, das den Kopf von Mehrheitsgesellschafter Hasan Ismaik mit dem Untertitel “Not welcome” zeigte. Kein einfacher Start für Seeböck, in einem Gremium, in dem Seriösität eigentlich oberste Prämisse sein sollte…

Ebenfalls neu in diesem Rat ist Andrew Livingston: Der Ismaik-Anwalt besetzt die freigewordene Stelle von Peter Cassalette. Der Ex-Präsident hatte freiwillig seinen Posten geräumt. Livingston gilt als die rechte Hand des Jordaniers, er ist in die Abläufe der KGaA seit Jahren involviert. Komplettiert wird der Aufsichtsrat von Karl-Christian Bay, Thomas Heigl (Die Bayerische), Saki Stimoniaris (Ismaik-Sprecher) und Yahya Ismaik (Aufsichtsratschef). Geladen sind auch die beiden Geschäftsführer Michael Scharold und Günther Gorenzel. Präsident Reisinger soll bei diesem wichtigen Treffen NICHT anwesend sein.

Worum geht es heute am Tag der Entscheidung? Die Sitzung ist richtungsweisend, schließlich wird das Budget für die Löwen-Zukunft letztmalig besprochen. Scharold hat vier Modelle vorgeschlagen: Weil Präsident Robert Reisinger aber bereits vor einigen Wochen ausgeschlossen hat, selbst Genussscheine zu akzeptieren, wird es beim TSV 1860 auf einen beinharten Konsolidierungskurs (die Lizenz-Unterlagen müssen bis zum 1. März beim DFB abgegeben werden) hinauslaufen.

Was das in Zahlen konkret heißt? Der Mannschaft würden in der Dritten Liga nur rund drei Millionen Euro zur Verfügung stehen - große Sprünge erlaubt dieser Etat Daniel Bierofka nicht. Gorenzel hat bereits angekündigt, dass er zur neuen Saison einen Weg mit einigen Leihspielern plant. Zur großen Identifikation dieser Spieler mit dem Klub dient dieser Kurs freilich nicht.

Man kann eigentlich fest davon ausgehen, dass Ismaik 1860 nach seiner Millionen-Spritze im Sommer 2018 (zwei Millionen für zwei Jahre) kein weiteres Geld “schenkt”. Obendrein dürfte ausgeschlossen sein, dass die U21 und U19 in den e.V. übergehen. Reisinger hatte zuletzt angeboten, die beiden Mannschaften zu übernehmen. Für die Ismaik-Seite dürfte dieses “Angebot” allerdings nicht mehr als ein neuerlicher Affront sein.

Eine Frage dürfte die Ismaik-Seite auch in der Dritten Liga stark beschäftigen: Wo fließen die Gelder an der Grünwalder Straße genau hin? Zwischen 3,5 und 4 Millionen Euro sollen angeblich von Vermarkter Infront als Garantiesumme kommen (enthalten sind hier die 500.000 Euro Jahresgage des Hauptsponsors), die Zuschauer-Erlöse für alle 20 Heimspiele im Grünwalder Stadion (inklusive Pokalspiel gegen Kiel) liegen geschätzt bei rund 2 bis 2,5 Millionen Euro. Hinzu kommen noch 800.000 Euro aus dem TV-Topf. Einnahmen in dieser Höhe, die nicht viele Drittligisten vorweisen können - und doch drückt den Löwen der Schuh. “Wir sind ein krankes Unternehmen”, sagte Scharold Anfang Januar gegenüber der “SZ”. Seine Aufgabe ist es jetzt, den TSV 1860 profitabel zu machen.