VON OLIVER GRISS UND ULI WAGNER (FOTO)

Nein, mit TV-Interviews hat es Robert Reisinger nicht so. Deswegen kommuniziert der 1860-Boss am liebsten über die Vereinsseite tsv1860.org. Am Montagnachmittag setzte das Präsidium wieder eine Stellungnahme mit dem Titel “Restrukturierung der Profifußball-Tochter” ab. dieblaue24 bewertet die vier wichtigsten Reisinger-Aussagen, die teilweise entlarvend sind:

Aussage 1: “Nicht das Präsidium schränkt die Profifußball-Gesellschaft in ihrem Spielraum ein, sondern das Haushaltsergebnis vergangener Jahre ist dafür verantwortlich. Es bestehen erhebliche Altlasten, die nicht abgeschüttelt werden können. Mit anderen Worten: Der TSV 1860 München bezahlt heute die Rechnung für sein Handeln in der Vergangenheit.” Die db24-Bemerkung: Robert Reisinger saß vor seiner Zeit als Präsident im Verwaltungsrat des TSV 1860, war in alle finanziellen Vorgänge involviert - Heinz Schmidt und Hans Sitzberger waren bereits unter Peter Cassalette Vize-Präsidenten.

Aussage 2: “Die gerne als verordneter Konsolidierungskurs beschriebene Verpflichtung zur Haushaltsdisziplin ist keine neue Erfindung des Präsidiums, die plötzlich und unerwartet im vergangenen Winter auf die Tagesordnung der TSV München von 1860 GmbH & Co. KGaA gekommen wäre. Alle Vorgaben ergeben sich zwingend aus der Fortführungsprognose für die Profifußball-Gesellschaft…Als wir als Gesellschaftervertreter im Spätherbst vergangenen Jahres erkennen mussten, dass zum einen die Auszahlung des von unserem Mitgesellschafter nach dem Gewinn der Meisterschaft zugesagten zusätzlichen Budgets sich ziehen würde und zum anderen aufgrund des hohen Erwartungsdrucks offenbar erneut die Haushaltsdisziplin der Gesellschaft verletzt wurde, haben wir Anfang Dezember der Geschäftsführung die Weisung erteilt, Planungen für den Profifußball in Zukunft nur noch mit nachgewiesenen und tatsächlich eingegangenen Mitteln zu führen.” Die db24-Bemerkung: Reisinger nahm nach dem Drittliga-Aufstieg zwei Millionen Euro von Mehrheitsgesellschafter Hasan Ismaik in Form von Genussscheinen an - mit der Begründung Anfang Januar im “Wochenanzeiger”: “Was sollte ich tun? Praktisch sind die Genussscheine erst relevant, wenn das Unternehmen Gewinn macht. Hätte ich in der damaligen Situation auch das kategorisch abgelehnt, wäre das Präsidium politisch tot gewesen. Bierofka galt den Medien beinahe als Heiliger und hat offen mit seinem Abschied kokettiert, wenn die Mittel nicht angenommen worden wären.” Wollte sich Reisinger also nur selbst retten?

Die MV des TSV 1860 steigt am 30. Juni: Werden Sie das Präsidium Reisinger wieder wählen?

Umfrage endete am 03.06.2019 16:00 Uhr
Klar und deutlich: Nein!
46% (3224)
Ich bin leider kein Mitglied!
28% (2016)
Ja, Reisinger & Co. machen einen unaufgeregten Job! Das gefällt mir!
14% (1014)
Nein! Ich wollte eigentlich nicht zur MV, aber jetzt gehe ich hin!
12% (830)

Teilnehmer: 7084

Aussage 3: “Die unterschiedlichen Auffassungen zwischen der sportlichen Leitung und dem Präsidium ergeben sich aus einem verschiedenen Betrachtungshorizont. Das Präsidium kann nicht – wie ein Trainer – immer nur die nächste Saison im Blick haben, sondern muss perspektivisch auf Jahre hinaus die Entwicklungsmöglichkeiten der Profifußball-Gesellschaft im Auge behalten. Manches, was kurzfristig wie eine praktische Lösung wirken mag, verbaut langfristig bessere Optionen.” Die db24-Bemerkung: Präsident Reisinger hat in seiner Rolle als Aufsichtsrat (bis 31. Januar 2019) alle Spielertransfers genehmigt. Somit ist er auch dafür verantwortlich, dass das Drei-Millionen-Euro Budget schon erschöpft ist und der TSV 1860 handlungsunfähig auf dem Transfermarkt ist. Übrigens: Weder Günther Gorenzel noch Daniel Bierofka haben Spielerverträge unterschrieben, sondern ausschließlich 50+1-Geschäftsführer Michael Scharold. Von der sportlichen Kommandobrücke kamen nur die Empfehlungen.

Aussage 4: “Jeder im Präsidium und im Verein will zurück in die Zweite Liga – das steht außer Frage. Nur können wir dieses Vorhaben nicht unter Missachtung wirtschaftlicher Vernunft angehen. Eine weitere Verschuldung der Profifußball-Gesellschaft kommt aus Sicht des Vereins nicht in Frage. Entweder können die erforderlichen Mittel aus Sponsoring, TV-Geldern, Transfers, Ticketing oder Gesellschaftermittel erlöst werden oder sie sind eben nicht vorhanden. Wir können und dürfen nicht mehr kreditfinanziert ins Risiko gehen. Die prekäre wirtschaftliche Situation des Unternehmens lässt uns keine andere Wahl.” Die db24-Bemerkung: Unter den aktuellen Voraussetzungen kann der TSV 1860 in der Dritten Liga, die von allen Seiten als “Pleiteliga” gesehen wird, nicht gesunden. Zum Vergleich: Während den Löwen aktuell 1,2 Millionen Euro aus dem TV-Topf zustehen, würde es im Aufstiegsfall zwischen acht und neun Millionen Euro geben. Außerdem ist die Heimspielstätte, das Grünwalder Stadion, nicht zweitliga-tauglich. Die Machbarkeitsstudie wird daran vermutlich nichts ändern.