VON OLIVER GRISS

Ja, Robert Reisinger hat’s wieder getan und 50+1 gezogen, um Mehrheitsgesellschafter Hasan Ismaik zu zeigen, dass er der Mächtigere in einem schwierigen Konstrukt beim TSV 1860 ist. Keiner zieht schneller 50+1. Was das für Konsequenzen, auch für ihn selbst hat, das wird Reisinger womöglich noch gar nicht abschätzen können. Der umstrittene Präsident hat die Geschäftsführung angewiesen, Vermögenswerte der KGaA, und das sind nunmal die Namensrechte am Nachwuchsleistungszentrum, zu veräußern. Ein gefährliches Spiel. Es droht ein jahrelanger Prozess, in der Juristen unterschiedliche Ansichten vorbringen…

Warum ist es überhaupt zu diesem Schritt gekommen? Weil der durch von Reisinger durch 50+1 eingesetzte Geschäftsführer Michael Scharold zugestehen musste, dass er sich bei der Sponsorenkalkulation gnadenlos vertan hat und der ursprüngliche Zwei-Jahres-Plan wieder für die Katz war (mit den zwei Millionen-Darlehen von Hasan Ismaik). Schon im Dezember 2017 hatte Reisinger zur Überraschung aller den Konsolidierungskurs eingeläutet. Die “TZ” will damals erfahren haben, dass hinterher intern von einem “strategischen Fehler” gesprochen worden ist. Zwei Jahre hatte Ismaik mehr oder weniger geschwiegen. Dass es in ihm kocht, ist menschlich.

Ist 50+1-Präsident Robert Reisinger noch der richtige Ober-Löwe?

Umfrage endete am 02.07.2019 13:00 Uhr
Nein!
73% (7788)
Ja!
23% (2406)
Ich enthalte mich der Stimme.
5% (493)

Teilnehmer: 10687

Jeder erfolgreiche Geschäftsmann dieser Welt würde sich - mit Verlaub - “veräppelt” vorkommen, wenn mit seinem Geld so planlos hantiert werden würde. Das Ismaik-Geld war für zwei Spielzeiten vorgesehen, aber 1860 hat aufgrund seiner jahrelangen Misswirtschaft 1,5 Millionen Euro davon innerhalb von sechs Monaten verprasst. Die restlichen 500.000 Euro wurden für die Lizenzsicherung benötigt, genauso wie das Zwei-Millionen-Darlehen der Bayerischen zur Verzinsung von 3,5 Prozent (ja, auch dadurch verschlechtert sich die Eigenkapitalquote beim DFB - nicht nur bei Ismaik-Darlehen).

Es zeigt: Obwohl Reisinger einen anderen Kurs fahren wollte (das sagte er zumindest bei seinem Einstieg im Sommer 2017), macht er es seinen Vorgängern exakt nach. Auch er braucht fremdes Geld, damit 1860 überleben kann (“Wir geben nicht mehr aus, als wir einnehmen). Jetzt springt der e.V.-nahe Hauptsponsor “Die Bayerische” ein - und darf sich als Retter feiern lassen: Freilich, die Versicherung erhöht ihr Sponsoringpaket, aber nur ein kleiner Teil wird bei der Mannschaft ankommen. Es ist sozusagen ein Tropfen auf den heißen Stein. Die Mannschaft kann nur unwesentlich verstärkt werden.

Es zeigt, mit welch heißer Nadel der Profifußball beim TSV 1860 in Wirklichkeit gestrickt ist. Doch eine Lösung für den Erhalt der Dritten Liga sieht anders aus. Um nicht von der Bildfläche zu verschwinden, braucht 1860 Investitionen und Führungsstärke - und vor allem endlich einen Plan, der nicht nach wenigen Monaten zum Leidwesen der treuen Fans wieder über den Haufen geworfen wird. Von der Zweiten Liga, worüber Verein und Hauptsponsor unisono immer wieder sprechen, ist 1860 Lichtjahre entfernt. Einmal noch hat sich Daniel Bierofka aus Liebe zu den Löwen bekannt - doch was passiert, wenn sich die Situation über die neue Saison hinaus nicht verbessert? Das kann sich jeder Löwe selbst ausmalen. 2020 soll der Profi-Etat von drei Millionen auf 2,5 Millionen Euro noch einmal gesenkt werden.