VON OLIVER GRISS UND BERND FEIL (FOTO)

“Münchner Heimatbühne e.V.” war auf einem Schild auf der Bühne in der Gaststätte “Zunfthaus” zu lesen - und es wurde tatsächlich mal wieder ein denkwürdiger, humoristischer Abend beim TSV 1860. Es rumort bei den Löwen und deswegen waren dieses Mal mehr Mitglieder gekommen als üblich, möglicherweise auch um Antworten von Präsident Robert Reisinger auf das Trainer-Aus von Daniel Bierofka zu erhalten.

Als am Donnerstagabend dann immer mehr Mitglieder in den Saal drückten (es waren schon gut 200 Menschen im Raum), trat Abteilungsleiter Roman Beer ans Mikrofon und sagte: “Es geht hier nicht um den Profifußball…Der Saal ist für diese Anzahl an Personen nicht ausgelegt. Wir haben jetzt die Möglichkeit, dass einige sagen, sie gehen freiwillig, oder wir müssen die Versammlung absagen.” Über 20.000 Mitglieder hat allein die Fußballabteilung des TSV 1860 - der Saal ist aus Sicherheitsgründen aber nur für 175 Personen zugelassen.

Abgesagt wurde das Treffen dann nicht, weil zunächst einige Aktivisten (u.a. Ulla Hoppen) den Saal verließen. Auch das Präsidium Reisinger und der Verwaltungsrat gingen kurze Zeit später, um Platz zu schaffen. Am Ende waren nur noch 158 Menschen im Raum. Um 19.31 Uhr begann die Versammlung.

Der nächste Akt von Münchens größter Fußball-Tragödie konnte beginnen. Augenzeuge dieses “Spektakels” waren auch zwei Reporter der “Süddeutschen Zeitung” - womöglich angelockt durch den Programmpunkt “Änderung der Abteilungsordnung”. Im Vorfeld hatte Beer keinerlei Informationen dazu preisgegeben, was bei 20.000 Mitgliedern in der Fußballabteilung einmal mehr ein “Geschmäckle” hat - so nach dem Motto: Wir basteln uns den TSV 1860 nach unserem Gusto. Mit einer gelebten Demokratie hat das einmal mehr wenig zu tun.

Warum sind Sie nicht zur Mitgliederversammlung der Fußballer gegangen?

Umfrage endete am 30.11.2019 07:00 Uhr
Ich bin mit der Politik des e.V. nicht einverstanden.
38% (705)
Ich spiele mit dem Gedanken, meine Mitgliedschaft zu kündigen oder habe im Zuge der Bierofka-Trennung gekündigt.
34% (630)
Der Termin war ein Witz.
13% (242)
Sorry, aber zu dieser Zeit arbeite ich noch.
12% (228)
Ich habe die Einladung im Vereinsheft/in der Sammel-Email übersehen.
3% (64)

Teilnehmer: 1869

Einer, der mit dem Beer-Kurs wenig anfangen kann, war ein älterer Mann mit Bart mit dem Namen “Einsiedler”. Er kritisierte, dass die geplanten Änderungen vorher nicht einsehbar gewesen sind und bat deshalb um eine Verschiebung der Abstimmung. Aber weil im Saal kaum Löwen aus der Opposition anzutreffen waren (selbst Regimekritiker Franz Hell scheint aufgegeben zu haben), wurde Einsiedlers Antrag abgelehnt. Die Mitglieder wurden von Beer mit Änderungen überrumpelt, ohne womöglich zu wissen, was hier gerade geschieht.

Es wurde auch ein Passus ersatzlos gestrichen, der Sprengstoff verbirgt: “Zur Fußballabteilung gehören nicht die Lizenz-Fußballmannschaft, die (…) II. Mannschaft sowie die (…) U19, da diese durch Ausgliederung auf die (…) KGaA übergegangen sind.” Die “SZ” schreibt: “Was diese Passage im Falle einer Insolvenz der KGaA bedeutet, ist unklar - das verknüpfende Wörtchen lautet ja “da” und nicht etwa “solange”. Sie zu streichen, schadet sicherlich nicht, sollte es irgendwann zu einer Insolvenz kommen, die sich einige Gegner des Investors Hasan Ismaik gut vorstellen können. Zudem gab es ja immer mal wieder Pläne, die U21 und die U19 in den e.V. zurückzuführen - auch da wäre diese Stelle der Abteilungsordnung eher hinderlich.”