VON OLIVER GRISS UND ULI WAGNER (FOTO)

Um Saki Stimoniaris (48) war es in den letzten Monaten ruhig. Für einige sogar zu ruhig. Jetzt ist der 1860-Aufsichtsratsboss zurück. Im exklusiven db24-Interview begründet er seine Zurückhaltung der letzten Monate und spricht zudem über das Bierofka-Aus, die 50+1-Regel, den Konsolidierungskurs und eine mögliche Kapitalerhöhung bei den Löwen. Das db24-Gespräch mit dem VW-Aufsichtsrat.

dieblaue24: Herr Stimoniaris, Sie sind Aufsichtsratsvorsitzender der TSV 1860 München GmbH & Co. KG. Warum hat man in den letzten Monaten nichts von Ihnen in der Öffentlichkeit gelesen?

SAKI STIMONIARIS: Ganz einfach: Ich habe mich nach der Mitgliederversammlung im Sommer und meiner verhinderten Präsidentschaftskandidatur um die Themen des Aufsichtsrates der KGaA gekümmert und mich in der Öffentlichkeit bewusst zurückgenommen - in der Hoffnung, dass Ruhe bei den Löwen einkehrt und ausschließlich der Sport im Mittelpunkt steht. Aber das Gegenteil ist leider eingetreten. Die Bandagen, mit denen gearbeitet wird, sind 1860 nicht würdig. Anstatt einen gemeinsamen Weg zu finden, geht’s nur um das Gegeneinander. Ich habe immer gesagt und ich bleibe dabei: Nur gemeinsam wird es zum Wohle von 1860 funktionieren.”

Ihnen wurde nachgesagt, dass das Verhältnis zu Mehrheitsgesellschafter Hasan Ismaik nicht mehr so intensiv sein soll wie am Anfang.

Das ist eine Ente. Hasan und ich sind regelmässig im Austausch. Wir haben uns auch bei seinem letzten Besuch in München über mehrere Stunden getroffen und ausgetauscht. Wir haben ein respektvolles und sehr freundschaftliches Verhältnis. Ich war sogar im Sommer gemeinsam mit Daniel Bierofka bei ihm in Abu Dhabi, um über die sportliche Zukunft zu reden. Günther Gorenzel hätte auch mitfliegen sollen, sagte dann aber leider ab, weil er in den Urlaub gefahren ist.

Der Name Bierofka ist ein gutes Stichwort: Daniel ist vor einigen Tagen freiwillig als Cheftrainer des TSV 1860 zurückgetreten.

Die Verantwortlichen, die diesen Rücktritt ausgelöst haben, wissen gar nicht, welch großen Menschen und Löwen der Verein eigentlich verloren hat. Ich kann Daniel verstehen, dass er diese Entscheidung getroffen hat. Mein Dank gilt ihm und seiner Familie für die großartige Arbeit, die er für 1860 geleistet hat. Er bleibt immer ein Löwe, eine Ikone unseres Vereins.

50+1-Regel wird missbraucht

Warum haben Sie nicht auf den Tisch gehauen, um einen Bierofka-Abschied zu unterbinden?

Solange die 50+1-Regel missbraucht und nicht zum Wohle des Vereins eingesetzt wird - und das ist das eigentliche Problem - kannst du nicht viel verändern. Leider. Was bei 1860 passiert, hat seit Jahren System. Menschen, die anders ticken, sind nicht erwünscht - vor allem diejenigen, die Erfolg und Profifußball wollen. Am Ende hat nur noch ein Anti-Bierofka-Plakat gefehlt. Ich selbst bin ja auch schon Zielscheibe gewesen. Daniel wird im tiefsten Herzen immer ein Sechzger bleiben. Ich wünsche ihm einen neuen Verein, bei dem sein Engagement und seine Expertise geschätzt werden. Bierofka war für manche Herren unbequem. Er wollte Erfolg. Er wollte Profifußball. Jetzt müssen wir nach vorne schauen: Wir hoffen alle, dass Michael Köllner ein glückliches Händchen bei 1860 hat. Wir drücken ihm die Daumen.

Wer ist der beste Präsident seit Karl-Heinz Wildmoser?

Umfrage endete am 01.12.2019 13:00 Uhr
Dieter Schneider
31% (2211)
Peter Cassalette
27% (1940)
Robert Reisinger
17% (1220)
Karl Auer
7% (539)
Siegfried Schneider
7% (473)
Gerhard Mayerhofer
6% (442)
Albrecht von Linde
3% (193)
Hep Monatzeder
1% (96)
Rainer Beeck
1% (53)
Alfred Lehner
1% (45)

Teilnehmer: 7212

Wie bewerten Sie die Konsolidierung von Präsident Robert Reisinger?

(lacht): Diese Konsolidierung ist der größte Nonsens der Vereinsgeschichte, eine Witznummer. Nach außen erzählen sie, dass groß saniert wird und im Innenverhältnis wird Geld von Hasan in Form von Genussscheinen oder auch Kredite von Dritten angenommen. 1860 hat weiterhin mehr Ausgaben als Einnahmen, und das hat sich in den letzten Jahren auch nicht verändert. Tatsache ist, dass intern die Welt komplett anders aussieht als manche Verantwortliche des Konsolidierungskurses nach außen von sich geben. 1860 macht weiterhin Schulden und das nicht zu knapp. So funktioniert das nicht. Der Konsolidierungskurs und mit ihm seine Initiatoren sind ausnahmslos gescheitert.

Kapitalerhöhung? Bis heute hat sich keiner gemeldet!

Wie kommt 1860 zu frischem Geld?

Wir sind einer Kapitalerhöhung nicht abgeneigt. Hasan hat das auch schon bestätigt. Wir würden uns weitere Geldgeber wünschen, die in 1860 investieren möchten. Aber klar ist auch, dass HAM die Mehrheit an 1860 nicht abgibt. Die Verantwortlichen des e.V. wurden vor mehreren Monaten schriftlich benachrichtigt mit dem Inhalt, dass ich die Verhandlungen für HAM führen werde. Meine Handynummer ist allen Entscheidungsträgern im Verein bekannt. Bis heute hat sich aber keiner gemeldet…

Wie sehen Sie die Stadionfrage ums Grünwalder?

Dass die Stadt das Stadion auf eigene Kosten umbauen will, ist lobenswert. Aber nur 3000 Plätze mehr? Auch durch diese minimale Aufstockung wird 1860 nicht in die schwarzen Zahlen kommen - so ehrlich sollte man sein. Ich finde es wirklich äußerst positiv, dass uns OB Dieter Reiter helfen will, jedoch sage ich in aller Deutlichkeit: Wir wollen das Stadion - wenn es kein Grundstück gibt - von der Stadt pachten und nach unseren Vorstellungen umbauen. Wir wollen das Grünwalder Stadion mit keiner anderen Mannschaft teilen. 1860 ist so ein großer Verein, der endlich eine eigene Heimat braucht. Außerdem müssen wir an unsere treuen Fans denken. Wir haben auf jeden Fall ein Fanpotential von 25.000 bis 30.000 Zuschauern. 1860 ist kein Stadtteilverein, sondern eine Münchner Marke, die weit über die Grenzen Bayerns hinaus immer noch sehr populär ist. Wir wollen Erfolg. Wir wollen Profifußball. Wir gehören in die Bundesliga - nur wir müssen endlich beginnen, in eine Richtung zu denken.