Reisinger wehrt sich: "Bierofka? Durch das Präsidium wurde und wird kein Mitarbeiter gemobbt oder diskreditiert"
- VON OLIVER GRISS UND BERND FEIL (Foto)
- 25.11.2019 19:03
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VON OLIVER GRISS UND BERND FEIL (FOTO)
Es kommt nicht so oft vor, dass sich die Onlineausgabe des “Spiegel” mit dem abgestürzten TSV 1860 München beschäftigt. Doch das fragwürdige Aus von Ex-Trainer Daniel Bierofka hat dann den freien Journalisten Florian Kinast doch motiviert, fernab der Trainer-Premiere von Michael Köllner beim 1:1 gegen den FC Bayern II eine Geschichte darüber aufzuschreiben - der Titel: “Die tiefen Gräben von Giesing”.
Weil Bierofka, die beliebte Klub-Ikone selbst (noch) nicht spricht, hat sich der erfahrene Reporter in Bierofkas Umfeld umgehört. “Die haben dem Daniel das Messer in den Rücken gerammt”, sagen Bierofkas Vertraute. Ausschlaggebend für den Rücktritt seien laut “Spiegel” zwei Punkte gewesen. Zunächst eine Mitteilung des Präsidiums, in der die Klubspitze im September unter der Überschrift “Häufig gestellte Fragen zum Profifußball” unter Punkt 15 schrieb: “Was ist, wenn Daniel Bierofka keine Lust mehr auf das Traineramt hat?” In der Antwort stand unter anderem: “Der TSV 1860 hat vor Daniel Bierofka existiert und er wird es nach ihm tun.” Zudem war zu lesen, Bierofka habe einen “für die Verhältnisse in der 3. Liga gut dotierten Vertrag.”
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Das Fass endgültig zum Überlaufen habe dann der “Kicker”-Artikel, in dem Bierofka anonym taktische Fehler vorgeworfen wurden, gebracht. Ein Bierofka-Insider sagte zu “Spiegel online”: “Zu 1000 Prozent kam der Maulwurf nicht aus der Mannschaft. Das kam gezielt von ganz oben. Das hat ihm den Rest gegeben.” Mobbing bei Sechzig?
Klubboss Robert Reisinger wehrt sich vehement gegenüber dem Magazin - und zwar in schriftlicher Form: “Durch das Präsidium wurde und wird kein Mitarbeiter gemobbt oder diskreditiert. Der Begriff tauchte nach dem Rücktritt Bierofkas erstmalig in einem Blog auf, das als inoffizielles Sprachrohr unseres Mitgesellschafters dient.” Auch Ex-Stürmer Bernhard Winkler wurde bei 1860 vor zwei Jahren stillos abserviert. Seitdem spielt der erfolgreichste noch lebende Bundesliga-Angreifer der Löwen nicht mehr für die Traditionsmannschaft.
Nach db24-Informationen soll sich Vize-Präsident Hans Sitzberger kurz nach der Veröffentlichung der fragwürdigen Presseerklärung der Klubführung aus dem September bei Bierofka unter vier Augen entschuldigt haben. Weil dem Münchner Unternehmer nicht wohl in seiner Haut war - oder er vielleicht gar nichts von diesem Punkt 15 wusste? Es zeigt zumindest, dass Sitzberger anders als seine Kollegen tickt und ein gutes Herz hat.
Dass Ismaik derzeit eine PR-Offensive fährt und dabei kein Blatt vor dem Mund nimmt (“Reisinger hat einen Verfolgungswahn”), gefällt dem Ober-Löwen freilich nicht. Gegenüber dem “Spiegel” erklärt er: “Wenn der Vorwurf von jemandem erhoben wird, der über verschiedene Kanäle vulgäre Verschwörungstheorien verbreitet, entbehrt das nicht einer gewissen Komik.”
Möglicherweise ist aber auch alles nur eine Sache des Betrachters, schließlich hatte Reisinger vor kurzem auch bei “Blickpunkt Sport” behauptet, dass es bei 1860 keine zwei Lager gebe: “Das ist ein konstruierter Fall mit den zwei Lagern.” Als Präsident wird Reisinger es wissen.