VON OLIVER GRISS UND ULI WAGNER (FOTO)

Dominik Stahl ist ein echter Haudegen im Münchner Fußball. Bevor er zur SpVgg Unterhaching wechselte, spielte er für den TSV 1860. Von 2004 bis 2016. Dabei erlebte er - wenn man überhaupt davon sprechen darf - noch die besseren Zeiten an der Grünwalder Straße 114. Er absolvierte 131 Pflichtspiele für den TSV und erzielte dabei zehn Tore. Wir haben den 31-jährigen Haching-Oldie vor dem Derby gegen die Löwen (heute, 14 Uhr, dieblaue24-Liveticker) zum Interview getroffen.

db24: Der TSV 1860 fühlt sich nach zuletzt sieben Punkten aus drei Spielen in guter Verfassung. Haching hat zuletzt beim 0:3 in Magdeburg geschwächelt. Herr Stahl, kommt dieses Derby gegen die Löwen zum ungünstigsten Zeitpunkt?

DOMINIK STAHL: Nein, eigentlich nicht. Spielplan ist Spielplan. Das Spiel kommt zum richtigen Zeitpunkt - für uns ist das eine Riesenchance, über die 30 Punkte-Marke zu kommen. Das ist unser Ziel, das wir in einem geilen Heimspiel gegen einen starken Gegner vor einer Superkulisse erreichen wollen. So kommt uns 1860 gerade recht (lacht).

Wer gewinnt das Derby: Haching oder Sechzig?

Umfrage endete am 15.12.2019 08:00 Uhr
Sechzig
65% (829)
Es gibt keinen Sieger!
23% (292)
Haching
12% (151)

Teilnehmer: 1272

Trotzdem wollen wir festhalten: Aus den letzten acht Spielen hat Haching nur einen Sieg feiern können. Nennt sich das Krise?

Nein, natürlich nicht. Es kommt immer mal vor, dass man Schwankungen hat, vor allem in dieser schwierigen Dritten Liga. Die Leistungsdichte ist eigentlich ziemlich gleich. Es können Spiele bei gleicher Leistung mal auf die linke oder rechte Seite ausschlagen. Ich denke, dass wir immer noch eine gute Punkteausbeute haben. Für uns geht es jetzt darum, dass wir auf dem Platz Lösungsmöglichkeiten finden, um für die Gegner wieder unberechenbarer zu werden.

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Beschreiben Sie uns die Dritte Liga genauer!

Die Dritte Liga ist anders als Regionalliga - ganz anders. Viel Kampf, aber wir versuchen auch, was für diese Liga eher unüblich, viel Fußball zu spielen. Das ist unsere Philosophie, die man - auch wenn es mal nicht so gut läuft - nicht über den Haufen werfen sollte. Das ist das, was wir wollen, was uns Spass macht. Wir wollen nicht die Bälle einfach nach vorne klopfen. Aber wir wissen natürlich auch, dass die Dritte Liga von Standards und hohen Bällen lebt. Einige Mannschaften in der Dritten Liga machen sich wenige Gedanken über eine Spieleröffnung - wir eben schon.

Wie haben Sie sich auf die Löwen eingestimmt?

Ich habe die Zusammenfassung des Derbys gegen Bayern gesehen - das war ein gutes Spiel der Löwen. Ich denke aber, dass es vom Ergebnis her einen Tick zu wenig war. Unterm Strich war das ein glücklicher Punkt für die Bayern.

1860 ist mittlerweile so etwas wie ein Angstgegner für Haching. Das letzte Duell verloren Sie im Toto-Pokal im Elfmeterschießen…

Naja, das sehe ich differenziert. Nach 90 Minuten stand´s 1:1, das Elfmeterschießen muss man extra sehen. Das Aus im Toto-Pokal hat uns natürlich geschmerzt. Natürlich wollten wir weiterkommen. Wir wissen, dass 1860 eine gute Mannschaft auf den Platz bringt. Wir haben uns immer schwer getan gegen die Löwen - und wir wissen natürlich auch, dass mehr Blaue als Hachinger im Stadion sein könnten. Aber wir werden damit umgehen können.

Sie haben mit Daniel Bierofka bei 1860 zusammengespielt: Waren Sie verwundert über seinen Rückzug?

Ehrlich? Ich bin eigentlich viel zu weit weg, um etwas darüber sagen zu können. Ich habe das wahrgenommen, ja. Ich denke, Biero hat sich diesen Schritt sehr gut überlegt. Ich kann mir nicht vorstellen, dass das eine Entscheidung wahr, die er aus dem Bauch heraus gemacht hat. Er hat viel investiert, viel Kraft gelassen und auch Erfolge gefeiert hat. Aber mehr kann ich nicht dazu sagen.

Ihr Ende bei 1860 war auch nicht gerade schön. Sie haben auf der Mailbox erfahren, dass es für Sie nicht mehr weitergeht.

Das ist lange her und für mich abgeschlossen. Ich habe weder einen Groll gegen 1860, noch gegen Oliver Kreuzer. Es ist alles ausgeräumt. Es war damals einfach deplatziert, weil ich eine lange Zeit bei diesem einen Verein gespielt und mich immer mit 1860 identifiziert habe. Es bleibt nichts hängen. Ich mag 1860 noch immer, weil es eine schöne Zeit war. Der Verein wird immer ein Teil von meinem Leben bleiben.

Was bleibt besonders in Erinnerung?

In der Jugend der DFB-Pokalsieg über Wolfsburg mit Trainer Claus Schromm - das war ein Highlight. Dann das erste Profijahr bei Ewald Lienen war aufregend. Und dann die Phase, als uns drohte, unten reinzurutschen mit den vier Siegen und vier Stahl-Toren (lacht). Das war ziemlich cool. Und dann last but not least das emotionale Highlight gegen Holstein Kiel.

Fühlen Sie sich schon als richtiger Hachinger?

Selbstverständlich. Ich bin jetzt das vierte Jahr hier. Ich hab´s bei Sechzig auch immer sehr familiär empfunden, aber die Leute in Unterhaching sind mega-freundlich. Es ist alles überschaubarer und kleiner, auch in der Medienarbeit. Die Wege sind kürzer und die Hierarchien flacher. Wir haben mit Manni Schwabl einen Präsidenten, der sehr nah an der Mannschaft ist. Er macht das gut, er hat selbst sehr viel erlebt im Fußball. Seine Nähe gefällt uns, da spürt man einfach die Wertschätzung - in Verbindung mit Claus Schromm ist das eine gute Kombination.

Der Verein lechzt danach, wieder einmal in die Zweite Liga aufzusteigen

Sie sind jetzt 31 Jahre alt. Was haben Sie noch vor als Fußball-Profi?

Ich würde gerne meine Karriere in Unterhaching beenden. Hier wird ehrliche Arbeit geliefert. Mein Vertrag läuft jetzt im Sommer aus, aber die Gespräche über meine weitere Zukunft sind schon am laufen. Es ist alles gut, ich würde auch sehr gerne hierbleiben, weil wir uns auch sehr wohl fühlen. 31 ist noch kein Alter zum Aufhören. Ich will den maximalen Erfolg in Haching erleben - der Verein lechzt danach, wieder einmal in die Zweite Liga aufzusteigen.

Haben Sie schon für die Zeit nach der Karriere gesorgt?

Ja, selbstverständlich. Ich studiere Psychologie. Ich habe meinen Bachelor gemacht, jetzt mache ich meinen Master. Ich würde das dann gerne mit Sport verbinden. Ich sehe mich nicht in der Therapie, das geht auch nicht mit dem Fernstudium, aber es gibt ganz viele Themen, die mich interessieren: Beratung, Entwicklung, Pädagogik, Kinder.

Weisen Sie die jungen Spieler in Unterhaching darauf hin, dass man auch was für die “Birne” machen sollte?

Natürlich. Es ist einfach wichtig, vorzusorgen - speziell im Fußball. Ausgesorgt haben wir alle nicht. Aber selbst als Erstligaspieler sollte man für danach eine Aufgabe, einen Plan haben, sonst kommt irgendwann das böse Erwachen. Es gibt leider viele negative Beispiele. In Unterhaching wird sehr viel wert darauf gelegt, dass die Spieler eine Ausbildung angehen. Das ist eine gute Sache, dass sich der Verein seiner Verantwortung bewusst ist.