VON OLIVER GRISS UND ULI WAGNER (FOTO)

DFB-Generalsekretär Dr. Friedrich Curtius nimmt auf dfb.de Stellung zur aktuellen Situation in der Dritten Liga und den heute erhobenen Vorwürfen, der DFB habe Druck auf Politik und Vereine ausgeübt. Darüber hinaus äußert sich Curtius zur Kritik einiger Klubs, die einen Saisonabbruch befürworten. Die Stellungnahme im Wortlaut:

Wir erleben durch die Corona-Krise eine Ausnahmesituation, die so noch keiner erlebt hat. Für die aktuellen Problematiken in der 3. Liga sorgen aktuell leider vor allem einige wenige Klubs, nicht der DFB und auch nicht die Mehrheit der Vereine. Die Mehrheit arbeitet konzentriert und engagiert an einer möglichen Saisonfortsetzung - ebenso wie die komplette Frauen-Bundesliga oder auch Viertligist 1. FC Saarbrücken im DFB-Pokal. Wieso ist dies überall dort möglich, aber ausgerechnet bei den Klubs nicht, die sich seit Wochen für einen Saisonabbruch aussprechen? Dies ist rein sachlich und faktisch nicht nachvollziehbar. Und es muss auch die Frage erlaubt sein: Kann man nicht oder will man nicht?

Mit Verwunderung haben wir die heutigen Äußerungen von Ministerpräsident Haseloff aus Sachsen-Anhalt zur Kenntnis genommen. Richtig ist, dass DFB-Präsident Fritz Keller und ich gemeinsam mit dem Ministerpräsidenten telefoniert haben. Nicht um Druck auf die Politik auszuüben, schon gar nicht um mit Zulassungsentzug und Konsequenzen für Vereine zu drohen, die sich gegen die Wiederaufnahme des Spielbetriebs aussprechen. Das weisen wir zurück, hier wird ein unzutreffendes Bild gezeichnet. Vielmehr ging es darum, die Perspektive des DFB zu hinterlegen, der allein aus statuarischen Gründen dazu verpflichtet ist, alle Möglichkeiten zu prüfen, den Spielbetrieb wiederaufzunehmen. Wir haben die Gesprächsatmosphäre als konstruktiv und lösungsorientiert empfunden. Ministerpräsident Haseloff hat uns in diesem Rahmen auch signalisiert, aktiv in einer Arbeitsgruppe zur wirtschaftlichen Stabilität der 3. Liga mitzuarbeiten.

Der Fußball ist der Politik sehr dankbar, dass im Rahmen der Lockerungen auch Wiedereinstiegsszenarien konkret in der Prüfung und Vorbereitung sind, auch über die Bundesliga hinaus. Allen Entscheidungsträgern ist die Verantwortung absolut bewusst.

Unser grundsätzliches Ansinnen im Sport muss immer sein, dass die sportlichen Entscheidungen auf dem Spielfeld fallen und nicht am grünen Tisch. Diese Haltung würde ich mir von allen Beteiligten wünschen. Gleichzeitig sollte es das Ziel eines jeden sein, wieder seinen Beruf ausüben zu können - immer in dem Rahmen, der durch die Politik und Gesundheitsbehörden vorgegeben wird. An diesen Zielen arbeiten wir als DFB, das ist unsere Verantwortung.

Was bisher in der Diskussion von den Abbruchsbefürwortern ausgeblendet wird, ist die Frage nach der Alternative. Wie soll es eigentlich in der 3. Liga weitergehen, wenn wir die Saison nicht abbrechen müssen, sondern aus freien Stücken abbrechen? Die angeführten Kritikpunkte, das Spielen ohne Zuschauer, die Umsetzung eines Hygienekonzepts - all dies gilt wahrscheinlich auch in einigen Monaten noch. Wollen diese Klubs dann bis nächstes Jahr mit der 3. Liga aussetzen? Diese Antworten bleiben alle Befürworter des Saisonabbruchs schuldig.

Die Risiken wären enorm, die Auswirkungen in vollem Ausmaß kaum abzuschätzen, angefangen von erheblichen Regress- und Schadenersatzrisiken für die Liga und ihre Vereine. Die 3. Liga wäre bei einem freiwilligen Saisonabbruch in ihrer kompletten Struktur als Profiliga gefährdet und in Frage gestellt.